CEO Stephan Winkelmann verrät
«2028 kommt der erste vollelektrische Lamborghini»

Wie lange baut Lamborghini noch V12-Motoren und wie sieht der erste rein elektrische Lamborghini aus? CEO Stephan Winkelmann verrät in unserem Interview, wohin die Reise beim italienischen Sportwagenbauer geht.
Publiziert: 30.08.2022 um 18:24 Uhr
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Wie lange baut Lamborghini noch V12-Motoren?
Foto: Zvg
Wolfgang Gomoll

Lange hatte sich Lamborghini gegen die Elektrifizierung gewehrt. Doch der immens gestiegene Druck in der Branche bewog auch die italienische Traditionsmarke zum Umdenken. Der Lamborghini Sian war 2020 das erste in Serie gebaute Hybrid-Fahrzeug der Marke. Wobei: Serie bedeutet überschaubare 63 Exemplare. Und ein 25-Kilowatt-Elektromotörchen erlaubte gerade noch die Bezeichnung Mild-Hybrid.

Doch war dies nur die erste konkrete Annäherung an die Thematik Elektrifizierung. Ab 2025 will Lamborghini den CO₂-Ausstoss um 50 Prozent reduzieren, dazu seine Modellpalette bis 2024 komplett hybridisieren und dafür insgesamt 1,5 Milliarden Franken investieren – die grösste Investition in der Geschichte der Marke.

Herr Winkelmann, der nächste Lamborghini Aventador wird ein Plug-in-Hybrid mit Zwölfzylindermotor. Wie gross wird die elektrische Reichweite sein?
Stephan Winkelmann:
Beim neuen Aventador ist das Elektromodul, also die Batterie und der Elektromotor dafür ausgelegt, die Längsdynamik zu verbessern. Uns gehts dabei nicht so sehr um die Reichweite.

Wenns hauptsächlich um Dynamik und weniger um Reichweite geht, wären nicht Super-Kondensatoren eine bessere Alternative?
Super-Kondensatoren bringen aktuell nicht das, was eine Batterie kann. Weder von der Reichweite noch von der Ladefähigkeit her. Deswegen haben wir uns für eine Batterie entschieden, die vielleicht weniger Reichweite bietet als andere Hybridfahrzeuge, die aber schnell die Leistung zur Verfügung stellt, die wir brauchen. Sobald Sie das Auto fahren, werden Sie das spüren.

Warum hybridisieren Sie keinen Achtzylinder, wie das einige andere Hersteller machen?
Weil der Zwölfzylinder zur Lamborghini-DNA gehört. Ausserdem haben wir es geschafft, einen Zwölfzylinder zu bauen, der allen modernen Ansprüchen gerecht wird. Deswegen halten wir daran fest. Die Reaktion unserer Kunden zeigt, dass das genau die richtige Entscheidung war. Wir haben jetzt schon so viele Bestellungen, dass wir gar nicht wissen, wie wir die Autos produzieren und ausliefern sollen.

Stephan Winkelmann persönlich

Der 57-jährige, in Berlin geborene, aber in Rom aufgewachsene Stephan Winkelmann startete nach seinem Studium der Politikwissenschaften 1991 seine berufliche Laufbahn bei einem deutschen Finanzdienstleister und wechselte dann in die Autobranche. Nach dem Start bei Mercedes-Benz war er von 1994 bis Ende 2004 bei Fiat Auto, zuletzt als CEO von Fiat Auto Schweiz, Österreich und Deutschland.

Im Januar 2005 wechselte Winkelmann zum VW-Konzern und übernahm das Amt des Präsidenten und CEO der Automobili Lamborghini in Sant’Agata Bolognese. Bis 2016 verantwortete er unter anderem die Einführung der neuen Modelle Gallardo, Murciélago, Aventador und Huracán, dazu viele Sondermodelle und Einzelstücke. Unter Winkelmann stieg der Absatz von Lamborghini um 300 Prozent. Nach einem Abstecher zu Konzernschwester Bugatti ist Winkelmann seit 1. Dezember 2020 wieder Chef von Lamborghini.

Der 57-jährige, in Berlin geborene, aber in Rom aufgewachsene Stephan Winkelmann startete nach seinem Studium der Politikwissenschaften 1991 seine berufliche Laufbahn bei einem deutschen Finanzdienstleister und wechselte dann in die Autobranche. Nach dem Start bei Mercedes-Benz war er von 1994 bis Ende 2004 bei Fiat Auto, zuletzt als CEO von Fiat Auto Schweiz, Österreich und Deutschland.

