Haben Sie schon mal etwas von Headline Stress Disorder – der Schlagzeilen-Stress-Störung – gehört? Etwas sperrig, im Grund aber einfach herunterzubrechen: Konsumiert man zu viele und zu dauerhaft schlechte Nachrichten, beeinträchtigt das die Psyche. Es macht hilflos.
Die US-Psychologin Michelle Gielan (45) bringt die Folgen in ihrem Buch «Broadcasting Happiness» auf den Punkt: «Eine der wichtigsten Herausforderungen unserer heutigen Welt ist der Glaube, dass Veränderung nicht möglich ist.» Die Probleme begännen, wenn wir dächten, dass alles ausser Kontrolle geraten ist. Anlass dafür gibt es in Zeiten von Krieg, Klimakrise und Krankheit ja genug.
Doch wir ziehen die Handbremse und erzählen Ihnen Geschichten, die guttun. Es sind kurze Texte, die Ihr Herz wärmen, Mut machen, positiv überraschen und zum Schmunzeln bringen sollen. Viel Freude!
Fortschritte in der Demenzforschung
Bruce Willis (68) hetzte mit dem legendären «Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke!»-Spruch auf den Lippen Gangstern hinterher. Beschützte als Psychiater einen kleinen Jungen, der tote Menschen sieht. Zersprengte im Weltall einen Asteroiden, der auf die Erde zurast. Der US-Schauspieler war während der 1990er-Jahre der Anker, an dem wir uns in schwierigen Zeiten festhalten konnten.
Nun findet dieser Mann Worte nicht mehr, reagiert manchmal kaum, wenn seine Frau und seine Töchter ihn ansprechen. Willis hat Demenz. Sein Zustand führt uns vor Augen: Jeder und jede kann es bekommen. Hierzulande sind laut Alzheimer Schweiz 153’000 Menschen erkrankt. Alle 16 Minuten trifft es jemanden. Viele Jahre lang kam die Forschung nicht voran. Positiv stimmen nun mehrere Medikamentenstudien aus den USA, die in diesem Jahr öffentlich wurden.
Eigentlich ist Metformin ein Diabetesmedikament. Doch Forschende der amerikanischen Boston University fiel eine wichtige Nebenwirkung auf, die sie im Herbst im Fachjournal «JAMA Network Open» beweisen konnten. Sie untersuchten die Krankenakten von 29’000 Patientinnen und Patienten, die ihren Altersdiabetes (Typ II) mit Metformin in Schach hielten. Rund 12’000 von ihnen setzten es wieder ab. Es zeigte sich: Diese zweite Gruppe erkrankte deutlich häufiger an Demenz. Bei ihr war das Krankheitsrisiko 21 Prozent höher als bei jenen, die bei Metformin blieben.
Gute Nachrichten gibt es auch in Bezug auf Alzheimer, eine Form von Demenz. Die US-Behörden haben die beiden Medikamente Donanemab und Lecanemab zugelassen. Jacqueline Wettstein, Kommunikationsverantwortliche bei Alzheimer Schweiz, spricht von «Hoffnung». Die Wirkstoffe heilten die Erkrankung zwar nicht und hielten sie nicht auf, doch sie verzögerten diese. Doch nur bei Menschen mit einer frühen Diagnose.
Das zeigt: Um Vorsorge kommen wir alle nicht herum. Und um einen gesunden Lebensstil. Wer einen hohen Blutdruck hat, stark übergewichtig ist, raucht, viel Alkohol trinkt und schlecht hört, trifft eine Demenz am ehesten. Ein Ansporn, gut zu sich zu schauen.
Ein Millionenpublikum lernt von Walliser Käser
Claude Luisier steht vor gefüllten Regalen im dunklen Reifungskeller, wo sein Käse lagert, spricht in die Kamera. Mit seinen 68 Jahren ein älterer Herr; man sieht einen Bergler in ihm, ein bisschen Alpöhi, ein bisschen Jean-Paul Belmondo, mit seinem Teint und dem Béret, das er in manchen Videos trägt. Claude Luisier ist Käseveredler aus Leytron VS – und Social-Media-Star.
Sein Sohn hatte die Idee, den Vater und sein Handwerk über die sozialen Medien zu promoten. Heute folgen «Luisier Affineur» auf Tiktok – besonders bei Jungen hoch im Kurs – 1,5 Millionen Menschen. Auf Instagram sind es gut 640’000. Auf Youtube über 500’000. Klar, dass das auch gut ist fürs Geschäft; Luisier hat einen Onlineshop für Käse und Zubehör, und neuerdings ist er auch Autor eines (französischsprachigen) Buchs, in dem er Käserei-Geheimnisse verrät.
