Am Symposium für nachhaltige Mobilität in der Umwelt Arena in Spreitenbach AG überrascht Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa, mit einer provokativen Aussage. «Mit der Power-to-Gas-Technologie lässt sich in der Schweiz erneuerbares Methan für nahezu eine Million PW produzieren.»
Fotovoltaik statt Atomstrom
Power to was? Bach erklärt: «Da Atomstrom bald durch Fotovoltaik ersetzt werden dürfte, wird die nachhaltige Energieversorgung über Power-to-Gas interessant.» Die Bezeichnung Power-to-Gas steht dabei für Verfahren zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff und in gasförmige oder flüssige Kohlenwasserstoffe – z.B. Methan oder E-Diesel.
Stromüberschuss von 10,8 TWh
Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) hat die Empa gemeinsam mit dem Paul Scherrer Institut in einer Studie das Potenzial von Power-to-Gas in der Schweiz untersucht. Resultat: Allein mit dem Ausbau der Fotovoltaik auf nur 50 Prozent der für diese Technik geeigneten Dachflächen in der Schweiz könnten pro Jahr rund 24 Terawattstunden (TWh) Strom produziert werden; 15 TWh im Sommer, 9 im Winter. Zum Vergleich: Das Ende Jahr vom Netz gehende Kernkraftwerk Mühleberg liefert rund 3,0 TWh im Jahr. Mittels Speicher könnten anfallende Überschüsse für die Dunkelzeit aufgespart werden, so bliebe ein jährlicher Stromüberschuss von netto 10,8 TWh. Das Problem: Die fälligen Netzgebühren für die Speicherung stehen gegenwärtig einer wirtschaftlichen Nutzung im Weg.
Treibstoff für 640'000 Gasfahrzeuge
Dennoch: «Dieser Überschuss», so Bach, «liesse sich mittels Elektrolyse in 6,5 TWh Wasserstoff umwandeln und in einem weiteren Schritt in rund 5 TWh Methan oder flüssigen Kohlenwasserstoff.» Mit diesen 5 TWh überschüssigem Methan könnten bei heutiger Motorentechnik 640'000 Gasfahrzeuge bei einem realistischen Verbrauch von 4,3 kg/100 km CNG jährlich 14'000 km zurücklegen. Christian Bach glaubt gar, dass mit dem zu erwartenden Fortschritt bei der Motorentechnologie schon bald gegen eine Million Fahrzeuge in der Schweiz mit erneuerbarem Methan fahren könnten.
Ab 2023 bräuchte es 90'000 Methan-Autos
Eine interessante Theorie – vor allem mit Blick auf die laufend strengeren CO2-Vorschriften bei PW. Schon nächstes Jahr beträgt der Toleranzwert nur noch 95 g/km. Und um die Vorschriften ab 2023 einhalten zu können, so Bach, müssten bei Ausreizung der Benzin-, Diesel- und Hybridfahrzeuge jährlich entweder 55'000 E-Fahrzeuge, 90'000 Plug-in-Hybride oder 90'000 mit synthetischem Methan betriebene Fahrzeuge neu in Verkehr gesetzt werden. Eine Herkulesaufgabe, die sich wohl nicht in die Praxis umsetzen lässt.
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