Die Emissionsziele der EU sind hoch gesteckt: Ab 2020 dürfen neu zugelassene Autos im Schnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstossen – derzeit liegt der Grenzwert bei 130 g/km. Kaum zu erreichen für die Autoindustrie, wie neue Zahlen von Datenspezialist Jato Dynamics zeigen: Während der Kohlendioxid-Ausstoss (CO2) aller europäischen Neuwagen von 2007 bis 2016 kontinuierlich auf 117,8 g/km sank, steigt er seit dem Jahr 2017 wieder und lag 2019 mit 120,5 g/km sogar über dem Wert von 2015!
Die Hauptursache ist die rückläufige Nachfrage nach Dieselfahrzeugen. Die durchschnittlichen Emissionen von Dieselmotoren sind laut Jato Dynamics weiterhin niedriger als die von Benzinern, und zwar um satte 3,2 g CO2 pro Kilometer.
Drastische Massnahmen
«Der positive Effekt von Dieselautos auf die Emissionen hat aber nachgelassen, da die Nachfrage im letzten Jahr dramatisch gesunken ist», erklärt Felipe Munoz von Jato Dynamics. «Wenn sich der Trend fortsetzt und die Einführung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben nicht beschleunigt wird, muss die Branche drastischere Massnahmen ergreifen, um die Ziele zu erreichen.»
Besonders brenzlig wird die Lage für hiesige Importeure: In der Auswertung aller 23 untersuchten europäischen Länder landete die Schweiz mit einem Durchschnitts-Ausstoss von 137,8 g/km mit Abstand auf dem letzten Platz! Auch bei uns liegt es grösstenteils am drastischen Einbruch der Dieselverkäufe. Wurde 2017 noch mehr als jeder dritte Neuwagen als Diesel ausgeliefert (36 %), war es 2020 nur knapp jeder vierte (26 %) – satte elf Prozent weniger!
Mehr Stromer nötig
Viele ehemalige Dieselbesitzer wechselten auf ein Benzinermodell. «Da ein Benziner rund 20 Prozent mehr CO2 ausstösst als ein vergleichbarer Diesel, hat auch dieser Umstand zur Erhöhung des Durchschnittswerts beigetragen», sagt Andreas Burgener von der Importeursvereinigung Auto Schweiz.
Um den CO2-Ausstoss bei Neuwagen drastisch zu senken, hat Auto Schweiz vor eineinhalb Jahren die Strategie 10/20 beschlossen: E-Autos und Plug-in-Hybride, sogenannte Steckerfahrzeuge, sollen im Jahr 2020 einen Marktanteil von zehn Prozent erreichen – im ersten Halbjahr 2019 lag der Wert bei 4,8 Prozent. Burgener ist sich trotzdem sicher: «Spätestens im kommenden Jahr werden wir einen deutlichen Rückgang der durchschnittlichen CO2-Emissionen neuer Personenwagen sehen.»
Milliardenbussen drohen
Das ist auch nötig, denn sonst drohen in Europa Strafzahlungen ungeahnten Ausmasses: Verpassen die Hersteller das Ziel von 95 g/km, kostet jedes Gramm CO2 über dem Grenzwert 95 Euro, rund 100 Franken – und das pro neu zugelassenem Fahrzeug. Rein rechnerisch würden nach heutigem Stand Bussen von rund 37 Milliarden Franken auf die Autoproduzenten zukommen! Nicht auszuschliessen, dass diese Summe auf die Neuwagenpreise umgelegt werden könnte.