KI-Experte Kevin Schawinski über das neue EU-Regelwerk
«Der AI Act ist innovationshindernd – aber nötig»

Am Mittwoch hat das Europaparlament die Regulierung für die Künstliche Intelligenz verabschiedet. Experte Kevin Schawinski schätzt für Blick die Folgen in sechs Punkten ein.
Publiziert: 13.03.2024 um 18:43 Uhr
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Aktualisiert: 13.03.2024 um 22:31 Uhr
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Um gefährliche Auswüchse zu verhindern: Das Europaparlament verabschiedete den AI Act.
Foto: DUKAS
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Thomas BenköJournalist & AI Innovation Lead
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Was will die EU mit dem AI-Act?

Mit dem AI Act wird künstliche Intelligenz reguliert. Die EU setzt damit die Regeln, wie KI-Produkte von nun an gebaut, getestet und zugelassen werden müssen, wenn sie als besonders riskant gelten. Dabei orientiert sich die EU an anderen Gesetzen zum Konsumentenschutz und natürlich der Allgemeinen Datenschutzgrundverordnung GDPR.


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Werden jetzt User-Anwendungen wie ChatGPT eingeschränkt?

Die Firmen, welche die grossen Sprachmodelle hinter Applikationen wie ChatGPT herstellen, haben starkes Lobbying gemacht, damit ihre Produkte weniger stark reguliert werden als die Anwendungen, die Nutzer mit ihnen bauen. Wer zum Beispiel ChatGPT bzw. GPT4 benützt, um Jobkandidaten zu bewerten, ist nun verantwortlich dafür, das neue Gesetz zu beachten und unter anderem eine Zertifizierung zu erlangen.


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Werden die Innovationen abgewürgt?

Durch den AI Act wird die Entwicklung von KI-Produkten sicher langwieriger und teurer und das kann man schon als innovationshindernd bezeichnen. Dagegen steht der Konsumentenschutz und der Schutz unserer Gesellschaft und Demokratie. Den AI Act kann man vergleichen mit der Pflicht, Sicherheitsgurte und Knautschzonen bei Autos einzubauen. Klar, die Autos sind etwas aufwändiger herzustellen, dafür aber sicherer. Dazu kommt, dass viele Menschen immer skeptischer gegenüber KI werden – die Hersteller sollten sich deshalb um das Vertrauen ihrer Kunden bemühen.


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Typisch EU! Nix erfinden – aber regulieren! Stimmt dieser Vorwurf?

Nicht unbedingt. Die EU gibt jetzt Herstellern von KI-Anwendungen zwischen 6 Monaten und 3 Jahren Zeit, sich den neuen Regeln anzupassen. In den USA – wo die Top-AI-Firmen alle sind – hat Präsident Biden mit einer Executive Order die Regulation von KI per sofort angeordnet. Die ersten US-Firmen wurden bereits bestraft und weitere werden nun von Behörden wie FTC, EEOC und dem Department of Justice untersucht. 44 der 50 US-Bundesstaaten arbeiten zudem gerade an KI-Gesetzen. Wenn es nicht bald ein nationales Gesetz gibt, dann werden die USA ein Flickenteppich von Regulierung.

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Was ändert für Schweizer Firmen?

Der Bundesrat hat die Regulierung der KI als Priorität für 2024 ernannt und hat das Bakom beauftragt, eine Empfehlung zu machen. Dieser Prozess läuft im Moment.

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Wo geht die AI-Reise hin? Was kann der «Roboter» in ein paar Jahren?


Das ist so gut wie unmöglich vorherzusagen, da die relevante Forschung an den Top KI-Modellen nur noch hinter verschlossenen Türen bei 5 Firmen gemacht wird: Google, Microsoft, Meta, OpenAI und Anthropic.

Astrophysiker und KI-Experte

Kevin Schawinski (42) ist Astrophysiker und Gründer/CEO von Modulos, einem ETH-Spinoff, dass eine Software-Plattform für KI Gouvernanz gebaut hat. Ziel ist es, bei der Umsetzung von Regulierungen wie dem AI Act zu helfen. Und ja, den berühmten Nachnamen teilt er mit seinem Vater, dem Radio-Pionier.

Kevin Schawinski (42) ist Astrophysiker und Gründer/CEO von Modulos, einem ETH-Spinoff, dass eine Software-Plattform für KI Gouvernanz gebaut hat. Ziel ist es, bei der Umsetzung von Regulierungen wie dem AI Act zu helfen. Und ja, den berühmten Nachnamen teilt er mit seinem Vater, dem Radio-Pionier.

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