Die Corona-Pandemie hat die Fahrzeugproduktion und den Autohandel fast zum Erliegen gebracht. Die PW-Verkäufe sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um über 34 Prozent zurückgegangen. Doch wie siehts bei den leichten Nutzfahrzeugen (z.B. Ford Transit, Iveco Daily, Mercedes Sprinter oder VW Crafter) aus? Oft heissts: Verkaufen sich diese schlecht, gehts auch der Gesamtwirtschaft mies. Wenn das Gewerbe keine Aufträge erwartet, kauft es auch keine neuen Fahrzeuge.
Doch Ronald Ziegler, Head of Van Business bei MAN Truck & Bus, sagt: «Ganz so düster siehts nicht aus.» Der Gesamtmarkt der leichten Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen liegt zwar nach den ersten fünf Verkaufsmonaten dieses Jahres gegenüber Vorjahr ebenfalls im Minus – aber «nur» mit 23 Prozent. Und was Ziegler freut: Seine Marke MAN mit dem Modell TGE hat trotz rückläufigem Gesamtmarkt um 30 Prozent zugelegt und den Marktanteil von 2,1 auf 3,5 Prozent gesteigert.
BLICK: Herr Ziegler, warum ist MAN als Newcomer bei den leichten Nutzfahrzeugen auf Anhieb so erfolgreich?
Ronald Ziegler: Wir sind jetzt zum Vollsortimenter avanciert und bieten von 3,0 bis 44 Tonnen in jeder Gewichtsklasse passende Nutzfahrzeuge an. Wir hatten zuvor schon viele Kunden, die auch leichte Nutzfahrzeuge in ihrem Fuhrpark hatten und nun schätzen, ihre ganze Palette von nur noch einem Anbieter abdecken zu lassen.
Aber in diesem Segment hat bestimmt niemand auf MAN gewartet?
Richtig, der Wettbewerb ist hart. Dennoch haben wir uns in den gut 1000 Tagen auf dem Markt in den Top Ten etabliert. Beispielsweise vor Nissan und Opel und nur noch wenige Einheiten hinter Peugeot/Citroën. Dabei profitieren wir von unserem langjährigen, stabilen Vertriebsnetz. Unsere Händler sind nah an ihren Kunden und dem Markt dran und können individuell auf die vielfältigen Kundenwünsche eingehen.
Bei den PW scheint sich die E-Mobilität langsam zu etablieren. Und bei den leichten Nutzfahrzeugen?
Wir beobachten ebenfalls eine leichte Zunahme. MAN ist seit Ende 2018 mit dem eTGE auf dem Schweizer Markt. Wir haben bei über 500 potenziellen E-Mobilitäts-Kunden deren genaue Bedürfnisse abgeklärt. Wir finden, fast ebenso wichtig wie das Elektrofahrzeug selbst ist die Beratung und Begleitung der Kunden auf dem Weg zur Elektrifizierung ihrer Fuhrparks.
Für wen kommt den ein elektrischer Transporter in Frage?
Wir analysieren kostenlos mit dem Kunden den Einsatzzweck der Fahrzeuge innerhalb der geografischen Region, das Stromnetz vor Ort, die Lademöglichkeiten und die Ladeinfrastruktur und natürlich die konkrete Berechnung des Business Case – also ab wann sich die Umstellung auf E-Mobilität rechnet. Man muss sich das jeweils im Einzelfall anschauen, generell lässt sich das nicht definieren. Die Schweizer Post haben wir so beispielsweise beraten.
Wie stehts mit Alternativantrieben wie Erdgas oder Wasserstoff?
Erdgas ist zwar spannend, es fehlt aber für unsere Bedürfnisse noch eine entsprechend breite Tankstelleninfrastuktur. Wasserstoff wird sicher für lange Tagesdistanzen seine Berechtigung haben. Nur ist dessen Gesamtenergiebilanz noch nicht so gut wie bei akkubetriebenen E-Nutzfahrzeugen. Bei Letzteren liegt der Wirkungsgrad zwischen 65 und 75 Prozent, derjenige von Wasserstoff-Nutzfahrzeugen dagegen erst zwischen 20 und 30 Prozent.
Und wann wird MAN seine ersten Päckli-Transporter autonom in die Innenstädte schicken?
Autonomes Fahren wird auch für unsere Sparte kommen. Erste Tests laufen. Aber übers Tempo der Umsetzung werden vor allem die gesetzgeberischen und politischen Rahmenbedingungen entscheiden.