Empa-Experte Christian Bach zum Abgas-Bschiss
«Das ist kaum auf VW und die USA beschränkt»

Die VW-Aktie rasselte in den Keller, nachdem bekannt wurde, dass der Autobauer Katalysatoren in den USA manipuliert hatte. Es könnte nun sein, dass auch andere Autohersteller in den Skandal verwickelt sind.
Publiziert: 23.09.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:00 Uhr
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Empa-Autospezialist Christian Bach.
Von Guido Schätti

Der Skandal um manipulierte Abgastests bei Dieselfahrzeugen wird für VW zum Albtraum. Am Montag glaubte der grösste Autobauer Europas noch, das Problem beschränke sich auf 482 000 Dieselautos in den USA. Gestern kam der Hammer: Es könnten elf Millionen Autos betroffen sein!

So viele VW sind mit dem Motorentyp ausgestattet, dessen Abgaswerte beim Test viel besser abschneiden als im Normalverkehr. Für den Bschiss sorgt eine spezielle Software.

VW wollte dies zwar nicht bestätigen, doch auch auf unseren Strassen dürften solche Autos herumkurven. «In der Schweiz und Europa kommen dieselben Katalysatortechnologien zum Einsatz wie in den USA», sagt Christian Bach (52) von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf ZH.

Bach entwickelt selber Katalysatoren und kennt die Probleme: Katalysatoren für Dieselmotoren sind technisch viel komplizierter als Abgasreiniger für Benziner. Den Ausstoss des Reizgases Stickoxid (NOX) bei Dieselmotoren so stark zu senken, wie dies die USA verlangten, sei «eine grosse Herausforderung», sagt Bach.

Für teure Autos mit grossen Motoren haben die Hersteller Katalysatoren entwickelt, die das Stickoxid in Stickstoff und Wasser umwandeln. Dafür braucht es einen Zusatzstoff.

Die Katalysatoren von billigen Autos speichern hingegen das Stickoxid. Dies wäre zumindest das Ziel. Doch diese NOX-Speicherkatalysatoren sind nicht ausgereift: Ihre Speicher sind rasch voll, die Regeneration funktioniert nicht.

Die Bschiss-Software sorgt dafür, dass der Katalysator zumindest im Prüfstand funktioniert und die Grenzwerte nicht überschritten werden. Im Alltagsbetrieb sind sie aber 40-mal höher als beim Test.

Weitere Automarken unter Verdacht

Bisher steht nur VW unter Manipulationsverdacht. Doch das Problem könnte sich auf weitere Marken ausweiten. Denn laut Bach verwenden sie im unteren Segment dieselbe Katalysatortechnologie wie VW: «Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich das Problem nicht auf VW beschränkt, sondern auch andere Marken betrifft», sagt Bach.

Ob die Autohersteller auch in Europa tricksen, ist offen. Denn Prüfverfahren und Grenzwerte sind hier weniger streng als in den USA. Hinzu kommt, dass europäischer Diesel von besserer Qualität ist als jener in den USA. «So altern die Katalysatoren weniger schnell und arbeiten länger korrekt», sagt Bach.

Die Börsianer fürchten bereits, dass weitere Hersteller wegen Manipulationen auffliegen. In Frankreich kamen die Aktien von Peugeot und Renault gestern massiv unter die Räder. Die VW-Aktie verlor weitere 20 Prozent. Seit der Skandal aufgeflogen ist, lösten sich bei VW 27,5 Milliarden Franken in Luft auf. Chef Martin Winterkorn zittert um seinen Job. Am Freitag entscheidet der VW-Verwaltungsrat über eine vorzeitige Vertragsverlängerung. Winterkorns Chancen standen auch schon besser.

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