Nein! Der Verbrennungsmotor soll nicht gerettet werden. Aber der Wechsel zur Elektromobilität geht zu langsam, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen und vor allem die globale Erwärmung zu stoppen. Deshalb ist das aus der ETH Zürich hervorgegangene Start-up Synhelion überzeugt, dass es synthetische Treibstoffe braucht, sogenannte E-Fuels.
Die Idee von synthetischen Treibstoffen ist nicht neu und es gibt verschiedene Produktions-Ansätze. Synhelion arbeitet mit Sonnenwärme, während beispielsweise Porsche in Chile auf Windkraft setzt. Doch bisher wurden weltweit nur wenigen Liter produziert. Was diese wenigen Liter kosten? Ein Geheimnis! Aber sie entstanden in kleineren Versuchsanlagen, weshalb die bisherigen Mengen quasi unbezahlbar sind. Am Beispiel Synhelion lassen sich die aktuellen Kostendimensionen abschätzen: Das Start-up hat Ende letzten Jahres weitere 22 Millionen Franken von Investoren aufgenommen, um eine Versuchsanlage fertigzustellen und eine erste kommerzielle Anlage zu realisieren.
Bis 2030 bezahlbar
Die Versuchsanlage im deutschen Jülich soll beweisen, dass sich grössere Mengen E-Fuels industriell herstellen lassen, soll noch dieses Jahr den Betrieb aufnehmen und jährlich einige tausend Liter produzieren. Sie ist bei genügend Sonnenlicht für die Produktion von 150'000 Liter CO₂-neutralem Sprit im Jahr ausgelegt. Eine zweite Anlage soll 2025 in Spanien in Betrieb gehen und E-Fuels wirtschaftlich herstellen. Das ambitionierte Ziel von Synhelion ist, die Produktionskosten bis 2030 von heute fast unbezahlbar auf rund einen Franken pro Liter zu senken.
Da die Produktion von E-Fuels aber sehr viel Energie benötigt, ist eine nachhaltige, günstige und fast überall verfügbare Energiequelle erforderlich. Diese hat Synhelion in der Sonne gefunden. Mit Spiegeln werden die Strahlen eingefangen und über einen Receiver in Hitze umgewandelt. Bei bis zu 1500 Grad findet der umgekehrte Prozess der Verbrennung statt. Wasser und CO₂ werden in sogenanntes Syngas umgewandelt, aus dem sich jeder Treibstoff raffinieren lässt: Benzin, Diesel, Heizöl oder Kerosin.
Das Wasser soll aber kein Grund- damit potenzielles Trinkwasser sein. Synhelion will für die E-Fuels Meerwasser entsalzen. Fürs CO₂ sieht CEO und Mitgründer Philipp Furler verschiedene Quellen. «Das kann von Pflanzenresten in Form von Biogas kommen, wie von unseren Kollegen von Climeworks direkt aus der Luft gewonnen werden oder ein Abfallprodukt der Industrie wie beispielsweise der Zementproduktion sein.» Mit einer Synhelion-Anlage neben einer Zementfabrik könne beispielsweise der CO₂-Fussabdruck der Zementindustrie signifikant reduziert werden.
Flieger und Schiffe betanken
Synhelion will primär für die Schiff- und Luftfahrt E-Fuels produzieren – für beide Verkehrsbranchen ist die Elektrifizierung wegen der Kosten und des Gewichts der nötigen Batterien keine Alternativen. Die Swiss und Lufthansa haben sich am Schweizer Start-up beteiligt und sich damit als Erste das Kerosin aus den Synhelion-Anlagen in Jülich und Spanien gesichert. Bis 2030 will das Schweizer Start-up 875 Millionen Liter E-Fuels produzieren. Das entspricht der Hälfte der an Schweizer Flughäfen vertankten Kerosionmenge oder einem Fünftel des Schweizer Benzinverbrauchs. Bis 2040 soll die Produktionsmenge auf 50 Milliarden Liter pro Jahr steigen. Damit könnte die Hälfte des europäischen Flugtreibstoffbedarfs gedeckt werden.