Wie er zu RTS sagte, hofft er, als Influencer die Käsereifung als Tradition bewahren zu können. Das Erbe gehe im Kampf gegen Industriekäse verloren. So spricht Claude Luisier in Hunderten von Kurzfilmchen über seine Käselaibe – der älteste im Keller ist zehn Jahre alt –, zeigt Techniken (über eine Million Menschen haben sich angeschaut, wie man einen Raclettekäse schneidet) oder degustiert Käse. Für Social Media sogar zum ersten Mal in seinem Leben ein industriell gefertigtes Babybel-Käslein. Nur kurz blickte er beim Kauen mit tiefsinnigem Blick in die Kamera. Sein Fazit: Der Geschmack sei nicht unangenehm, die Textur gefalle ihm aber gar nicht. Die Aufnahme hat auf Tiktok über eine Million Likes bekommen und fast 6000 Kommentare.
Wer Claude Luisier zuschaut, bekommt nicht nur Lust auf gut gereiften, von Hand hergestellten Käse, sondern freut sich vor allem auch ab diesem Mann, der für sein Handwerk brennt und sein Wissen aus einem Schweizer Tal in die Welt hinausträgt.
Die Geburt neuer Arten
Das einzig Schillernde an dem Tier ist sein Name: Attenborough-Langschnabeligel – den hat er vom berühmten Naturfilmer David Attenborough (97). Ansonsten wirkt er eher wie ein Missgeschick der Natur. Sein Rumpf ist so stachelig wie jener eines Igels, seine Füsse krallig wie beim Maulwurf, und seine Nase macht jener des Ameisenbärs zünftig Konkurrenz.
Doch schlau ist dieses Tierchen, und Understatement ist seine Stärke. Fast 60 Jahre lang versteckte sich der nachtaktive Höhlenbewohner in der Provinz Papua in Indonesien. Er galt als verschollen – ausgestorben! Und dann das: Forschende der Oxford University stöberten ihn kürzlich wieder auf.
Die indigene Bevölkerung der Region kann nun aufatmen. Sie haben ihren Friedenstifter wieder! Gibt es innerhalb eines Stamms einen Konflikt, wird die eine Partei losgeschickt, um den Langschnabeligel im Regenwald zu finden. Die andere muss im Meer nach einem Speerfisch suchen. Bei beiden Arten ist das schwierig, die Suche kann Jahre oder sogar Generationen dauern, wie lokale Stammesälteste laut dem «Spiegel» berichteten. Finden die Streit-Parteien die Tiere, bedeutet dies das Ende des Konflikts – der Stamm kann wieder zur Ruhe kommen.
Hier könnte diese schöne Geschichte enden. Doch wollen wir Ihnen nicht vorenthalten, was das Oxford-Forschungsteam auf seiner abenteuerlichen Expedition sonst noch entdeckte: den Vogel Mayr-Honigfresser, der seit 2008 ebenfalls verschwunden war, eine neue Froschart aus der Familie der Papua-Engmaulfrösche, Dutzende Insektenarten und eine völlig neue Gattung von reiskorngrossen Garnelen, die weit weg vom Meer im Moos auf Bäumen herumkrabbeln.
Viren besiegen Bakterien
Viren gelten generell als die Bad Boys – Antibiotika nützen nichts gegen sie, und sie sind für üble Erkrankungen wie nicht harmlose Grippen, Covid, Ebola, Schweine- und Vogelgrippe und noch so manch anderes Unerfreuliches verantwortlich.
Bakterien holen aber im Bad-Boy-Ranking der Erreger, die uns krank machen, auf: Zunehmend entwickeln sie Resistenzen gegen Antibiotika, eine Tatsache, die viele Forscher schon seit Jahren als global tickende Zeitbombe im Gesundheitswesen identifizieren.
Dieses Jahr haben aber Ärzte im Spital Genf einen Durchbruch geschafft – und zwar ganz nach der Maxime: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Denn Viren befallen nicht nur Zellen von Menschen, Tieren und Pflanzen, sondern teilweise auch Bakterien.
Phagen, wie diese Viren heissen, haben aber Forschende nun erfolgreich bei der Behandlung eines 41-jährigen Mannes mit einer chronischen Lungenentzündung eingesetzt, der sieben Monate lang im Spital lag. Sämtliche Antibiotikareserven nützten nichts.
Erst eine experimentelle Therapie, bei der der Mann die Phagen gezielt inhalierte, brachte Besserung – so, dass der Patient entlassen werden konnte und sogar wieder arbeitsfähig ist. Phagen sind so einer der grossen Hoffnungsträger gegen Antibiotikaresistenzen, nicht nur bei Lungenerkrankungen, sondern auch bei diversen anderen bakteriell bedingten Entzündungen.
Auch in diesem Fall nimmt die Schweiz eine Vorreiterrolle ein: Forscher und Ärztinnen des Unispitals Zürich haben auch hartnäckige Harnwegsinfektionen erfolgreich mit Phagen behandelt.
Einziger Wermutstropfen betreffend dieser wirklich grandiosen Neuigkeit: Wie so oft hinkt aber das Recht der Forschung hinterher. Bislang sind Phagentherapien in den meisten europäischen Ländern noch nicht zugelassen. Schweizer Phagenforscher wie der ETH-Professor Martin Lössner sind aber zuversichtlich, dass sich dies sehr bald ändern könnte.
Glückliche Schafe
Statt auf einem Teller sind vier glückliche Schafe auf dem Lebenshof vom Simone Maurer gelandet: Für die Tierfreundin gehören alle Nutztiere auf ihrem Hof in Wetzikon ZH zur Familie.
