Mögliche Fusion von Renault und FCA
Wer profitiert bei der Elefantenhochzeit?

Mit der Fusion von Renault und Fiat Chrysler könnte ein globaler Autoriese entstehen. Von dem Zusammenschluss würden beide Konzerne profitieren – aber für Fiat könnte er überlebenswichtig sein.
Publiziert: 27.05.2019 um 17:40 Uhr
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Aktualisiert: 29.05.2019 um 15:43 Uhr
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Schon der im letzten Jahr verstorbene Sergio Marchionne setzte als FCA-Chef auf Grösse. Doch weder General Motors (GM) noch Volkswagen erhörten seine Avancen.
Foto: Adrian Bretscher
Andreas Faust

Grösse ist alles – das war schon das Credo des im letzten Jahr verstorbenen Sergio Marchionne. Als CEO von Fiat Chrysler Automotive (FCA) suchte er Anschluss bei anderen Autokonzernen. Aber mit seinen Avancen drang er weder bei General Motors (GM) noch bei Volkswagen durch.

Nachfolger Michael Manley hat nun eine Fusion mit Renault angeregt – und Renault-Chef Thierry Bolloré zierte sich nicht lange und willigte in Gespräche ein. Bei erfolgreichem Abschluss könnte gemeinsam mit den Renault-Partnern Nissan und Mitsubishi ein Autoriese mit einem Absatzvolumen von über 15 Millionen Fahrzeugen im Jahr entstehen. Aber welcher der Partner würde in diesem Konstrukt mehr profitieren?

Fiat zehrt von der Vergangenheit

«La dolce vita» ist viele Jahre her: Fiats Italianità hat seit dem Zusammenschluss mit dem US-Autobauer Chrysler gelitten. Statt des süssen Lebens regieren im Konzern harte Dollars. Die US-Seite hat längst die Mehrheit in der Führungsriege. Und wenn Jeep nicht dauerhaft Verkaufserfolge feiern würde, sähe es finster aus in der Bilanz. Und Renault? Nach Zeiten des erratischen Designs ist die Marke längst wieder auf Erfolgskurs, gilt als «très chic» und hat sich bei der Elektromobilität profiliert. In diesem Glanz könnte sich künftig auch Fiat sonnen.

Modellpaletten passen zusammen

Fiat und Renault setzen vor allem auf Klein- und Kompaktwagen. Doch bei Fiat wirds höchste Zeit für Neues: Bestseller ist der seit 2007 nur minimal veränderte Cinquecento. Der Panda und der Van 500L kommen in die Jahre, der Punto ist ausgelaufen; mit dem 500X gibts nur einen einzigen SUV im Programm. Die Fusion mit Chrysler kostete, neue Modelle kamen da bei Fiat zu kurz. Renault hat den SUV-Trend lange ignoriert, steht nun aber mit drei Modellen gut da, darunter der Bestseller Captur.

Klares Bild bei den Mittelklasse-Modellen: Renault zwei, Fiat null. Dafür hat FCA mit Alfa, Maserati und Jeep das sogenannte Premium-Segment besetzt. Die ersten beiden bleiben noch hinter den Erwartungen zurück, aber Jeep gilt als Zugpferd des Konzerns. Null Punkte für Renault – die Nobelmarke Infiniti von Kooperationspartner Nissan fährt in Europa erfolglos geradewegs auf ihr Ende zu. Mit Renault könnte FCA massiv von Synergien in der Entwicklung profitieren. Und Renault die Schwäche in der Oberklasse kompensieren.

Riesenpotenzial bei Nutzfahrzeugen

Bei den leichten Nutzfahrzeugen kooperieren Renault und FCA schon seit 2014. Stand 2017, kämen beide inklusive Renault-Partner Nissan auf einen Europa-Marktanteil von rund 25 Prozent. Fiat spannt aber auch mit dem französischen Mitbewerber PSA zusammen: Blieben dessen Marken Citroën, Opel und Peugeot auch künftig mit im Boot, käme bald jedes zweite leichte Nutzfahrzeug in Europa aus dieser Kooperation. Ein Rückschlag für VW und Ford, die gerade in diesem Bereich eine Zusammenarbeit angekündigt haben.

Technologisch braucht FCA Anschub

Beim Thema Technologie wird klar, warum FCA die Fusionsinitiative ergriffen hat: Renault und Nissan haben bereits ein System für pilotiertes Fahren als Vorstufe zu autonomen Fahrzeugen, während Chrysler nur als Juniorpartner von Google-Tochter Waymo Vans für einen Praxistest zum autonomen Fahren beisteuert. Ähnlich bei der Elektromobilität: Nissans Elektromodell Leaf ist längst in zweiter Generation auf dem Markt; Renaults neuer Zoe wird bald folgen. 48-Volt-Hybridisierung, Hybridtechnologie, E-Fahrzeuge mit Benziner zur Reichweitenverlängerung – alles im Teileregal.

Nur bei der Wasserstoff-Brennstoffzelle haben sich beide im letzten Jahr zurückgezogen, um voll auf batterieelektrische Fahrzeuge zu setzen. FCA hat dagegen den Trend zu alternativen Antrieben nahezu verschlafen. Hybride oder Elektromodelle? Noch Fehlanzeige. Immerhin: Bei Alfa und Jeep sollen künftig Plug-in-Hybride zum Laden an der Steckdose kommen; Prototypen wurden im März am Genfer Autosalon gezeigt. Und Fiat bedient den kleinen Markt der Erdgasautos, die mit Biogas CO2-neutral fahren können.

Beide profitieren – aber Fiat ein bisschen mehr

Fiat Chrysler könnte mit der Fusion viele Defizite ausgleichen. Für Renault bringen die Gespräche strategische Vorteile: Schon vom Ex-CEO von Renault und Nissan, Carlos Ghosn (ausgeschieden wegen des Vorwurfs der Untreue), wurde immer wieder eine Fusion anstelle blosser Kooperation beider Konzerne angedacht. Zuletzt lehnte Nissan vehement ab – Renault beansprucht die Führung, bringt aber nur ein Drittel der Verkaufszahlen beider Unternehmen. Eine Fusion mit FCA könnte für Renault der Plan B sein, um mehr Gewicht zu haben. Oder: Fusionsgespräche mit FCA könnten bereits ausreichen, um Nissan zum Einlenken zu bewegen. Eine Win-win-Situation für Renault.

Was wird aus der Allianz mit Nissan?

Doch noch ist offen, wie es mit der Allianz von Renault, Nissan und Mitsubishi weitergeht. Alle drei sind derzeit nur per Aktientausch verbandelt; die Unternehmen agieren weiterhin selbständig. Bleibt die Allianz auch bei einem Zusammenschluss bestehen? Oder entsteht gar ein Giga-Gigant der Autobranche unter Einbeziehung aller beteiligten Marken?

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