Noch vor wenigen Jahren hielt sich das Interesse am Rohstoff Lithium in engen Grenzen. Heute ist das Alkalimetall bei modernen Elektroautos unersetzlich. Je nach Akkugrösse stecken zwischen zehn und 20 Kilogramm des «weissen Goldes» in jedem einzelnen Stromer. Gegenwärtig werden jährlich mehr als 130'000 Tonnen Lithium verarbeitet. Experten rechnen damit, dass sich der Bedarf in den kommenden fünf Jahren verdreifachen wird und auch danach rasant weiter steigt.
Genauso essenziell Lithium ist, so umstritten sind die heutigen Abbaumethoden. Besonders die Gewinnung in den Salzwüsten Südamerikas steht immer wieder in der Kritik (auch interessant: Wie schädlich ist Lithium wirklich?). Ausserdem bereitet die Abhängigkeit von China westlichen Expertinnen und Wirtschaftsvertretern zunehmend Sorgen – sowohl bei der Erzgewinnung als auch der Weiterverarbeitung in Raffinerien hat China heute quasi eine Monopolstellung inne.
Abermillionen Tonnen Lithium
Doch diese Monopolstellung könnte schon bald ein Ende haben. In den USA haben Geologen in der «McDermitt-Caldera», einem riesigen Krater in der Erdoberfläche an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Nevada und Oregon, gigantische Lithiumvorkommen entdeckt, die während des Ausbruchs eines Super-Vulkans vor rund 16 Millionen Jahren entstanden sein sollen. Vorsichtige Schätzungen gehen von Mengen in einer Grössenordnung zwischen 20 und 40 Millionen Tonnen Lithium aus. Dem Bericht im Fachmagazin Science Advances zufolge könnten aber auch bis zu 120 Millionen Tonnen des begehrten Rohstoffs in der menschenleeren Gegend im Nordwesten der USA unter der Erde schlummern.
Zum Vergleich: Die grössten Vorkommen liegen laut US-Wissenschaftsbehörde USGS bisher in Bolivien (21 Mio. Tonnen), Argentinien (19 Mio.) und Chile (9,8 Mio). Überraschend: Nicht etwa in Bolivien oder Argentinien, sondern in Australien wurde 2022 das meiste Lithium abgebaut: 61'000 Tonnen – fast die Hälfte der weltweit geförderten Menge. Danach folgen als grösste Produzenten Chile (39'000 t), China (19'000 t) und Argentinien (6200 t). Die Menge aus der McDermitt-Caldera würde reichen, um damit – nach heutigem Stand – Milliarden von Elektroautos zu produzieren – ein Mangel an Lithium wäre damit auf absehbare Zeit vom Tisch.
Lithium für 50 Jahre
Ausserdem muss das Lithium nicht wie in Südamerika als lithiumhaltiges Salzwasser an die Oberfläche gepumpt, in grossen Becken verdunstet und anschliessend die verbleibende Salzlösung zu weissem Carbonat – deshalb der Name «Weisses Gold» – weiterverarbeitet werden. In Nevada und Oregon soll es sich hingegen hochkonzentriert in Tonerde und in flachen Lagerstätten befinden – die Tonschichten müssen lediglich mit Baggern abgeschürft, in Wasser gelöst und mit Schwefelsäure behandelt werden. Aus der entstehenden Sole wird schliesslich die fast reine Lithiumlösung entnommen.
Im März hat das Bergbauunternehmen Lithium Americas mit den Vorbereitungen für die Errichtung des riesigen Tagebaus im McDermitt-Caldera begonnen – ungeachtet des Protests von Umweltschützern und Anwohnerinnen. Der US-Autokonzern General Motors hat umgerechnet rund 550 Millionen Franken in das Projekt investiert und sich auf diese Weise über Jahre hinaus exklusiven Zugriff auf das im Norden Nevadas geförderte Lithium gesichert. Insgesamt soll das Bergwerk knapp 50 Jahre Lithiumkarbonat als Rohstoff für Batterien produzieren.