Elektromobilität im Rennsport
Technologietransfer für E-Autos auf der Strasse?

Letzten Monat gewann Audi die Dakar-Rallye mit einem E-Boliden. Und in der Langstrecken-WM setzen immer mehr Hersteller auf die Hybrid-Technik. Doch was bringen diese Elektro-Engagements für Alltags-Stromer?
Publiziert: 23.02.2024 um 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2024 um 11:23 Uhr
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Vor gut einem Monat gewann Audi im dritten Anlauf endlich die härteste Rallye der Welt – die Marathonrallye Paris–Dakar.
Foto: Audi Communications Motorsport
Stefan Grundhoff und Raoul Schwinnen

Audi holte sich im dritten Anlauf den heiss ersehnten Sieg bei der härtesten Rallye der Welt – der Paris–Dakar. Nach zwei Pleiten in den Jahren 2022 und 2023 sicherte sich die spanische Werkspaarung Carlos Sainz Senior/Lucas Cruz nach rund 7900 Kilometern den ersten Dakar-Sieg im elektrischen Audi RS Q E-Tron. Speziell an Audis Mischung aus Geländewagen und Baja-Buggy: Nebst der Hochvoltbatterie an Bord wird der Strom auch von einem Benzinmotor aus einem früheren DTM-Rennauto erzeugt. Der Energiewandler wird mit reststoffbasiertem Benzin betrieben und soll so 60 Prozent CO₂-Emissionen gegenüber konventionellem Sprit einsparen.

Technik von Audis Dakar-Bolide ist nichts Neues

Was auf den ersten Blick revolutionär erscheinen mag, ist im Prinzip ein alter Hut. Audis Range-Extender-Technik beim Dakar-Siegerfahrzeug RS Q E-Tron gibts und gabs ähnlich schon für Serienautos. So verwendet Mazda für seinen MX-30 e-Skyactiv R-EV aktuell ein ähnlich funktionierendes System. Bei den Japanern fungiert aber ein 830 ccm grosser Wankelbenziner mit 75 PS (55 kW) als Range Extender, der die Batterie zusätzlich speist. Die Räder des Mazda werden ausschliesslich vom Elektromotor angetrieben, der Kreiskolbenmotor sorgt nur für Strom in der Batterie – und damit für zusätzliche Reichweite.

Auch BMW hatte schon vor Jahren beim Start seines inzwischen bereits wieder eingestellten Stromers i3 Varianten mit Ranger Extender im Angebot. Bei den Münchnern sorgte damals ein zusätzlicher Töffmotor für mehr Reichweite. Doch mit den immer effizienter werdenden Batterien mit Reichweiten von inzwischen gegen 700 Kilometer wurde die Range-Extender-Technik für Grossserien-Elektrofahrzeuge hinfällig.

Mazda nutzt beim MX-30 e-Skyactiv R-EV einen zusätzlichen Wankelmotor als Stromgenerator.
zVg

Was auf den ersten Blick revolutionär erscheinen mag, ist im Prinzip ein alter Hut. Audis Range-Extender-Technik beim Dakar-Siegerfahrzeug RS Q E-Tron gibts und gabs ähnlich schon für Serienautos. So verwendet Mazda für seinen MX-30 e-Skyactiv R-EV aktuell ein ähnlich funktionierendes System. Bei den Japanern fungiert aber ein 830 ccm grosser Wankelbenziner mit 75 PS (55 kW) als Range Extender, der die Batterie zusätzlich speist. Die Räder des Mazda werden ausschliesslich vom Elektromotor angetrieben, der Kreiskolbenmotor sorgt nur für Strom in der Batterie – und damit für zusätzliche Reichweite.

Auch BMW hatte schon vor Jahren beim Start seines inzwischen bereits wieder eingestellten Stromers i3 Varianten mit Ranger Extender im Angebot. Bei den Münchnern sorgte damals ein zusätzlicher Töffmotor für mehr Reichweite. Doch mit den immer effizienter werdenden Batterien mit Reichweiten von inzwischen gegen 700 Kilometer wurde die Range-Extender-Technik für Grossserien-Elektrofahrzeuge hinfällig.

Auch bei Langstreckenrennen wie den zur World Endurance Championship (WEC) zählenden 24 Stunden von Le Mans oder Daytona fährt die Prototypenklasse LMDh teilelektrisch. Das heisst, ihre Verbrennungsmotoren sind mit einem Einheits-Elektromotor von Bosch kombiniert. Die Gesamtleistung dieses Hybrid-Boost-Systems beträgt 706 PS (519 kW) bei einem Fahrzeuggewicht von rund einer Tonne. Das System arbeitet mit einer Spannung von maximal 800 Volt. Die Einheitsbatterie speichert eine nutzbare Energie von 1,35 Kilowattstunden, die in Beschleunigungsphasen mit Boosts von 30 bis 50 Kilowatt jederzeit abgerufen werden kann.

