Renault Zoe auf Langstreckenfahrt
Die Elektro-Odyssee

BLICK-Autoredaktor Robert Tomitzi stand der Elektromobilität nach Testfahrten im Tesla Model X und Opel Ampera-e bislang aufgeschlossen gegenüber. Bis er nun an einem Wochenende im E-Mobil von Zürich nach München fuhr.
Publiziert: 01.04.2017 um 23:43 Uhr
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Aktualisiert: 04.11.2020 um 09:15 Uhr
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Renault Zoe
Foto: Robert Tomitzi
Robert Tomitzi

Um es gleich vorweg zu nehmen: Den Testwagen Renault Zoe trifft keine Schuld an meiner Misere. Im Gegenteil: der von uns in der «Swiss Edition»-Variante gefahrene Zoe ist ein anständiges E-Mobil mit einer realen Reichweite von 250 Kilometern. Damit kommt man im Alltag gut zurecht. Er fährt angenehm, ist einfach zu bedienen, ausreichend geräumig und komfortabel. Dass mein geplanter Heimaturlaub dennoch zum Desaster wurde, liegt einzig und allein an der mangelhaften Lade-Infrastruktur.

Der Renault Zoe hat im Alltag eine reale Reichweite von 250 Kilometern.
Foto: Robert Tomitzi

So will ich mit dem Renault Zoe am Weekend also von Zürich zur Familie nach Bayern fahren – rund 270 Kilometer. Eine Reise, die ich zuvor schon mit einem Tesla problemlos elektrisch bewältigt habe. Am selben Rasthof im Allgäu, wo ich damals schon den Tesla lud, gibts laut Internet auch Ladesäulen für herkömmliche E-Mobile. Diesen ersten Streckenabschnitt von rund 160 Kilometern schafft der Zoe spielend. Und ich bleibe als E-Mobilist entsprechend entspannt.

Zahlen bitte! Nur Wie?

Die E-Ladesäulen beim grossen Rasthof habe ich auch schnell gefunden. An der Rasthofkasse erklärt man mir aber, dass sie für die Ladestationen nicht zuständig seien. Folglich könne ich allfällig gezapften Strom auch nicht mit Bargeld, Kredit- oder Bankkarte bei ihnen bezahlen. Super! Was mit Benzin oder Diesel an jeder mickrigen Dorftankstelle möglich ist, geht mit Strom nicht.

SonntagsBlick-Autoredaktor Robert Tomitzi strandet beinahe im Allgäu, weil Ladesäule nicht gleich Zapfsäule ist.
Foto: Martin A. Bartholdi

Am Servicetelefon des Ladesäulen-Betreibers erfahre ich, dass ich erst einen Vertrag mit dem Anbieter abschliessen müsse. Hallo? Einen Vertrag, wenn ich das E-Mobil nur an diesem Wochenende nutze? Ach ja, mit der App «Plug Surfing» könne man auch zahlen, erklärt mir der Techniker. Leider lässt sich diese aber auf die Schnelle nicht auf mein Smartphone laden. Nervend – und ich denke, dass ich mit einem Benzinauto schon längst wieder vollgetankt auf der Autobahn Richtung Heimat unterwegs wäre.

Die Nadel im Heuhaufen

Also ab zur nächsten Stromsäule – laut Internet soll es nur 15 Kilometer entfernt eine Ortschaft mit drei verschiedenen Ladesäulen geben. Eine wird schon funktionieren, denk ich mir als (noch) naiver E-Mobilist. Das Zoe-eigene Navi ist übrigens keine Hilfe. Es findet trotz entsprechender Funktion keine einzige Ladestation für mich. Mittlerweile zeigt der Renault eine Restreichweite von 70 Kilometern an. Ich mache es kurz: An der ersten Adresse, ein Kurhaus, lässt sich keine Stromzapfstelle finden. Die zweite war auf dem Hof eines Händlers und (ausserhalb der Bürozeiten) abgeschaltet. Und die dritte in einem Gewerbehof war gar nicht aufzufinden.

Strombezahlen am Schalter geht nicht. Um die Ladesäule nutzen zu können, muss ein Abo bei der Firma gelöst werden, welche die Säule aufgestellt hat.
Foto: Robert Tomitzi

Mittlerweile kriecht leise Angst in mir hoch, die Nacht im tiefsten Allgäu verbringen zu müssen. Ein Anruf bei der Renault «E-Service-Hotline, mittlerweile war es 22 Uhr, bringt auch wenig. Adressen für Ladestationen hätten sie schon, meint die freundliche Dame stolz. Meine Frage, ob sie mir auch Öffnungszeiten mitteilen könne, verneint sie aber. Immerhin: Bei der einen Ladestation in Memmingen, nur 50 Kilometer entfernt, könne man bar bezahlen, lautet ihre Info.

Letzte Reserve

Inzwischen stehe ich wohl mehr unter Strom als der Zoe. Mit dem auf der Autobahn vorgeschriebenen Mindesttempo – zudem ohne Radio und Heizgebläse – schleiche ich möglichst energiesparend auf der Autobahn auf der rechten Spur. Immer mit starrem Blick auf die Reichweiten-Anzeige. LKWs sitzen mir unangenehm im Nacken und blenden mir im Rückspiegel die Augäpfel aus. Bevor sie zum Überholen ansetzen, hupen mir einige aufmunternd zu.

Ein Happy End?

Als ich mit letzter Hoffnung endlich bei der Ladestation ankomme, hätte ich losheulen können. Wieder ein Autohändler – und natürlich geschlossen! Was nützt mir da die Möglichkeit der Barzahlung? Restreichweite: 8 Kilometer! Mittlerweile ist es kurz vor Mitternacht – und mein Nervenkostüm liegt blank! In meiner Verzweiflung greife ich zum Handy und will eben den ADAC um Pannenhilfe beten, als ich entdecke, dass mittlerweile die App «Plug Surfing» geladen ist. Und diese bietet mir an der Ladesäule die Bezahlung mit Paypal an. Puh, meine Rettung. Noch nie bin ich darauf Nachts so happy eine Stunde im kalten Auto gesessen, bis ich mit wieder etwas Strom im Akku meine Elektro-Odyssee zu Ende fahren konnte.

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