Und was ist mit den Autos? Die profitieren als Mitläufer. Denn bei der Produktion des synthetischen Kerosin entsteht als Nebenprodukt auch Benzin. Damit könnten alle bestehenden Verbrenner quasi sofort CO₂-neutral unterwegs sein. Das ist einerseits für die Besitzer der rund 200'000 Old- und Youngtimer in der Schweiz interessant, aber auch für die Klimaziele des Bundes. Denn laut der Empa dürften 2040 immer noch rund 1,5 bis 2,5 Millionen Fahrzeuge mit Benzin- oder Dieselmotor in der Schweiz unterwegs sein. Deshalb hat sich mit der Amag auch der grösste Schweizer Autoimporteur an Synhelion beteiligt.
Ein Vorteil von synthetischen Treibstoffen soll sein, dass sich für die Kunden nichts ändert. Schweizerinnen und Schweizer sollen an die Zapfsäule fahren und tanken können, ohne dass vorher irgendwelche Änderungen am Motor notwendig sind.
Aber stimmt das wirklich? Dieser Frage geht die Amag zusammen mit der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa nach. Dabei stehen Oldtimer im Fokus. Die Partner testen, ob die Materialien und Komponenten in Treibstoffleitungen, Dichtungen, Tank und Motoren mit E-Fuels verträglich sind. Bei den Tests werden auch der typische sporadische Einsatz und die langen Standzeiten von Oldtimern geprüft sowie die Abgasemissionen von E-Fuels untersucht. Erste Resultate wollen Empa und Amag im Lauf des Jahres vorstellen.
Das Schweizer Rennteam Horag Racing hat letzten Sommer beim Bergrennen Oberhallau schon einen erfolgreichen Test durchgeführt. Drei Rennwagen fuhren im Rahmenprogramm mit synthetischem Sprit – laut Horag Racing ohne Anpassung an den Motoren und Rennwagen.
Ein Vorteil von synthetischen Treibstoffen soll sein, dass sich für die Kunden nichts ändert. Schweizerinnen und Schweizer sollen an die Zapfsäule fahren und tanken können, ohne dass vorher irgendwelche Änderungen am Motor notwendig sind.
Aber stimmt das wirklich? Dieser Frage geht die Amag zusammen mit der eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa nach. Dabei stehen Oldtimer im Fokus. Die Partner testen, ob die Materialien und Komponenten in Treibstoffleitungen, Dichtungen, Tank und Motoren mit E-Fuels verträglich sind. Bei den Tests werden auch der typische sporadische Einsatz und die langen Standzeiten von Oldtimern geprüft sowie die Abgasemissionen von E-Fuels untersucht. Erste Resultate wollen Empa und Amag im Lauf des Jahres vorstellen.
Das Schweizer Rennteam Horag Racing hat letzten Sommer beim Bergrennen Oberhallau schon einen erfolgreichen Test durchgeführt. Drei Rennwagen fuhren im Rahmenprogramm mit synthetischem Sprit – laut Horag Racing ohne Anpassung an den Motoren und Rennwagen.
Globale Auto-Lösung
Noch grösser ist der Effekt auf den globalen CO₂-Ausstoss. Denn die Autos in der Schweiz sind durchschnittlich neun Jahre alt, so jung wie in fast keinem anderen Land. Entsprechend dauert der Wechsel zur Elektromobilität in anderen Ländern und Kontinenten deutlich länger als bei uns. Viele diese Länder haben ausserdem eine fragile Stromversorgung, die ohne E-Autos schon oft zusammenbricht. Um eine signifikante Anzahl Stromer laden zu können, wären enorme Investitionen ins Stromnetz nötig. Bis diese gestemmt werden können, liessen sich E-Fuels über bestehende Infrastruktur wie Pipelines, Tanklaster und Tankstellen vertreiben.
Synhelion gehen die Kunden also nicht aus. Trotzdem sieht das Schweizer Start-up seine Zukunft nicht als Treibstoffproduzent. «Wir produzieren und verkaufen die Treibstoffe vorerst selber, um zu zeigen, dass unsere Technologie funktioniert und wirtschaftlich ist», erklärt Furler. «Künftig wollen wir die Technik auch anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. So können schneller mehr Anlagen gebaut und grössere Mengen E-Fuels produziert werden.» Mögliche Abnehmer sollen dabei auch die Erdöl-Konzerne. Einen konnte Synhelion mit Eni bereits als Investor gewinnen.