Interview mit Porsche-Chef Oliver Blume
«Der 911er fährt noch lange mit Benzin»

Bei Porsche steht die Frankfurter IAA ganz im Zeichen der Premiere des elektrischen Taycan. SonntagsBlick sprach exklusiv mit dem Porsche-Vorstandsvorsitzenden Oliver Blume über einen Elektro-911er und die Bedeutung des Benzinantriebs für die Marke.
Publiziert: 22.09.2019 um 09:04 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2020 um 15:25 Uhr
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Mit dem ersten Elektro-Porsche, dem Taycan, fährt der Vorstandsvorsitzende Oliver Blume die Traditionsmarke in die Zukunft.
Foto: Werk
Interview: Martin A. Bartholdi

Herr Blume, den elektrischen Taycan gibts als Turbo und Turbo S. Aber Elektroautos haben gar keine Turbolader.
Oliver Blume:
Wir haben uns das genau überlegt. Der Begriff Turbo gehört seit Jahrzehnten zu Porsche. Unsere Kunden wissen, dass der Turbo S immer die stärkste Porsche-Version ist. Auch beim Taycan bleiben wir bei dieser bewährten Nomenklatur. Abgesehen davon ist der Begriff im deutschen Sprachgebrauch auch aus dem Sport bekannt. Wenn ein Leichtathlet auf den letzten Metern nochmals richtig anzieht, sagen wir, dass er den Turbo einlegt.

Elektro nur für Europa und China?

Bei Porsche hat der Benzinmotor einen festen Platz in der Antriebsstrategie. «Der Benziner wird noch emotionaler. Dazu kommen der E-Antrieb und der Plug-in-Hybrid als Performance-Antrieb und nicht als Verzichtsfahrzeug», erklärt der Vorstandsvorsitzende Oliver Blume. Besonders breit wird der Spagat für den Macan (Bild). Er wird nach der Taycan-Variante Cross Turismo der nächste E-Porsche und weiterhin auch als Benziner erhältlich sein. «Die Elektromobilität entwickelt sich unterschiedlich in den verschiedenen Weltregionen, sei es bei der Infrastruktur, der staatlichen Förderung oder der Affinität zu E-Autos», erklärt Blume. «Dem tragen wir Rechnung, indem wir den Macan in einigen Regionen weiterhin als Benziner anbieten.» Das dürfte die ganze Welt ausser China und Europa sein, weil da die Vorschriften in den nächsten Jahren ohne E-Autos nicht einzuhalten sind.

Porsche Macan
Porsche Macan
Werk

Bei Porsche hat der Benzinmotor einen festen Platz in der Antriebsstrategie. «Der Benziner wird noch emotionaler. Dazu kommen der E-Antrieb und der Plug-in-Hybrid als Performance-Antrieb und nicht als Verzichtsfahrzeug», erklärt der Vorstandsvorsitzende Oliver Blume. Besonders breit wird der Spagat für den Macan (Bild). Er wird nach der Taycan-Variante Cross Turismo der nächste E-Porsche und weiterhin auch als Benziner erhältlich sein. «Die Elektromobilität entwickelt sich unterschiedlich in den verschiedenen Weltregionen, sei es bei der Infrastruktur, der staatlichen Förderung oder der Affinität zu E-Autos», erklärt Blume. «Dem tragen wir Rechnung, indem wir den Macan in einigen Regionen weiterhin als Benziner anbieten.» Das dürfte die ganze Welt ausser China und Europa sein, weil da die Vorschriften in den nächsten Jahren ohne E-Autos nicht einzuhalten sind.

Und jetzt legt der Taycan bei den E-Autos den Turbo ein?
(lacht) Das ist unser Anspruch. Sie können sicher sein, dass auch ein Porsche-Elektrosportwagen 100 Prozent Porsche ist. Ein Taycan muss sich vor allem sportlich wie ein 911 fahren. Die Elektromobilität passt sehr gut zu Porsche. Das sieht man beim Taycan an der hohen Beschleunigung und exzellenten Fahrdynamik.

Wieso ist der erste Elektro-Porsche eine viertürige Limousine und kein zweitüriger Sportler? Brauchen Sie den Platz für die Batterie?
Das war nicht ausschlaggebend. Wir haben uns mit dem Taycan bewusst für ein Segment entschieden, in dem unsere Marke bislang noch nicht vertreten war und wo wir grosses Potenzial sehen. Wichtig war uns, das Fahrzeug sehr sportlich zu positionieren. Dabei spielt unter anderem die Aerodynamik eine Rolle, was wiederum die Reichweite positiv beeinflusst. Durch die flach verbaute Batterie liegt der Fahrzeugschwerpunkt im Taycan noch niedriger als im 911, dementsprechend tief sitzt der Fahrer. Das bringt Vorteile bei der Fahrdynamik mit sich und macht den Taycan zu einem echten Elektro-Sportler.

Wird es eines Tages auch einen elektrischen 911er geben?
Wir wollen in Zukunft in jedem Segment neben attraktiven Plug-in-Hybrid-Modellen Autos mit optimierten Verbrennungsmotoren und vollelektrisch betriebene Sportwagen parallel anbieten. Einen reinen Elektroantrieb für den Elfer sehe ich nicht. Unsere Ikone wird noch lange mit einem Verbrennungsmotor unterwegs sein. Wir haben die Plattform so konzipiert, dass wir den 911 als Hybrid anbieten können, warten aber die nächste Evolutionsstufe bei den Batterien ab.

