Sündhaft teuer, aber richtig gut
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Neuer Porsche 911 GTS:Sündhaft teuer, aber richtig gut

Eine Fahrt im Porsche 911 Carrera 4 GTS Cabrio
Sündhaft teuer, aber richtig gut

Wem der klassische 911er zu weichgespült, aber der GT3 zu brachial ist, wird seit Juni mit dem Porsche 911 Carrera 4 GTS glücklich. Vor allem, wenn man ein Kreuzchen in der Optionenliste weglässt.
Publiziert: 06.10.2021 um 11:13 Uhr
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Seit Juni gibts bei uns in der Schweiz den neuen Porsche 911 Carrera 4 GTS zu kaufen. Er eignet sich für all jene, ...
Foto: HOCH ZWEI / Juergen Tap
Wolfgang Gomoll

Als 911er-Fan hatte man es bislang nicht einfach. Vielen ist der Carrera S zu weichgespült, der GT3 aber zu brutal. Nun kommt die Lösung mit dem Kürzel GTS in der Modellbezeichnung. Das steht bei Porsche traditionell für Gran Turismo Sport und ist mehr als nur eine Ausstattungsvariante. «Unser Ziel war es, den Carrera S noch mehr anzuspitzen», erklärt Michael Rössler, 911-Projektleiter und schiebt gleich eine Zahl hinterher. «Der GTS ist auf der Nordschleife zwei Sekunden schneller als der Vorgänger.» Der Nürburgring ist und bleibt das Urmeter für alle sportlichen Produkte von Porsche.

Der Dreiliter-Sechszylinder hämmert mit 480 PS und maximal 570 Newtonmetern auf die beiden Antriebsachsen ein. Das sind 30 PS und 40 Nm mehr als beim Carrera 911 S. Wir fahren die rund 35 Kilo leichtere Variante mit manueller 7-Gang-Schaltung statt mit PDK-Automatik. Herrlich, das Schaltglück mit dem kurzen Knüppel in der eigenen Hand zu haben. Manuelle Getriebe können sie bei Porsche – aber leider gibts sie viel zu selten mal in Testwagen! Der offene GTS 4 sprintet in 4,3 Sekunden auf Tempo 100 und schafft eine Spitze von 307 km/h. Wer sich für die Variante mit PDK entscheidet, beschleunigt zwar 0,8 Sekunden schneller, verpasst aber die Schaltfreude.

Eine Helper-Feder an der Hinterachse

Damit diese Dreh- und Sprintfreude optimal auf die Strasse kommt, montierten die Ingenieure eine sogenannte Helper-Feder an der Hinterachse. So stehen die Hauptfedern stets unter Spannung, was das Ansprechverhalten und damit die Traktion verbessert. Unser Cabrio kommt mit serienmässig um zehn Millimeter tiefergelegtem Sportfahrwerk; dazu gibts eine mechanische Quersperre an der Hinterachse und eine Hinterachslenkung. Dass die Karosserie des GTS zehn Millimeter tiefer über den Asphalt flitzt, hilft bei der Agilität genauso wie die aerodynamischen Optimierungen: Finnen am Unterboden, die vorne 30 Prozent mehr Anpressdruck generieren. Damit die Balance erhalten bleibt, fährt der Heckspoiler weiter aus und generiert zusätzlich Downforce.

Die Gleichung geht schon beim Einlenken auf. Direkt folgt der 1630 Kilo schwere Allradler dem Lenkwinkel und fegt beim Herausbeschleunigen flott davon, sofern man den Boxer mit Drehzahlen bei Laune hält. Mit diesem Auto ist man flink unterwegs, kann aber auch im siebten Gang entspannt cruisen (Verbrauchsschnitt 11,1 l/100 km).

Wenn die Wucht der Elemente spielt

Mit offenem Verdeck erreichen Sturm und Drang des offenen 911er GTS eine neue Dimension. Lässt man auch Scheiben und Windschott runter, verwandelt sich das laue Lüftchen im Innenraum in eine steife Brise, in deren Zentrum der Fahrer die Wucht der Elemente und die Kraft des sonor sägenden Sechszylinder-Kraftwerks im Rücken geniesst.

Dass dieser Agilitäts-Enthusiasmus mit einer etwas strafferen Abstimmung erkauft wird, nimmt man mit einem entspannten Lächeln zur Kenntnis. Zumal der GTS uns nie auf die Bandscheiben geht. Apropos erkaufen: 201’800 Franken für das 911 Carrera 4 GTS Cabrio scheinen uns ganz schön happig, auch wenns dafür noch das Swiss-Package und 2+2-Jahre Garantie gibt. Aber über Preise haben eingefleischte 911er-Besitzer noch nie gejammert.

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