Tausende «Verflossene» nehmen Abschied vom Prinz Karneval
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Zum Tod von Prinz Karneval:Tausende «Verflossene» nehmen in Bad Zurzach Abschied

Die «Lätschete» in Bad Zurzach AG
Hier wird die Fasnacht brennend zu Grabe getragen

Ein Casanova, der zu Asche wird, schluchzende Männer in Frauenkleidern und eine Trauergemeinde, die nach der Beerdigung feiert – in Bad Zurzach wird die Fasnacht auf eine skurrile Art und Weise verabschiedet.
Publiziert: 06.03.2025 um 18:18 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2025 um 18:43 Uhr
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Der Prinz Karneval wird vom Sternenbrunnen durch die Gassen von Bad Zurzach getragen.
Foto: Sarah Riberzani
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Sarah RiberzaniCommunity Editor

Jedes Jahr am Aschermittwoch wird in Bad Zurzach AG eine ganz besondere Beerdigung abgehalten. «Wir trauern jetzt alle miteinander, dass die Fasnacht aufhört. Man beerdigt Prinz Karneval», erklärt Gülay Scheuber (39), Mitglied des Fasnachtskomitees. Nach Tagen voller Freude, Lärm und Narrenfreiheit ist der Prinz am Ende seiner Kräfte – und wie es die Tradition will, überlebt er die Nacht nicht. 

Um 18.30 Uhr versammelt sich die Fasnachtsgemeinschaft schwarz gekleidet zum grossen Trauerzug. Und der ist streng frauenexklusiv. Damit wirklich niemand ausgeschlossen wird, werfen sich auch die Männer in Schale – mit Kleidern, Perücken und Lippenstift. Was hat es damit auf sich? «Prinz Karneval war ein Casanova, der während der Fasnacht unzählige Affären hatte. Beim Trauerzug sind alle seine verflossenen Damen dabei, die um ihn weinen. Darum sind auch die Männer als Frauen verkleidet», sagt Fasnachtspfarrer Christoph Neff (34) zu Blick.

In High Heels durch Bad Zurzachs Gassen

Vom Sternenbrunnen aus wird der Prinz bis zur Kirche durch die Gassen von Bad Zurzach getragen, begleitet von der Guggenmusik und dem theatralischen Geschluchze der «Heulweiber». Nachdem der Pfarrer bei der katholischen Kirche die Trauerrede gehalten hat, geht es weiter über den Zoll zur Rheinbrücke. Dort folgt die unvermeidliche letzte Ölung – ein ordentlicher Schuss Brennsprit. Dann wird Prinz Karneval entzündet, aufgespiesst und dem Rhein übergeben. «Wenn er in Basel ankommt, fängt dort die Fasnacht an», erklärt Neff mit einem Augenzwinkern.

Tränen getrocknet, Feierlaune geweckt!

Finden die Zuschauer diese Tradition nicht etwas brutal? Keineswegs! «Brutal ist es nur für die Deutschen, weil wir den Prinzen bei ihnen drüberwerfen, nicht bei uns», witzelt Besucher Lukas (28), der sich ebenfalls in weibliche Kleidung geworfen hat. Für ihn und die anderen Fasnächtler geht es nun ab zur «Uuslätschete» im Gemeindezentrum Langwies. Dort wird aber alles andere als geweint, vielmehr getanzt, gesungen und gelacht. Die Tränen? Schnell getrocknet, spätestens beim ersten Bier.

Und weil es bekanntlich nie bei nur einem bleibt, hat sich Lukas, wie viele andere auch, vorsorglich den nächsten Tag freigenommen. Schliesslich braucht es nach einer ordentlichen Fasnachtsbeerdigung auch eine anständige Erholung. «Wir wollen das letzte Mal nochmals einen richtig geilen Abend haben», sagt Besucherin Kathrin (19) euphorisch. Mit Live-Musik und den einheimischen Guggenmusikern Se Barzlis sowie Sänklochfäger feiern die Fasnächtler noch ein letztes Mal – zumindest für dieses Jahr.

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