In der neuesten «sichtbar»-Folge erzählt Johannes E. (38), wie er sein Trauma nach einer Nahtoderfahrung mithilfe von Psychedelika bewältigen konnte. Dazu haben wir die Community gefragt, ob andere Leserinnen und Leser ebenfalls schon Erfahrungen mit Psychedelika gemacht haben.
Darauf hat sich Leserin R. B.** gemeldet. Sie will ihre Geschichte anonym erzählen.
«Ich nehme seit rund 30 Jahren LSD»
«Ich wurde im Alter von fünf Jahren von einem Mann aus meinem nahen Umfeld schwerst sexuell misshandelt. Ich habe zwar keine klassische Nahtoderfahrung wie Johannes E. erlebt, aber in diesem Moment wollte ich einfach nur sterben. Ich bin dabei aus meinem eigenen Körper herausgetreten. Vor mir habe ich Gestalten gesehen, die mir gesagt haben, ich dürfe noch nicht sterben, ich hätte noch so viel zu tun auf dieser Erde. Dann bin ich wieder in meinen Körper zurückgetreten und aufgewacht.
Als Kind konnte ich nicht in Worte fassen, was mir passiert war. Ich konnte es nicht erklären. Ich habe es auf eine Art verdrängt, aber irgendwann hatte es keinen Platz mehr in mir. Es musste raus. Die Folgen meines Traumas kamen bei mir aber erst 30 Jahre später zum Vorschein. Während meiner Ausbildung zur Mal- und Gestaltungstherapeutin kam dieses schreckliche Erlebnis immer weiter in mir auf.
Zuerst habe ich die ‹klassischen› Therapien durchgemacht. Ich war beim Psychiater und Psychologen, aber diese Art von Behandlung war nichts für mich. Ich hielt es nicht aus, immer wieder über das Gleiche reden zu müssen, immer wieder den gleich Schmerz durchleben zu müssen. In mir war eine Wunde, die ich heilen wollte. Aber anstatt geheilt zu werden, wurde sie immer wieder aufgerissen.
Also habe ich die Therapien beendet. Ein guter Freund schlug mir vor, es mit Psychedelika zu versuchen. Ich griff zu Lysergsäurediethylamid, genauer bekannt als LSD. Vor der ersten Einnahme hatte ich mich unglaublich intensiv damit befasst, welche Wirkung LSD auf mich und mein Trauma haben wird. Ich habe Bücher gelesen und Artikel durch geforscht. Schliesslich habe ich es in Begleitung meines guten Freundes probiert. Heute nehme ich seit gut 30 Jahren LSD zu mir.
Psychedelika umfasst verschiedene Substanzen, die eine halluzinogene und tiefgreifende Veränderung der Wahrnehmung verursachen können. Dazu gehören unter anderem LSD, Ayahuasca, Zauberpilze und viele weitere Substanzen.
Psychedelika wird von einigen Menschen auch als Beihilfe einer psychischen Erkrankung oder Traumverarbeitung eingenommen. Derzeit sind die Substanzen für den Gebrauch in der Schweiz nicht legal, ausser in einigen bewilligten Therapie-Experimenten von Universitäten.
Psychedelika umfasst verschiedene Substanzen, die eine halluzinogene und tiefgreifende Veränderung der Wahrnehmung verursachen können. Dazu gehören unter anderem LSD, Ayahuasca, Zauberpilze und viele weitere Substanzen.
Psychedelika wird von einigen Menschen auch als Beihilfe einer psychischen Erkrankung oder Traumverarbeitung eingenommen. Derzeit sind die Substanzen für den Gebrauch in der Schweiz nicht legal, ausser in einigen bewilligten Therapie-Experimenten von Universitäten.
Nach der Einnahme von LSD werde ich angstfrei. Meine Wahrnehmung ist angstfrei. Ich kann mich meinem Trauma gegenüberstellen und spüre dabei keine Angst. Ich kann das schreckliche Erlebnis von allen Seiten und Facetten anschauen, darüber reden, es beobachten und ich spüre keinerlei Angst. Genau das hat mir geholfen, mein Trauma zu beenden. Heute kann ich sagen, ich bin geheilt. LSD hat mich geheilt. Und ich bin dankbar, dass ich das erleben darf.
Anders als bei anderen Drogen schwebe nicht auf einem anderen Planeten. Ich fliege nicht durch irgendwelche Welten, die es nicht gibt. Ich bin völlig klar im Kopf, aber das Körpergefühl wird anders. Es geht in diesem Moment nämlich um das eine Thema, mit dem man sich beschäftigen will. Und darauf kann ich mich dank LSD unglaublich gut fokussieren.
Vor jeder Einnahme bereite mich immer unglaublich fest vor, lege fest, welche Themen ich während der Session bearbeiten will, worüber ich reden will, was mir auf dem Herzen liegt. Alleine würde ich es nie einnehmen. Ich sorge immer dafür, dass jemand bei mir ist.
Auch wache ich nicht mit einem Kater auf. Ich komme nicht völlig verwirrt von einem Trip runter. Ich weiss genau noch, worüber ich geredet habe, was mir auf dem Herzen liegt. Was bei einer solchen Session unglaublich wichtig ist, ist es, das Erlebte nicht sofort zu analysieren. Ich rede nur darüber, die Analyse kommt erst, wenn die Wirkung komplett weg ist.
Dank LSD konnte ich mein Trauma aufarbeiten. Ich kann heute darüber reden, es ist für mich neutralisiert. Und ich konnte mein Trauma so versorgen, dass es mich in meinem Alltag nicht plagt. Andere gehen ins Wellnesshotel oder fahren Ski, um mit ihren Gedanken klarzukommen. Ich nehme halt LSD, aber ich bin geheilt.»
** Name von der Redaktion geändert.