Interview mit Walter Frey, Verwaltungsratspräsident der Emil Frey Gruppe
«Es dreht sich schlussendlich alles ums Vertrauen»

Walter Frey, seit beinahe 55 Jahren Chef der Emil Frey Gruppe und für sein beharrliches Schweigen in Sachen Familienfirma so bekannt wie berüchtigt, beantwortet uns für einmal in seiner Zentrale in Zürich-Altstetten geduldig alle Fragen – zumindest fast alle.
Publiziert: 29.12.2024 um 10:26 Uhr
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Aktualisiert: 30.12.2024 um 11:19 Uhr
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Vor 100 Jahren legte Emil Frey mit der Eröffnung seiner Reparaturwerkstatt in Zürich den Grundstein der heutigen Emil Frey Gruppe. Auf dem Türschild stand damals: Emil Frey, Mechaniker.
Foto: Zvg

Auf einen Blick

  • Walter Frey führt Emil Frey Gruppe seit 1969 erfolgreich
  • Frey-Gruppe arbeitet mit mehr Automarken als jeder andere europäische Händler
  • Gruppe beschäftigt 26'000 Mitarbeiter, davon etwa 2000 Lehrlinge
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Dirk Ruschmann

Dass der 81-jährige Patron eines seiner raren Interviews gibt, liegt am Jubiläum, das die Firmengruppe dieses Jahr feierte. Seit 100 Jahren besteht die Familienfirma, nur zwei Chefs gab es in dieser Zeit: Gründer Emil (1898–1995) und Sohn Walter. In solchen Zeiten schaut man gern zurück auf das, was war – und das, was ist und was in Zukunft noch sein mag.

Walter Frey hat die Gruppe zur heutigen Grösse entwickelt, seit er 1969 vom Vater die Chefrolle übernahm und ihm 1975 schliesslich das Unternehmen abkaufte. Die Zahlen verschweigt er zwar beharrlich, aber die Schätzung, wonach die Umsätze an der Schwelle von 18 Milliarden Franken kratzen, stellt er nicht in Abrede. Drei Viertel des Umsatzes werden im Ausland erwirtschaftet, rund 26'000 Mitarbeiter beschäftigt die Gruppe mittlerweile, davon dürften 2000 Lehrlinge sein. Die Frey-Gruppe arbeitet mit mehr Marken als jeder andere Autohändler in Europa und hat zudem zahlreiche Importeurs-Verträge, die rentabler sind als reine Handelsvertretungen. In der Schweizer Autobranche rangiert Emil Frey hinter dem VW-Konzernimporteur Amag auf dem zweiten Rang – mit geschätzten vier Milliarden Franken Umsatz, 60 Garagen und mehr als 4000 Mitarbeitern.

Herr Frey, Sie haben 1969 die Chefrolle im Familienbetrieb übernommen. Staunen Sie heute, wie gross die Gruppe geworden ist?
Walter Frey: Ja, da bin ich ab und zu selbst überrascht, wenn ich die Dimensionen anschaue. Das hatte ich mir nicht zum Ziel gesetzt, sondern es ist so gekommen. Damals konnte ich mir das nicht vorstellen.

Die Gruppe ist enorm divers, in Europa mit Abstand die am breitesten aufgestellte. 56 vertretene Import- und Retailmarken, 600 Garagen, pro Jahr rund 600'000 verkaufte Autos.
Ja, es ist schon einige Arbeit, um den Überblick zu behalten. Ich bin bei den Budgetsitzungen der einzelnen Firmen noch selbst anwesend, das gibt mir die Gelegenheit, die Leistung der Firmen im abgelaufenen Jahr und zugleich die Zukunftsperspektiven anzuschauen. Zudem lerne ich die Firmen und die Führungskräfte immer eins zu eins einmal im Jahr kennen. Das hilft sehr. Aber ich habe selbstverständlich auch Informationstools. Ich erhalte von den Importgesellschaften einen täglichen Überblick über die bestellten Fahrzeuge in den Werken, die gestellten Rechnungen, Ablieferungen im Markt und über den Lagerbestand. Es ist meine Aufgabe, informiert zu bleiben, und ich versuche sie nach besten Kräften wahrzunehmen.

Für diese Budgetsitzungen wenden Sie pro Jahr bis zu acht Wochen auf.
Etwa sechs bis acht Wochen. Wir haben es jetzt ein bisschen zusammengerafft. Und meine Kinder, der CEO, der Finanzchef und die Länderverantwortlichen machen die Hauptarbeit.

Artikel aus der «Bilanz»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

Stossen Sie inzwischen manchmal auf Widerstand der Hersteller, dass die sagen: Du musst nicht noch grösser werden?
Nicht, was den Import betrifft. Dieses Geschäft geht ja über ganze Länder. Aber wenn ich als Händler schon einige Vertretungen eines Herstellers habe, ist es schon möglich, dass der sagt, wir möchten dich als Kunden nicht zu schwer werden lassen. Das habe ich schon erlebt.

Diese Hersteller möchten Sie aber nicht nennen?
Nein. Ich bin gut gefahren, indem ich das Wissen manchmal für mich behalten habe.

