Nun geht sie also los, die von der Unesco seit 2017 als immaterielles Kulturerbe bezeichnete Basler Fasnacht. Eine ausgezeichnete Fasnacht. Wie wenn man im Internet nach einer Restaurant-Bewertung sucht. Die «Drey scheenschte Dääg» kriegen also 5 von 5 Konfetti, pardon Räppli. Man merkt sicherlich, ein gewisser Neid ist da, dass die Basler Fasnacht von der Unesco als schützenswert bezeichnet wird, während unsere rüüdige Luzerner Fasnacht weiterhin ohne Auszeichnung dasteht.
Marco Thomann (48) moderiert zusammen mit dem Basler Philippe Gerber die Morgenshow von SRF3. Er ist seit Kind angefressener Fasnächtler und war mehr als 37 Jahre aktiv an der Luzerner Fasnacht. Thomann hat auch über 20 Jahre fürs Schweizer Fernsehen den Fasnachtsumzug aus Luzern kommentiert.
Marco Thomann (48) moderiert zusammen mit dem Basler Philippe Gerber die Morgenshow von SRF3. Er ist seit Kind angefressener Fasnächtler und war mehr als 37 Jahre aktiv an der Luzerner Fasnacht. Thomann hat auch über 20 Jahre fürs Schweizer Fernsehen den Fasnachtsumzug aus Luzern kommentiert.
Huerenaff vs. Piccolo
Was hat denn die Basler Fasnacht, was wir in Luzern nicht haben? So vieles ist doch gemeinsam: Die Basler haben ihren Waggis, wir haben Weggis. Sie haben ihre Piccolos, wir trinken Kafi Huerenaff. Auch sonst ist so vieles ähnlich: Fasnachtsgruppe heisst in Basel «Clique», oder dem Umzug sagt man «Cortège». Moment mal, ich habs. In Basel klingt einfach alles viel schöner und eleganter und edler. Nur schon das Wort Cortège. Gibt es eine schönere und liebevollere Umschreibung für einen Fasnachts-Umzug als das Wort Cortége? «Coooordeeesch» klingt einfach neidlos schöner als bei uns «Ommzooog»! Oder «Chaise», viel feiner und herrschaftlicher als bei uns «Kutsche». Oder die Bezeichnung einer Maske in Basel ist «Larve», bei uns «Grend». Auch der Ausdruck die «Drey scheenschte Dääg» klingt nach einem Literatur-Klassiker, während unsere Fasnacht als «die rüüdige Täg» eher nach Hundekrankheit klingt. «C’est le ton qui fait la Musique» – der Ton macht mit Musik. Ist es die sprachliche Nuance, die die Unesco dazu bewogen hat, die Basler auf die immaterielle Kulturerbe-Liste zu nehmen?
Oder hat die Kompaktheit der Basler Fasnacht überzeugt? Drei Tage am Stück und das Fasnachtsdääfeli am Rhein ist gelutscht. Bei uns in Luzern ist alles zerstückelt. Wir beginnen Mitte der Woche mit dem «Schmotzige Donnschtig» und enden dann die nächste Woche mit dem «Äschemittwoch». Vielleicht sind es aber auch die Schnitzelbängg die zur Auszeichnung verholfen haben. Die meistens so lustigen, bitterbösen und träfen Verse, die schweizweit für Lacher sorgen. Neidlos, vieles ist 5 von 5 Räppli in Basel. Ausser bei der Guggenmusik, da gibt es keine Diskussion, da sind die Lozärner vorne, nur schon vom Gang her. Was in Luzern gemächlich ruhig anmutet, sieht in Basel jeweils so aus, als ob eine ganze Guggenmusik auf den Zug oder das WC müsse.
Bei uns ist es wilder, schriller
Was nun schlussendlich zur Unesco-Auszeichnung geführt hat, weiss ich nicht. Und es spielt auch keine Rolle. Denn erstens können wir in Luzern sehr gut damit leben – ich glaube unsere wilde, nicht geordnete und schrille Fasnacht ist gar nicht fassbar – und zweitens braucht ein richtiger Fasnächtler keine Auszeichnung, er braucht einfach seine Fasnacht. Ein richtiger Fasnächtler vergleicht seine Fasnacht auch nicht mit einer anderen Fasnacht. Das ist mit Bestimmtheit in Basel genauso wie in Luzern.
Was man aber bei diesen beiden fasnachtsverrückten Regionen feststellen kann: Was sich neckt, das liebt sich. Und genau das ist es, was in den vergangenen Jahren, man muss sagen vergangenen Hunderten von Jahren, dazu geführt hat, dass wir uns lieben. Schon 1508 klauten uns die Basler, die für uns so wichtige Fritschi-Maske. Diesen Diebstahl gab es natürlich nur, um die Luzerner ans Rheinknie zu locken und um gemeinsam zu feiern. Erst nach Tagen brachten die Luzerner die Fritschi-Maske wieder nach Luzern. Also seit über 500 Jahren geht das liebevolle Necken schon hin und her. Solange wir uns necken, lieben wir uns, und das wird nun hoffentlich noch ewig so bleiben. Darum schliesse ich mit einem Vers im breitesten «Lozärner Dialäkt»:
Die «scheenschte Drey Däägg» sie send hött gschtartet,
do druf händ d'Basler jetzt lang gnueg gwartet.
Wenn d'Bsuecher frogsch, was ne am beschte gfallt,
esch es d'Vorfreud uf d'Lozärner Fasnacht halt!