ELegend EL1: Elektrische Wiedergeburt
Sport Quattro S1 ist zurück – aber nicht von Audi

Das bayerische Start-up ELegend bringt den einst legendären Audi Sport Quattro S1 als Stromer EL1 zurück. Wir durften im 816 PS starken und rund 900’000 Franken teuren Elektrosportler mitfahren.
Publiziert: 15.09.2023 um 00:36 Uhr
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Einige können sich sicher noch ans PS-Monster Audi Sport Quattro S1 erinnern. Er mischte in den 1980ern die Rallye-WM auf und fuhr am Pikes Peak-Bergrennen.
Foto: zvg.
Wolfgang Gomoll und Raoul Schwinnen

Der ELegend EL1 ist die moderne, rein elektrische Interpretation des Audi Sport Quattro S1. Also das Auto, das Audi eigentlich schon längst selbst hätte bauen sollen. Doch statt den Ingolstädtern erledigt dies nun das in der unmittelbaren Nachbarschaft beheimatete Start-up ELegend in Eigenregie. 

Und die Jungs verstehen ihr Handwerk. Gründungsmitglied Marcus Holzinger ist gelernter Industriedesigner, der schon für VW gearbeitet hat und jetzt das Designstudio seines Vaters leitet. Und der für die Fahrzeugtechnik verantwortliche Günther Riedl ist Chef von Roding Automobile; ein Unternehmen, das für Autohersteller Projekte von der Planung bis zum Prototypen umsetzt.

30 Exemplare werden gebaut

Weshalb sich ELegend den Sport Quattro S1 als Vorbild fürs erste Produkt ausgesucht hat, hat einen guten Grund. «Mein Vater hat schon am Design des Sport Quattro mitgewirkt», verrät Marcus Holzinger. Doch eine schöne Hülle macht noch keinen Spasswagen. Auch Technik und Agilität müssen beim lediglich 4,15 Meter langen E-Sportler mit 2,44 Meter Radstand und einer Leistung von 816 PS (600 kW) stimmen. Schliesslich soll der elektrische Nachfahre der Rallye-Ikone genau dreissigmal von Hand gebaut und zum Preis von je 890’000 Euro plus Steuer verkauft werden. Später sollen weitere automobile Legenden folgen.

«Mit dem EL1 bauen wir ein Auto, das an die Tradition der legendären Gruppe-B-Rallyeboliden erinnert», erklärt Technikchef Günther Riedl. «Uns ist die Traktion aus den Kurven heraus wichtig, weniger der Topspeed.» Im Sinne des legendären Audi-Vorbilds bedeutet das kein Torque Vectoring oder anderen modernen Schnickschnack, sondern lediglich ein klassisches Sperrdifferenzial an der Hinterachse.

Basis für weitere Elektro-Klassiker

Riedls Karbon-Erfahrung aus dem Prototypenbau kommt ihm auch beim EL1 zugute. Denn dessen Monocoque besteht aus Karbon und ist zudem mit je einem Alurahmen vorne und hinten kombiniert. «So können wir einfacher unterschiedliche Aufbauten, sprich weitere Modelle realisieren, ohne das Monocoque als Kern des Fahrzeugs zu verändern oder ständig neues Werkzeug bauen zu müssen», erklärt Riedl. «Bei Karbon wäre das viel komplizierter und teurer.»

Bei unserem Besuch bei ELegend inspizieren wir den Rohbau des sogenannten Rolling Chassis – das ausschaut wie ein Gefährt aus dem Endzeit-Spektakel Mad Max – ganz genau, ehe wir uns auf den Beifahrersitz wagen. Die Verarbeitung wirkt einwandfrei, folglich ziehen wir die Sitzgurte stramm und sind gespannt, was uns Fahrer Mark zu bieten hat.

Dieser legt sich für uns ganz schön ins Zeug. Schon beim ersten Lenkradeinschlag steigt er flott aufs Gas. Sofort drehen die Reifen durch und der Geruch von verbranntem Gummi weht uns um die Nase. Trotzdem: Der Allradantrieb mit den beiden stromerregten Synchronmaschinen, die maximal 204 PS (150 kW) vorne und 612 PS (450 kW) hinten leisten, erfüllt seinen Job trotz Prototypenstatus gut. Die Hinterachse hat das Kommando und lenkt eifrig mit. Das liegt auch an der Kraftverteilung von 35 (vorne) zu 65 Prozent (hinten). 

Eine Fahrdynamik wie sein Urahn

Obwohl man mit der Feinabstimmung noch ganz am Anfang steht und Riedls Mannschaft noch an der exakten Kraftverteilung feilt, können mutige Piloten wie unser Mark den EL1 schon ganz schön fliegen lassen. Wir erkennen dabei eine leichte Untersteuertendenz und ein übermütiges Heck bei Lastwechseln, das sich durch Gegenlenken und Abbremsen aber schnell wieder einfangen lässt. «Ich kann ihn auch driften lassen», kündigt uns Mark lächelnd an. Und schon schiessen wir quer durch die Kurven der Walachei.

Während die meisten technischen Komponenten für den EL1 von namhaften Zulieferern gekauft werden, bleibt die Antriebssteuerungssoftware die Kompetenz von ELegend. Die Batteriemodule stammen von LG und haben eine Kapazität von 80 Kilowattstunden, was beim Spassmobil gemäss seinen Machern für einen Verbrauch von rund 20 kWh/100 Kilometern sorgt und eine WLTP-Reichweite von mehr als 400 Kilometern ermöglicht. Dabei hilft das für einen solchen Stromer relativ geringe Gewicht von 1790 Kilogramm.

Was sagt Walter Röhrl zum Auto?

Das klingt alles vielversprechend – und so freuen wir uns auf die erste eigene Testfahrt. Zudem sind wir dann gespannt, was der frühere Audi-Quattro-Pilot und Rallyelegende Walter Röhrl (76) zu diesem Auto sagt. Schliesslich ist bekannt, dass der zweifache Rallye-Weltmeister kein grosser Freund der Elektromobilität ist. Vielleicht vermag ihn diese elektrische Neuauflage seiner Quattro-Rakete aber umzustimmen.

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