«Wir stecken in den Startlöchern für eine neue Dieselabgastechnik», verrät Panayotis Dimopoulos, der mit einem Team von Empa-Forschern und ETH-Studenten seit vier Jahren an der Optimierung der Abgasreinigungsanlage von Dieselmotoren arbeitet. In Motoren für LKW's und Baumaschinen wurden die Forschungsergebnisse der Techniker von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf ZH bereits erfolgreich umgesetzt.
Mit anwendungsorientierter Forschung und Entwicklung, meistens in enger Partnerschaft mit Industrieunternehmen und Hochschulen, macht die Empa immer wieder mit bahnbrechenden Innovationen auf sich aufmerksam. Schon bald sollen nämlich auch Personenwagen von der ausgeklügelten Ad-Blue-Einspritzung der Dübendorfer Tüftler profitieren.
Mit der Einführung der Euro-6-Vorschriften müssen die Stickoxid-Emissionen (NOx) auf extrem niedrige 80 Milligramm/km gesenkt werden. Das macht ein aufwendiges Katalysatorsystem nötig. Kleinere Autos kommen in der Regel mit dem kostengünstigeren NOx-Speicherkatalysator aus, grössere und schwerere Fahrzeuge dagegen sind auf ein sogenanntes SCR-System (Selective Catalytic Reduction) angewiesen. Dabei wird die Harnstofflösung Ad-Blue in die Abgasleitung eingespritzt. Dort bildet sich nach der Einspritzung Ammoniak, der dann im SCR-Katalysator die schädlichen Stickoxide in die ungiftigen Komponenten Stickstoff und Wasserdampf umwandelt.
Im Personenwagen ist die Ad-Blue-Zumischung viel schwieriger als im LKW, weil der Motor mit häufig und schnell wechselnder Belastung betrieben wird. Um den Schadstoff-Ausstoss nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im Alltagsverkehr zuverlässig unter die Grenzwerte zu bringen, muss die Ad-Blue-Einspritzung daher noch wesentlich verbessert werden.
Daran arbeiten die Abgaspioniere um Dimopoulos derzeit mit Hochdruck. Zum einen muss die Einspritzmenge genauestens abgestimmt werden, zum anderen sind weitere Faktoren wie etwa die Temperaturen in der Abgasleitung zu beachten. Wird zu wenig Harnstoff eingespritzt, bleiben die NOx-Emissionen zu hoch; ist die Dosierung zu gross, ist der Ad-Blue-Verbrauch zu hoch und es entstehen unangenehme Ammoniakgerüche. Zudem besteht die Gefahr, dass sich Ablagerungen bilden, die mit der Zeit zum Ausfall des Katalysatorsystems führen.
In der in Eigenregie aufgebauten Versuchsanlage untersuchen die Dübendorfer Abgasspezialisten im Besonderen den Einfluss der Tröpfchengrösse bei der Harnstoffeinspritzung und die Temperaturverhältnisse im Auspuff. Wichtig ist bei allen Anwendungen, dass das Ad-Blue möglichst schnell verdampft, damit sich Ammoniak für die NOx-Umwandlung bilden kann.
Durch den Einsatz von optimierten Einspritzdüsen sowie einem kleinen, bei der Empa entwickelten sogenannten Hydrolyse-Katalysator sollen sich die Stickoxide schliesslich auch im normalen Strassenverkehr auf ein Mindestmass reduzieren lassen. Die Herausforderung für die Autohersteller wird sein, die Mehrkosten durch die zusätzlichen Komponenten sowie den eventuell auch entstehenden Mehrverbrauch in den Griff zu bekommen.
Jetzt wünschen sich die Abgasentgifter um Gruppenleiter Panayotis Dimopoulos, dass der eine oder andere Autohersteller in Dübendorf anklopft, um die Forschungsergebnisse in ein Serienprodukt zu übertragen. So tiefgreifend wie die Schweizer Empa- und ETH-Forscher haben die globalen Autohersteller die Vorgänge im Dieselauspuff bisher nämlich noch nicht erkundet.