Welche Rolle spielt Porsche in der Elektrostrategie des VW-Konzerns?
Wir sehen uns als Speerspitze. Schon seit längerer Zeit ist die Nachhaltigkeit eine ganz wichtige Säule unserer Unternehmensstrategie. Mit dem Taycan kommt nun ein Fahrzeug auf den Markt, das nicht nur umweltfreundlich fährt, sondern auch in unserer neu errichteten Fabrik komplett CO2-neutral produziert wird. Wir sehen den Taycan als Technologieträger und haben viele Innovationen reingepackt, die in diesem Segment auch finanzierbar sind. Deshalb ist es sicher einfacher, im Premiumsegment mit der Elektromobilität zu starten. Später übertragen wir diese Innovationen auf Volumensegmente.

Gäbe es einen Elektro-Porsche ohne die strengeren CO2-Vorschriften nächstes Jahr?
Schon bevor die Diskussionen um die Zukunft des Dieselmotors und den Klimaschutz aufkamen, haben wir die Weichen in Richtung Elektromobilität gestellt. Insofern ist die Nachhaltigkeit eine ganz wichtige Säule in unserer Unternehmensstrategie. Wir nehmen unsere Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt ernst. Als Sportwagenhersteller wollen wir in der Lage sein, die CO2-Ziele eigenständig zu erreichen. Vor einigen Jahren wäre das noch undenkbar gewesen. Mittlerweile bin ich zuversichtlich, dass wir die CO2-Ziele bis 2030 sogar übererfüllen können.

Blume Persönlich

Nach seinem Maschinenbau-Studium wurde der am 6. Juni 1968 in Braunschweig (D) geborene Oliver Blume ins internationale Traineeprogramm der Audi AG aufgenommen. 1996 startete er als Planer im Karosseriebau/Lackiererei und übernahm 1999 die Leitung Karosseriebau des A3. 2001 promovierte er an der Tongji Universität in Shanghai zum «Doctor of Engineering» und wurde Vorstandsassistent Produktion bei Audi. Nach fünf Jahren bei Seat in Spanien wechselte Blume 2009 als Leiter Produktionsplanung zu VW. 2013 wurde er zum Mitglied des Vorstands der Porsche AG berufen und übernahm 2015 den Vorsitz. Oliver Blume ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Nach seinem Maschinenbau-Studium wurde der am 6. Juni 1968 in Braunschweig (D) geborene Oliver Blume ins internationale Traineeprogramm der Audi AG aufgenommen. 1996 startete er als Planer im Karosseriebau/Lackiererei und übernahm 1999 die Leitung Karosseriebau des A3. 2001 promovierte er an der Tongji Universität in Shanghai zum «Doctor of Engineering» und wurde Vorstandsassistent Produktion bei Audi. Nach fünf Jahren bei Seat in Spanien wechselte Blume 2009 als Leiter Produktionsplanung zu VW. 2013 wurde er zum Mitglied des Vorstands der Porsche AG berufen und übernahm 2015 den Vorsitz. Oliver Blume ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Demzufolge erreichen Sie mit dem Taycan genug Stückzahlen, um die Sportwagen und SUVs in der CO2-Rechnung zu kompensieren?
Die Nachfrage war schon vor der offiziellen Weltpremiere hoch. Dieser Vertrauensvorschuss freut uns sehr, da die Kunden das Fahrzeug noch gar nicht gesehen hatten. Wir sind optimistisch, dass der Taycan und die Elektromobilität für Porsche eine echte Erfolgsgeschichte werden. Dabei stehen wir noch am Anfang und haben viel Entwicklungspotenzial. Allein bis 2022 investieren wir mehr als sechs Milliarden Euro in Zukunftsprojekte – darunter weitere Elektromodelle. So erreichen wir im gesamten Mix unsere Ziele.

Zu diesem Mix gehören weiterhin Sechszylinder-Boxer-Saugmotoren. Einen neuen haben Sie gerade für den Cayman GT4 entwickelt. Lohnen sich solche Invests noch?
Unbedingt. Neben der Elektromobilität und Modellen wie 911 oder Cayenne Coupé sind solche Image-Produkte für uns ganz wichtig. Sie tragen unsere Tradition ins nächste Jahrzehnt. Dazu gehören auch die GT-Fahrzeuge, die eng an den Motorsport angelehnt sind. Sie sind das Herz von Porsche, das es immer geben wird.

Porsche hat letztes Jahr rund 250’000 Fahrzeuge verkauft. Wie exklusiv ist Ihre Marke bei dieser Menge noch?
Die gute Entwicklung unseres Absatzes ist die Konsequenz einer gelungenen Produktstrategie. Wichtig ist, dass wir jedem Kunden ein massgeschneidertes Auto liefern. Jeder 911, der bei uns vom Band läuft, ist einzigartig. Das wird auch in der Zukunft so bleiben. Wir gehen auf alle Wünsche der Kunden ein, das macht Exklusivität und die Marke Porsche aus.

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