Herr Müntener, es gibt rund eine Dreiviertelmillion eingelöster Motorräder und Roller in der Schweiz. Ihre Branche generiert mehr als eine Milliarde Franken Jahresumsatz und beschäftigt viele Tausend Mitarbeiter. Fühlen Sie sich als Branche entsprechend ernst genommen?
Roland Müntener: Nein. Wir schätzen die Einladungen vom Astra zur Mitsprache, wenn es sich um Fragen und Entscheide betreffend Individualverkehr handelt. Von politischer Seite erinnert man sich nur an uns als Zielscheibe, wenns um Verkehrssicherheit, Strassenlärm und Umweltbelastung geht. Wir sind eine Industrie, die sich der Freude und dem Genuss verschrieben hat. Solche Interessen sind für gewisse politische Gruppen nicht wirklich wichtig.
Die Töffverkäufe konnten in der Schweiz 2018 trotz herrlichem Sommer das hohe Niveau des Vorjahrs nicht ganz halten. Warum?
Es war klar, dass nach den massiven Preissenkungen infolge des «Frankenschocks» Anfang 2015 und den damit verbundenen Rekordverkäufen eines Tages eine Korrektur hin zur Realität einsetzen wird. In Verbindung mit dem überschaubaren Angebot an echten Neuheiten im Jahr 2018 und einigen noch 2017 realisierten Sondereinlösungen (Militär, Polizei) war schnell klar, dass Ende Jahr ein Minus resultieren wird.
Der Bundesrat will die Schweizer Führerscheinregelungen in einigen Punkten mit den EU-Bestimmungen harmonisieren und entschied vor drei Monaten, dass ab 2021 bereits 16-Jährige 125er fahren dürfen. Eine richtige Entscheidung?
Genau dies wurde 2010, bei den ersten Besprechungen zu den erwähnten EU-Anpassungen, von Motosuisse eingebracht. Wir begrüssen es sehr, dass 16-Jährige, analog zur EU, weiterhin die Möglichkeit haben, erste Erfahrungen im motorisierten Strassenverkehr mit kleinen Motorrädern zu machen. So wie dies bis anhin mit den 50ern der Fall war. Neue 50er mit Zweitakt-Motoren gibts aus Emissionsgründen heute kaum mehr. Die heutigen 125er haben dafür moderne Sicherheitstechnik und erfüllen die strengsten Lärm- und Abgas-Normvorgaben. Zudem müssen die 16-Jährigen, im Gegensatz zu einigen anderen Verkehrsteilnehmern (etwa E-Bikes), eine theoretische und praktische Prüfung ablegen und somit ihre Kenntnisse und Fähigkeiten beweisen.
Anders als in der EU wird dagegen bei den grossen Motorrädern der Direkteinstieg ab 25 Jahren in die unlimitierte Klasse wieder abgeschafft. Ab 2021 muss erst für mindestens zwei Jahre ein Töff mit maximal 48 PS gefahren werden. Nicht sehr konsequent …
Wir bedauern die nicht erfolgte Gleichstellung mit der EU. Dies muss als unser Beitrag zum Kompromiss betrachtet werden, damit die Einstiegsalter für Motorradfahrer nicht generell angehoben wurden! Aber ein Motorrad mit 48 PS macht auch am Berg viel Freude. Und lässt sich nicht vergleichen mit der ehemaligen Vorschrift – zwei Jahre mit 125ern mit rund 10 bis 12 PS zu fahren. Das Angebot an 48-PS-Modellen ist preiswert, breit und sehr interessant.
Werden diese Bundesrats-Entscheide den Töffmarkt beeinflussen und kann die Branche reagieren?
Ja, der Bundesrat hat damit unseren Markt markant beeinflusst. Und ja, die Branche kann reagieren. Da der Entscheid «125 ccm ab 16» in der EU bereits seit Jahren Tatsache ist, besteht für uns künftig kein Mangel an attraktiven Modellen.
Der am 7. Februar 1959 in Buchs SG geborene Roland Müntener ist seit 2006 Präsident des Dachverbands Motosuisse. Darin sind sämtliche bedeutenden Landesimporteure der nationalen Motorradbranche zusammengeschlossen (www.motosuisse.ch). Müntener ist selbst seit Jahrzehnten innerhalb der Branche in verschiedenen Funktionen tätig und selbstverständlich begeisterter Motorradfahrer.
Der am 7. Februar 1959 in Buchs SG geborene Roland Müntener ist seit 2006 Präsident des Dachverbands Motosuisse. Darin sind sämtliche bedeutenden Landesimporteure der nationalen Motorradbranche zusammengeschlossen (www.motosuisse.ch). Müntener ist selbst seit Jahrzehnten innerhalb der Branche in verschiedenen Funktionen tätig und selbstverständlich begeisterter Motorradfahrer.