Sofort-Abholung im Quartierlädeli möglich
Chinesischer Billig-Shop Wish greift Schweizer Markt an

Böse Überraschung für den Schweizer Handel: Onlinegigant Wish hat mit seinen China-Produkten plötzlich fixe Verkaufsstandorte in der Schweiz. Über ein Dutzend Läden und Shops dienen als Abholstationen für ausgewählte Gadgets – und bekommen fast nichts dafür.
Publiziert: 06.09.2019 um 19:35 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2019 um 09:49 Uhr
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Der US-Onlineshop Wish, der hauptsächlich China-Produkte anbietet, baut in der Schweiz ein Abholnetz auf. In diesem Imbiss, Kiosk und Handyshop in Zürich gibts auch eine Auswahl an Wish-Produkten zum Abholen.
Foto: Lorenz Keller
Lorenz Keller

Wish erobert die Schweiz im Sturm. Das Portal aus den USA, das ausschliesslich Billigschnäppchen aus China anpreist, liegt inzwischen auf Platz 6 der beliebtesten Onlineshops bei uns. Und hat damit bereits etablierte Marken wie Brack, Microspot oder Ebay überholt.

Nun geht der Onlinehändler einen Schritt weiter. Wish richtet fixe Abholstationen in der Schweiz ein. Statt zwei oder drei Wochen auf das Versandpaket aus China zu warten, können die Kunden ausgewählte Produkte sofort abholen. Rund 60 Bestseller sind an rund einem Dutzend Standorte in der Deutschschweiz an Lager.

Keine lange Wartezeiten

Der Kauf funktioniert nur über die Wish-App, nicht über die Website. Sonst funktioniert er aber ganz einfach, wie ein BLICK-Test zeigt. Zur Abholung verfügbare Angebote sind mit einem grünen Karten-Logo gekennzeichnet. Man kann sich auch gezielt nur in der Schweiz abholbare Produkte anzeigen lassen.

Diese bestellt man wie gewohnt, wählt aber im Warenkorb die Abholoption aus. Bezahlt wird via App, das Gekaufte ist sofort verfügbar. Mit einem QR-Code geht man dann in den Laden und erhält dort nach dem Scannen das Produkt.

Vorteil für den Kunden: Er muss nicht auf die Post aus China warten und spart zudem die Versandkosten, die bei Wish oft so teuer wie das Produkt sind. Sonst gilt: Die Produkte werden mit Fake-Bewertungen, absurden Rabatten und weiteren Verkaufstricks angepriesen. Manches ist ein Schnäppchen, manches einfach nur Billigramsch.

Wish bestimmt, was die Schweizer Shops an Lager haben

Zum Test hat BLICK einen Umhängebeutel für Kinder und einen Sparschäler gekauft. Die Qualität geht für den Preis von je einem Franken in Ordnung. Die Abholung in einem Imbiss samt Kiosk in Zürich sowie in einem Fischerladen in Wädenswil ZH verlief problemlos und unkompliziert.

Auffällig: Wer der Wish-App Zugriff auf den Standort erlaubt, erhält beim Abholen Hinweise auf weitere Produkte, die sofort verfügbar wären. Das Angebot ist ein ziemliches Durcheinander: von der WC-Bürste über die Uhr und den Kopfhörer bis zum Pommes-frites-Schneider.

Auch bei den Abholorten sind ganz unterschiedliche Branchen vertreten: Handy-Shops, Fischereiläden, aber auch eine Seifenmanufaktur, eine Wäscherei oder eine Massagepraxis. Die meisten haben in den letzten Monaten damit angefangen, entweder wurden sie vom US-Händler direkt angefragt oder haben Aufrufe auf Facebook gesehen.

«Ich habe zwischen 50 und 80 Produkte im Angebot», sagt Michaela Malijanska von Fish and Flies in Wettingen AG. Welche, können die Händler aber nicht einfach so bestimmen. «Die Entscheidung über die Produkte liegt bei Wish», sagt etwa Beni Tellenbach von Der Massagelehrling aus Buochs NW. Einzig die Menge könne er aufgrund des verfügbaren Platzes bestimmen. Wer will, kann zusätzlich mit 10 bis 15 Prozent Rabatt bei Wish einkaufen und die Produkte vor Ort verkaufen.

Händler verdienen pro Abholung 50 Rappen

«Finanziellen Anreiz haben wir nicht, sehen es eher als Service public für unsere Kundschaft. Wir haben etwa auch einen Service-Point von DHL und einen Pick-up-Shop von DPD bei uns im Laden», sagt Christopher Waelchli vom Seifen Haus in Welschenrohr SO. Das bestätigen auch andere Shops: Es gibt nur eine bescheidene Vergütung von 50 Rappen pro abgeholtem Artikel. Pro Monat sind in der Startphase 25 Franken Erlös garantiert.

Warum machen die Schweizer Shops trotzdem mit? Die meisten sehen es als Werbung fürs eigene Business an und wollen Laufkundschaft bedienen. «Für uns zählt die Steigerung der Kundenfrequenz», sagt Claudio Giger von iTek in Zürich. Er hat täglich zwei bis fünf zusätzliche Kunden im Laden – und das bereits nach zwei Monaten. Bei anderen Läden sind es fünf bis zehn Wish-Abholungen pro Woche. «Ob sich die Zusammenarbeit unter dem Strich wirklich rechnet, werden wir in einigen Wochen sehen», sagt Claudio Giger von iTek.

Andere ziehen bereits eine negative Bilanz. So wird Salome Christiani von Pourtoujours aus Zürich die Zusammenarbeit mit Wish wieder beenden – trotz eines bis zwei Extrakunden täglich. «Aber ich habe es bisher nicht erlebt, dass diese etwas zusätzlich bei mir im Laden gekauft haben.»

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