Lange hätten Maja und Alea nicht mehr zu leben gehabt, wären vielleicht als Weihnachtsmenü serviert worden. Die beiden Lämmer kuscheln sich stattdessen gemütlich ins warme Stroh im Stall der Tierfreundin Simone Maurer (32). In ihrem Zuhause in Wetzikon hat sie sich einen lang gehegten Traum erfüllt: den eigenen Lebenshof Sinulay für Tiere, die in Not geraten sind. «Bei uns dürfen sie bis an ihr Lebensende ein artgerechtes und glückliches Leben führen», sagt die Graveurin und Hundesitterin.
Die braunköpfigen Schafe grasten zuvor bei einem Bauern in der Nähe, dieser hörte aber im Herbst mit deren Haltung auf. Statt zum Metzger sind sie zu Maurer gekommen, zusammen mit Gittli. Das Schaf konnte nach einem Gebärmuttervorfall nicht mehr gedeckt werden und wäre darum auch auf die Schlachtbank gekommen. Und inzwischen hat Maurer auch noch die Mutter der beiden Lämmer zu sich geholt. «Egal ob Schaf, Pferd oder Büsi. Für mich gehören alle zu meiner Familie», sagt sie.
Tiere liegen Maurer seit früher Kindheit am Herzen. Wenn immer Fleisch auf den Teller kam, wollte sie wissen, was das für ein Tier ist: «Ich konnte keinen Bissen davon essen. Obwohl das in unserer Familie ganz normal war.» Schon damals kümmerte sie sich um Hasen und ging mit den Hunden der Nachbarschaft spazieren. Sobald sie volljährig war, schaffte sie sich ihren eigenen Hund an: Nura aus Rumänien – schon immer waren es Tiere in Not, die sie bei sich aufgenommen hat.
Die vier Schafe haben sich innert weniger Wochen schon bestens eingelebt, entweder sind sie auf der Weide oder im Stall. «Sie sind inzwischen sehr zutraulich geworden und lassen sich gern streicheln.» Gemeinsam mit ihrer dreijährigen Tochter Liva verbringt Maurer täglich viele Stunden beim Ausmisten und Füttern, es bleibt aber auch Zeit zum Verweilen: «Manchmal setze ich mich einfach zu den Schafen ins Heu, das ist wie ein Bad für Körper und Seele. Da entspanne ich besser als in jedem Spa.»
Unerwartet Königin
Es gibt leichtere Themen als sexuellen Missbrauch. Und doch gehört eine solche Geschichte in diese Sammlung.
Hadley Duvall (21) wurde in einer Kleinstadt im konservativen US-amerikanischen Bundesstaat Kentucky von ihrem Stiefvater über zehn Jahre sexuell missbraucht und vergewaltigt – seit sie fünf Jahre alt war. Mit zwölf war sie schwanger und erlitt in der Frühschwangerschaft eine Fehlgeburt, was sie damals weder verstand, noch einordnen konnte. Mit 15 erzählte sie ihrer Mutter vom Missbrauch; mittlerweile sitzt der Täter für 20 Jahre hinter Gittern. Die Schwangerschaft verschwieg Duvall aber.
Als der Oberste Gerichtshof der USA im Sommer 2022 das bundesweite Recht auf Abtreibung aufhob, veröffentlichten Freundinnen und Angehörige von Duvall zustimmende Social-Media-Posts. Daraufhin griff auch Hadley Duvall in die Tasten: Ihr Facebook-Post sollte zu ihrem persönlichen Befreiungsschlag werden. Sie schrieb, dass sie damals keine Wahl habe treffen müssen, aber dass es krank sei, einem Mädchen zu sagen, es müsse das Kind ihres Vaters austragen. Hunderte Kommentare erhielt ihr Post. Mutig wurde sie genannt. Stark. Eine Inspiration.
Für Hadley Duvall ist die Abtreibungs-Frage keine politische, sondern eine persönliche. Und doch hat ihre Stimme politische Wirkung: Sie trat dieses Jahr in einem Wahlkampf-Video für den Gouverneur von Kentucky auf, der Ausnahmen zum rigorosen Abtreibungsverbot erwirken will. Duvalls Botschaft ging viral; der Demokrat schaffte im November 2023 im konservativen Staat die Wiederwahl – und dankte Hadley Duvall öffentlich für ihren aussergewöhnlichen Mut, wie Medien berichten.
Schon einen Monat zuvor war Hadley Duvall gefeiert worden. Ihre Mitstudierenden an der christlichen Midway University hatten sie zur Homecoming Queen gewählt – ein Ehrentitel, der meist an jene geht, die an der jeweiligen Schule eine Funktion innehaben oder besonders beliebt oder hübsch sind. Alle an der Schule wissen mittlerweile, dass Duvall missbraucht wurde. Wie die «Washington Post» berichtet, nahm die frischgekürte Königin rote Rosen vom College-Präsidenten entgegen und dachte dabei: «Sie hassen mich nicht.» Im Gegenteil.
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