Beliebte Hybrid-Rennklasse

Diese neue Rennklasse sorgt aufgrund der deutlich geringeren Kosten und der Einsatzmöglichkeiten auf allen Kontinenten für grosses Interesse bei den Autoherstellern. Mittlerweile sind nicht nur BMW, Porsche, Cadillac/GM und Acura/Honda mit Werksteams bei den WEC-Rennen am Start, sondern auch Ferrari, Peugeot/Stellantis, Alpine/Renault und Lamborghini. Sie alle erhoffen sich einen Imageschub für den elektrifizierten Motorsport, nachdem die Rennserie Formel E vor allem in Europa kaum auf Interesse stösst.

Mit dem Porsche 963 und den Fahrern Cameron/Nasr/Campbell/Newgarden gewann beim 24-Stunden-Auftaktrennen in Daytona (USA) vor drei Wochen erstmals ein Hybridbolide. Aber schon von 2015 bis 2017 feierte Porsche mit dem 919 Hybrid und drei Le-Mans-Siegen grosse Erfolge mit einem elektrifizierten Rennwagen. «Der 919 Hybrid war technologisch die Spitze. Unter dem damaligen LMP1-Regelwerk gab es umfangreiche Freiheiten. Die Autos waren faszinierend, aber teuer und anspruchsvoll im Einsatz», erinnert sich Thomas Laudenbach, Motorsport-Verantwortlicher bei Porsche. Daher eigneten sich diese Boliden nicht für den Einsatz durch Kundenteams. Und schon gar nicht für einen Technologietransfer in die Grossserie.

Einfachere Technik, geringere Kosten

Das sieht in der neuen LMDh-Kategorie, wo der Porsche 963 mitfährt, etwas anders aus. «Die Kosten sind erheblich geringer, die Hybridkomponenten weniger kompliziert und der Einsatz für ein professionelles und erfahrenes Kundenteam möglich», sagt Laudenbach. Porsche stellte jüngst mit seinem GT4 e-Performance einen über 1000 PS starken Elektro-Prototypen als Rennwagen für morgen vor. Laudenbach: «Das Thema Elektrifizierung bleibt nicht auf Strassenfahrzeuge begrenzt, sondern ist auch im Motorsport ein sehr wichtiges.» Der Porsche Motorsportverantwortliche erklärt: «Unsere Rennsportaktivitäten müssen jederzeit relevant sein bezüglich dessen, was auf der Strasse und im Serien-Automobilbau passiert. Im Spitzensport setzen wir das Thema in der Formel E um, auf der Langstrecke haben wir die Hybridisierung und im Kundensport ist unsere Vision der GT4 e-Performance.»

Mercedes nutzt F1-E-Technik für Strassenautos

Für seine sportlichen AMG-Strassenmodelle nutzt Mercedes erste E-Technikmodule aus der Formel 1. So etwa beim Mercedes-AMG SL 63 S E-Performance, der AMG-S-Klasse oder dem GT-Viertürer. Bei diesen drei Modellen wird ein Vierliter-Achtzylinderturbo mit 612 PS (450 kW) mit einem Elektroantrieb an der Hinterachse kombiniert, der aus einem 204 PS (150 kW) starken E-Motor nebst Zweiganggetriebe sowie einer mechanischen Differenzialsperre besteht. Das 6,1 kWh kleine Akkupaket befindet sich über der Hinterachse. Und der E-Motor an der Hinterachse ist nicht für elektrische Reichweite, sondern für zusätzlichen Schub beim Beschleunigen oder Überholen vorgesehen. Dank diesem Zusatzboost erstarkt der Mercedes-Antrieb kurzfristig bis auf 816 PS (600 kW) und 1420 Nm.

Im Mercedes-AMG SL 63 S E-Performance kommt ein Hybridtechnikmodul aus der Formel 1 zum Einsatz. Es sorgt für einen Zusatzboost von 204 PS.
Mercedes-Benz AG – Communications & Marketing

Für seine sportlichen AMG-Strassenmodelle nutzt Mercedes erste E-Technikmodule aus der Formel 1. So etwa beim Mercedes-AMG SL 63 S E-Performance, der AMG-S-Klasse oder dem GT-Viertürer. Bei diesen drei Modellen wird ein Vierliter-Achtzylinderturbo mit 612 PS (450 kW) mit einem Elektroantrieb an der Hinterachse kombiniert, der aus einem 204 PS (150 kW) starken E-Motor nebst Zweiganggetriebe sowie einer mechanischen Differenzialsperre besteht. Das 6,1 kWh kleine Akkupaket befindet sich über der Hinterachse. Und der E-Motor an der Hinterachse ist nicht für elektrische Reichweite, sondern für zusätzlichen Schub beim Beschleunigen oder Überholen vorgesehen. Dank diesem Zusatzboost erstarkt der Mercedes-Antrieb kurzfristig bis auf 816 PS (600 kW) und 1420 Nm.

Doch wenn man das Elektro-Engagement von Porsche bei Langstreckenrennen oder das Abenteuer von Audi bei Paris–Dakar nüchtern betrachtet, wird klar: Bei diesen Entwicklungen gehts in erster Linie um Rennsport – und um Publicity. Ein Technologietransfer zur Grossserie und damit für Alltag-Elektroautos auf unseren Strassen ist dagegen nicht beabsichtigt. Früher oder später könnten einzelne Komponenten aber auch in Serienstromern Einzug halten.


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