Anwältin erklärt
Wer muss bei einer Scheidung was und wie viel zahlen?

Das Bundesgericht beschloss in den vergangenen Jahren neue Regelungen für Paare im Falle einer Scheidung. Blick erklärt, was es mit dem nachehelichen Unterhalt auf sich hat und was das 2018 eingeführte Schulstufenmodell bedeutet.
Publiziert: 25.04.2023 um 09:30 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2023 um 11:54 Uhr
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Im Falle einer Scheidung beschloss das Bundesgericht neue Regelungen für Paare.
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Franziska Pahle

Im Idealfall läuft eine Scheidung friedlich ab. Doch was, wenn die Fetzen fliegen – vor allem, wenn es ums Thema Geld geht? Wer muss wofür aufkommen? Wer muss wem wie viel zahlen? Das Bundesgericht hat in den vergangenen Jahren – ausgelöst durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2017 – einige Urteile mit Neuerungen zum Unterhaltsrecht gesprochen.

Muriel Ego-Sevinc (33), Rechtsanwältin und Mediatorin bei der Advokatur Blumenfeld, ist hauptsächlich im Familienrecht tätig. Zu ihren Schwerpunktthemen gehören unter anderem Scheidungen, Trennungen und Unterhaltsverfahren. «Gerade das Unterhaltsrecht wurde in den letzten Jahren stark modifiziert», sagt sie zu Blick. Die Expertin gibt eine Übersicht über die wichtigsten Begriffe.

Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Text die Frau als betreuende Person des Kindes oder der Kinder gewählt, da dies in der Praxis immer noch häufiger der Fall sei, wie die Anwältin betont. Die Angaben und Beschreibungen beziehen sich jedoch auf die jeweils betreuende Person in der Partnerschaft.

Betreuungsunterhalt

«Ab 2017 wurden eheliche und nicht eheliche Kinder durch eine Gesetzesänderung gleichgestellt. Auch nicht verheiratete Frauen werden mit dem sogenannten Betreuungsunterhalt für ihre betreuungsbedingten Einkommenseinbussen entschädigt», erklärt Ego-Sevinc. Der Betreuungsunterhalt soll das Existenzminimum der Frau sichern.

Schulstufenmodell

«2018 löste das Schulstufenmodell die 10/16-Regel ab.» Beim Schulstufenmodell geht es um die Frage, ab wann die Mutter wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss. Nach der neuen Rechtsprechung muss sie, sobald das jüngste Kind den obligatorischen Schulunterricht besucht (gilt je nach Kanton für den Kindergarten oder die Primarschule), ein 50-Prozent-Pensum aufnehmen. Bei Übertritt des jüngsten Kindes in die Oberstufe wird von ihr erwartet, ihr Arbeitspensum auf 80 Prozent aufzustocken. Ab dem vollendeten 16. Lebensjahr gilt es, ein 100-Prozent-Arbeitspensum aufzunehmen. Tut die betreuende Person dies nicht, kann ihr ein hypothetisches Einkommen angerechnet werden. Verheirateten Frauen steht je nach Einzelfall zusätzlich ein nachehelicher Unterhalt zu.

Nachehelicher Unterhalt

«Die Frau hat Anspruch auf Fortführung des ehelichen Lebensstandards, wenn sie aufgrund eines gemeinsamen Lebensplanes ihre Tätigkeit zugunsten der Besorgung des Haushalts und der Kindererziehung aufgegeben hat und es ihr nicht mehr möglich ist, an ihrer früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen», so Ego-Sevinc. Ob diese Kriterien der Lebensprägung erfüllt sind, sei im Einzelfall zu prüfen. «Bisher galt die Vermutung, dass eine Ehe lebensprägend war, wenn die Ehe über zehn Jahre gedauert hatte oder Kinder daraus hervorgegangen waren. Das Bundesgericht hat diese Vermutungen in einer Reihe von kürzlich erschienenen Urteilen aufgegeben. In Zukunft ist jeder Fall individuell zu prüfen.» Zu beachten sei, dass, selbst wenn die Kriterien für eine Lebensprägung nicht erfüllt sind, je nach Konstellation nachehelicher Unterhalt gesprochen werden kann. «In Bezug auf Höhe und Dauer besteht jedoch ein grosser Ermessensspielraum des Gerichts», erklärt die Anwältin.

Details im Ehevertrag

Und was ist mit einem Ehevertrag? «Auch im Ehevertrag kann der nacheheliche Unterhalt geregelt werden. Er kann beispielsweise betraglich begrenzt oder ausgeschlossen werden. Zu beachten ist jedoch, dass jeder Ehevertrag zum Scheidungszeitpunkt durch das Gericht auf offensichtliche Unangemessenheit geprüft wird. Sollten sich die finanziellen Verhältnisse der Ehegatten zum Scheidungszeitpunkt gegenüber den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses stark geändert haben, könnte es sein, dass das Gericht den Ehevertrag nicht genehmigt.»

Zum Schluss fasst Scheidungsanwältin Muriel Ego-Sevinc zusammen: «Spätestens seit der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann sich der einkommensschwächere Ehegatte nicht mehr darauf verlassen, über die Scheidung hinaus langfristig finanziell abgesichert zu sein.» Aus diesem Grund rät die Rechtsanwältin, das Arbeitspensum nicht leichtfertig über eine längere Zeit deutlich zu reduzieren oder gar aufzugeben. Die finanziellen Konsequenzen können nach der neuen Rechtsprechung gravierend sein.

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