Bisweilen verkaufen Sie direkte Konkurrenten wie Mercedes und BMW im selben Land als Händler. Wohl nicht ganz einfach?
Es dreht sich schlussendlich alles um Vertrauen. Einer der Gründe, warum ich öffentlich so zurückhaltend bin, ist: Ich möchte, dass die Hersteller das Vertrauen nicht verlieren, weil ich sehr stark vom Vertrauen der Hersteller abhänge. Jede Marke wird verkaufs- und marketingmässig getrennt geführt. Und wenn bei einer Marke irgendetwas passiert, und ich würde das kommentieren – das wäre nicht hilfreich. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum ich so lange dabei bin. Vertrauen hat man durchaus in eine Institution, aber man möchte gerade bei einem Dienstleistungsunternehmen wissen, wie das geführt ist. Das geht ganz klar über Personen.

Zur Person: Walter Frey

Walter Frey ist am 30. Juli 1943 in Zürich geboren. Schon am 1. Januar 1967 trat er vollamtlich in die Emil Frey AG ein und bricht dafür sein Studium ab. Bereits zwei Jahre später übernimmt der begeisterte Rennfahrer (u.a. Sportwagen-WM) die Geschäftsführung und wird Delegierter des Verwaltungsrats. 1971 wagt Unternehmer Frey den ersten Schritt ins Ausland und wird Toyota-Importeur in Frankreich. Neben seiner Unternehmerkarriere ist Frey auch politisch aktiv. Von 1981 bis 2001 als Nationalrat und von 1987 bis 2001 als Präsident der Stadtzürcher SVP. Heute ist er Verwaltungsratspräsident der Emil Frey AG sowie Präsident des Eishockeyclubs ZSC Lions. Walter Frey ist verheiratet, wohnt in Küsnacht ZH und hat drei Kinder.

Walter Frey ist auch Präsident des Eishockeyclubs ZSC Lions.
Pius Koller

Walter Frey ist am 30. Juli 1943 in Zürich geboren. Schon am 1. Januar 1967 trat er vollamtlich in die Emil Frey AG ein und bricht dafür sein Studium ab. Bereits zwei Jahre später übernimmt der begeisterte Rennfahrer (u.a. Sportwagen-WM) die Geschäftsführung und wird Delegierter des Verwaltungsrats. 1971 wagt Unternehmer Frey den ersten Schritt ins Ausland und wird Toyota-Importeur in Frankreich. Neben seiner Unternehmerkarriere ist Frey auch politisch aktiv. Von 1981 bis 2001 als Nationalrat und von 1987 bis 2001 als Präsident der Stadtzürcher SVP. Heute ist er Verwaltungsratspräsident der Emil Frey AG sowie Präsident des Eishockeyclubs ZSC Lions. Walter Frey ist verheiratet, wohnt in Küsnacht ZH und hat drei Kinder.

Wie gestalten Sie Ihre Arbeitswoche – kommen Sie jeden Tag ins Büro?
Es ist sehr einfach. Ich komme jeden Tag ins Büro. Also bis auf Samstag und Sonntag, die halte ich frei für meine Familie und für Freizeitaktivitäten.

Sie sind 81 Jahre alt. Da darf man, ohne unhöflich zu sein, fragen: Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie Sie Ihre Nachfolge einmal regeln wollen?
Das Wichtigste sind eine gute Geschäftsleitung und gute Mitarbeiter. Ich bin sehr froh, dass zwei meiner Kinder bereits seit Jahren in der Geschäftsleitung sind. Dass die das sehr gut und auch mit Motivation machen, das freut mich.

Was dürfte sich ändern?
Das müssen Sie die Kinder fragen. Ich möchte dem Verwaltungsrat und den Kindern nicht vorgreifen. Die Kinder werden künftig je ein Drittel Aktien halten. So ist es abgemacht und vertraglich besiegelt.

Kathrin, Ihre älteste Tochter, ist in der Geschäftsleitung stark engagiert.
Ja, sie, Lorenz und die weiteren Geschäftsleitungsmitglieder helfen dem CEO Gerhard Schürmann, die Firma zu führen.

Aber welche Aufgaben die beiden später übernehmen, ist noch unklar?
Welche Aufgaben sie heute haben, ist klar. Und der Verwaltungsrat wird dafür verantwortlich sein, wie zukünftig die Zuständigkeiten verteilt werden. Meine Leute übernehmen generell sehr viel Verantwortung. Das Wichtigste ist, dass die Leute eine gute Motivation haben und die Absichten des Chefs kennen. Dann ihre Fähigkeiten einbringen, um selber ein wenig unternehmerisch tätig zu sein. Denn eine Gruppe wie unsere kann man nicht zentral führen, oder alleine. Da braucht es viele, viele Chefs. Es ist etwas ganz anderes, ob Sie Automobile verkaufen in Deutschland, Frankreich, Holland, Belgien oder in Polen.

Wir halten folglich zum Thema Nachfolge fest: Sie haben noch Lust und machen weiter!
Es kommt nicht alleine auf die Lust an. Aber ich gebe zu, ich gehe nicht ungern ins Büro. Man hat natürlich auch eine Aufgabe. Da geht es um die Sache und die Mitarbeiter. Der Chef oder der Aktionär kommt hintendran. So habe ich immer versucht, die Firma zu führen. Es ist möglich, dass ich noch da sein muss, aber die operationelle Führung macht der CEO Gerhard Schürmann mit seinem Team. Ich bin nur im Hintergrund derjenige, der sich ab und zu einmal räuspert.

Sich räuspert …
Ausser natürlich bei den Budgetbesprechungen. Da erlaube ich mir, im Detail dabei zu sein.

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