Im Januar 2005 wechselte Winkelmann zum VW-Konzern und übernahm das Amt des Präsidenten und CEO der Automobili Lamborghini in Sant’Agata Bolognese. Bis 2016 verantwortete er unter anderem die Einführung der neuen Modelle Gallardo, Murciélago, Aventador und Huracán, dazu viele Sondermodelle und Einzelstücke. Unter Winkelmann stieg der Absatz von Lamborghini um 300 Prozent. Nach einem Abstecher zu Konzernschwester Bugatti ist Winkelmann seit 1. Dezember 2020 wieder Chef von Lamborghini.

Wie lange wird der Zwölfzylinder bei Lamborghini noch gebaut?
Solange es geht (lacht). Nein, Spass bei Seite. Bei der Elektrifizierung beschreiten wir zwei Wege. Zum einen kommt 2028 der erste vollelektrische Lamborghini. Der zweite elektrische Lamborghini wird der Nachfolger des Urus. Beim Aventador- und beim Huracan-Nachfolger wollen wir möglichst lange an den Plug-in-Hybriden festhalten.

Auch übers Jahr 2030 hinaus?
Ja, falls uns das synthetische Benzin dies ermöglicht. Wichtig ist, dass wir diese Entscheidung nicht heute und auch nicht morgen treffen müssen. Also haben wir noch ein paar Jahre Zeit, festzulegen, ob wir mit den beiden Supersportlern vollelektrisch werden.

Forscht man bei Lamborghini auch an E-Fuels oder verlassen Sie sich da voll auf Konzernschwester Porsche?
Wir stehen diesbezüglich in engem Kontakt mit Porsche. Es war ja eine Konzernentscheidung, dass Porsche beim synthetischen Benzin die Vorreiterrolle übernimmt. Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, ob das technisch und vom Gesetzgeber her machbar ist.

Sehen Sie eine Alternative zu synthetischen Kraftstoffen?
Wenn die Emissionen reduziert werden sollen, nicht. Anders wird man am Verbrennungsmotor nicht festhalten können.

Es ist bekannt, dass der erste vollelektrische Lamborghini ein Crossover-GT sein wird. Warum dieser Kompromiss und kein echter GT?
Das ist kein Kompromiss, sondern eine grosse Herausforderung. So kann unser Chefdesigner Mitja Borkert etwas komplett Neues entwerfen – sowohl was die Formensprache als auch das Segment angeht.

Und was wird das sein?
Ein Raumschiff. Das Fahrzeugkonzept stellt das Beste aus zwei Welten dar. Durch die Batterietechnologie, die wir verwenden, können wir eine Formensprache realisieren, die zwar typisch Lamborghini sein wird, aber komplett neu ist. Auf der einen Seite hat man ein GT-Fahrzeug, das mit das Schönste ist, was es gibt. Und auf der anderen Seite vermittelt die erhöhte Sitzmöglichkeit ein Gefühl der Sicherheit. Deswegen sind ja die SUVs in allen Segmenten so stark vertreten. Und es gibt keine Tendenz, dass sich dies bald ändern wird.

Besteht zwischen dem neuen Crossover-GT und dem auf der gleichen Plattform kommenden elektrischen Urus-Nachfolger nicht die Gefahr der Kannibalisierung?
Je mehr Modelle man anbietet, desto grösser wird natürlich das Potenzial der Kannibalisierung. Aber wir haben das analysiert und sehen kaum Gefahr, weil sich die beiden Autos optisch komplett unterscheiden und andere Ansprüche erfüllen werden.

Sie sagen, dass sich auch ein vollelektrischer Lamborghini durch Agilität definiert. Wie wollen Sie das bei den vollelektrischen Modellen mit einer schweren Batterie umsetzen?
Das ist eine gute Frage, mit der wir uns täglich beschäftigen. Wir müssen bis 2028 beweisen, dass Lamborghini ein elektrisches Fahrzeug herstellen kann, das unserer Marke alle Ehre macht und nicht nur bei der Längs-, sondern auch bei der Querbeschleunigung Massstäbe setzt. Wenn wir das bei einem Supersportwagen wie dem Aventador hinbekommen, fällt es uns auch beim Crossover-GT leichter.

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