Erste Fahrt im Bentley Flying Spur V8
Dieser Verzicht macht Laune

Bentley erweitert den Luxuskreuzer Flying Spur um die Variante mit «kleinem» V8-Biturbo-Motor. Und wie schon beim Continental erweist sich dieser als leichtfüssigere Alternative zum grossen W12-Flaggschiff.
Publiziert: 01.01.2021 um 07:30 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2021 um 18:15 Uhr
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Respekteinflössend sieht unser goldener Bentley Flying Spur-Testwagen ...
Foto: Richard Pardon
Raoul Schwinnen

Respekteinflössend sieht unser goldener Flying Spur mit seinen riesigen schwarzen 22-Zoll-Rädern aus. Kein Wunder, lässt sich gerne auch die Queen in Bentleys chauffieren. Doch wir wollen uns nicht chauffieren lassen, sondern am Lenkrad des Testwagens selbst herausfinden, was die neue V8-Variante taugt. In Zeiten von E-Mobilität und Plug-in-Hybrid-Technik bedeutet die Wahl des neuen Vierliter-V8 statt dem grossen Sechsliter-W12 immerhin ein kleines Schrittchen Richtung Vernunft.

Doch schwachbrüstig ist der Flying Spur V8 beileibe nicht. 550 PS sind zwar 85 PS weniger als beim W12. Weil der V8-Biturbo aber auch rund 100 Kilo leichter ist, sprintet er dank 770 Nm Drehmoment dennoch äusserst leichtfüssig in nur 4,1 Sekunden auf Tempo 100 (W12: 3,8 s) und weiter bis 318 km/h Spitze (W12: 333 km/h). Das ganze dezent untermalt von einem satten, aber nie aufdringlichen Motorenklang.

Weniger Gewicht und Allradlenkung

Leichtfüssig mag für eine 5,32 Meter lange, über zwei Meter breite und 2,3 Tonnen schwere Limousine etwas befremdend klingen, doch der Eindruck stimmt tatsächlich. Man spürt, dass sich der Flying Spur die Plattform mit dem Porsche Panamera teilt – mit der Hinterachslenkung dirigieren wir die stattliche Allrad-Limousine deutlich wendiger durch die Stadt oder über enge Passstrassen. Und bei flotterem Kurventempo verhilft die mitlenkende Hinterachse zu (noch) mehr Stabilität.

Zylinderabschaltung hilft sparen

Man könnte also auch mit dem Flying Spur V8 spurten, wenn man wollte. Doch eigentlich verführt uns seine adaptive Luftfederung und die unaufgeregt schaltende Achtgang-Automatik eher zu komfortablem und unaufgeregtem Dahingleiten. Und da spielt der Achtzylinder eine weitere Stärke aus – die automatische Zylinderabschaltung. Innerhalb von 20 Millisekunden verabschieden sich beim Dahinrollen die Kammern zwei, drei, fünf und acht. Gibt man aber wieder Gas, springen die «ruhenden» Zylinder sofort wieder an. Für den Fahrer ist vom ganzen Spiel nichts zu spüren – erst später an der Tankstelle. Bentley gibt einen WLTP-Schnitt von 12,7 Liter für den Allrad-V8 an. Wir kamen auf unserer kurzen Testfahrt bei Schnee und Kälte auf 13,3 Liter. Also immer noch 1,5 Liter unter dem WLTP-Wert, den Bentley als Verbrauch für den grossen W12 angibt.

Statement der klassischen Eleganz

Das wärs eigentlich schon fast mit den Unterschieden: Im Innenraum sind der V8 (ab 206’600 Franken) und der W12 (ab 240’000 Franken) identisch. Auch im «Kleinen» gibts viel Luxus mit viel Holz, feinstem Leder, Sichtkarbon und soliden Chromschaltern. Dazu natürlich das rotierende Display im Cockpit sowie ein modernes Infotainmentsystem mit Verkehrszeichenerkennung, die allerdings nicht immer ganz zuverlässig arbeitet. Aber diesen Bentley kauft man vermutlich nicht, weil man die neueste Infotainment-Technik an Bord haben will. Ein Flying Spur ist ein Statement der klassischen Eleganz. Auch als V8 statt W12.

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