Claude Zellweger prägt das Design von Google
«Ich verbringe bewusst Zeit ohne mein Handy»

Claude Zellweger aus Meggen LU ist Chefdesigner bei Google. Der Schweizer lebt mit seiner Familie im Silicon Valley das Lowtech-Prinzip, um nicht in einen Zombie-Modus zu fallen, wie er sagt.
Publiziert: 13.08.2024 um 19:01 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2024 um 11:32 Uhr
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Blick hat den Google-Designer Claude Zellweger bei einem Abstecher in die Schweiz getroffen.
Foto: Tobias Bolzern
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Tobias BolzernRedaktor Digital

Dieses Handy fällt auf! Keine andere Kamera ist so markant wie die des Google Pixel. Beim neuesten Modell, das am Dienstagabend (Schweizer Zeit) vorgestellt wurde, wirkt der Kamerabalken noch auffälliger. Manche sagen, er erinnere an R2-D2 aus «Star Wars». Andere vergleichen ihn mit den Helmen des House-Duos Daft Punk.

Doch woher stammt die Inspiration für dieses Markenzeichen? Spoiler: weder von «Star Wars» noch vom französischen Elektro-Duo. «Die Form der Kamera ist von unserem Suchfeld inspiriert», sagt Claude Zellweger (52), Chefdesigner von Google, bei seiner Stippvisite in der Schweiz, wo wir ihn am Sitz der Firma in Zürich getroffen haben.

Der Kamerabalken erinnert an das Suchfeld auf Google.

Lowtech im Silicon Valley

Zellweger (52) stammt aus Meggen im Kanton Luzern. Seit über 25 Jahren lebt er in Kalifornien, dem Hauptsitz zahlreicher Technologie-Unternehmen. Doch er ist kein typischer Nerd. Der Google-Designer bezeichnet sich selbst als «Lowtech». Wie sieht das aus? «Heutzutage sind wir alle stark von der Technik abhängig. Ich versuche aber, am Wochenende bewusst längere Zeit ohne Handy und Laptop zu verbringen. Das hilft mir, im Moment zu leben und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.»

Auch im Familienleben lebt er das Lowtech-Prinzip. «Wir legen unsere Geräte weg, wenn wir zusammen sind. So vermeiden wir den Zombie-Modus, bei dem man körperlich anwesend, aber geistig abwesend ist», sagt Zellweger. Und was sagen seine Teenager dazu? «Die Reaktionen sind gemischt – manchmal gibt es Kritik, manchmal Verständnis. Das ist schon mal ein guter Anfang», sagt er. Für ihn ist klar: «Ein bewusster Umgang mit Technik ist entscheidend für unser Wohlbefinden. Die Welt um uns herum hat genauso viel zu bieten wie die Inhalte auf den Geräten in unseren Taschen.» Letztlich gehe es darum, eine gesunde Balance zu finden.

Diese Philosophie nimmt er auch mit ins Büro. Zellweger arbeitet am Hauptsitz von Google in Mountain View. «Diese Einstellung hilft mir, kritisch zu denken. Meine Haltung ist, dass sich Technologie und Innovation dem Menschen anpassen müssen und nicht umgekehrt», sagt der 52-Jährige. «Technik um der Technik willen hat in unserem Team keinen Platz.»

Auf die Balance kommt es an, sagt Claude Zellweger.

Schweizer im Schleckzeugladen

Zellwegers Karriere begann in den 1990er-Jahren in La Tour-de-Peilz VD am Genfersee, wo er am Art Center College of Design studierte. Später setzte er seine Ausbildung in Kalifornien fort und stieg in die Tech-Branche ein. 2001 gründete er mit zwei Kollegen das Designstudio One & Co. in San Francisco, das 2008 von HTC übernommen wurde. So wurde er Chefdesigner des taiwanesischen Herstellers.

Seit 2017 arbeitet Claude Zellweger für Google. Dort gibt er dem Suchmaschinengiganten ein Gesicht: Mit seinem 50-köpfigen Team gestaltet er Handys und Augmented-Reality-Produkte. Entwickelt wird nach dem CMF-Prinzip: Color, Material, Finish. «An den Wänden hängen überall Materialien, Schmuck aus aller Welt und auch viele Lebensmittel», sagt der Designer. Deshalb nennt Zellweger das Designbüro «Candy Store», ein Schleckzeugladen.

So viel Schweiz steckt im Pixel

Wichtig beim Design der Geräte ist für ihn, dass sie sowohl aus zehn Metern als auch aus 30 Zentimetern Entfernung gut aussehen. «Deshalb achten wir sowohl auf ikonische Elemente, die aus der Ferne wirken, als auch auf kleine Details wie unterschiedliche Materialien», sagt Zellweger. Besonders stolz ist er darauf, dass sowohl das normale Pixel- als auch das Pro-Modell exakt die gleichen Masse haben. «Das war meine Idee. Das heisst, die Hüllen der Modelle sind austauschbar», sagt Zellweger. Der Vorteil: Die Nutzerinnen und Nutzer haben eine grössere Auswahl an Farben.

Google-Ingenieure schmuggeln immer wieder ein bisschen Schweiz in ihre Arbeit. So heisst ein Algorithmus zur Datenkompression Brotli, sein Vorgänger Zopfli – inspiriert von Schweizer Gebäck. Wie viel Schweiz steckt also im Pixel-Handy? «Als Google sind wir im Hardware-Bereich noch dabei, eine Marke aufzubauen. Aber wir sind sehr diszipliniert – das hat etwas Schweizerisches», sagt der Designer. Was er damit meint: Das allererste Pixel-Phone kam 2016 auf den Markt, lange, nachdem Konkurrenten wie Samsung und Apple mit dem Bau von Smartphones begonnen hatten. Hierzulande gibt es die Pixel-Phones offiziell erst seit 2023.

Was als kleines Nebenprojekt begann, ist mittlerweile ein gutes Geschäft für Google. «Die Bedeutung der Hardware ist gestiegen. Sicher auch, weil es die einzige physische Manifestation von Google ist. Sonst ist alles Software», sagt Zellweger. In den letzten Monaten konnte Google mit den Pixel-Handys in einigen Märkten zulegen. In den USA liegt Google auf Platz fünf, in Japan sogar auf Platz drei, hinter Apple und Sharp – und vor Samsung. Im weltweiten Vergleich kommt Google bei den Verkaufszahlen aber noch lange nicht an die Platzhirsche wie Samsung und Apple heran.

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