Diskriminierung an der Ladesäule
Verzerrt Ionity mit EU-Geldern den Wettbewerb?

Der Preisanstieg an Schnellladern des Anbieters Ionity ruft Weko und Preisüberwacher auf den Plan. Es steht die Frage im Raum, ob Kunden diskriminiert werden – und ob es sein kann, dass EU-Subventionen Ionity helfen, es Schweizer Anbietern schwerer zu machen.
Publiziert: 27.01.2020 um 07:58 Uhr
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Aktualisiert: 27.01.2020 um 16:34 Uhr
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Ionity hat in den letzten zwei Jahren ein Schnellladenetz mit 200 Stationen und mehr als 860 Ladepunkten in ganz Europa aufgebaut.
Foto: zVg
Andreas Engel

Die horrende Preiserhöhung des deutschen Ladesäulen-Konsortiums Ionity (Audi, BMW, Ford, Mercedes, Porsche) schlagen hohe Wellen. Letzte Woche hatte Ionity angekündigt, Ende Januar an den Schnellladesäulen den Preis pro Kilowattstunde (kWh) auf 79 Rappen zu erhöhen. Bei grossem Akku zahlen Elektroauto-Fahrer so im Extremfall über 70 Franken! Zum Vergleich: Bisher kostete eine Vollladung pauschal 8 Franken.

Nachdem BLICK darüber berichtet hatte, meldete sich der Schweizer E-Mobilitäts-Pionier Marco Piffaretti (54). Wegen des Artikels habe er einen Post mit dem Titel «Die diskriminierende E-Auto-Ladung kommt» im Online-Netzwerk Linkedin publiziert. Piffaretti, bis Ende 2019 mit seinem Unternehmen Protoscar selbst an Planung und Aufbau von Ladeinfrastruktur in der Schweiz beteiligt, ärgern dabei nicht einmal in erster Linie stark steigende Kosten.

Marken werden ausgeschlossen

«Der Skandal ist, dass Ionity eine Diskriminierung betreibt, die sicher auch den Preisüberwacher interessieren dürfte», sagt Marco Piffaretti. Und der Tessiner führt aus: «Der neue Tarif bevorzugt Automarken, die an Ionity als Aktionär beteiligt sind. Kunden von Marken, die diesem Konsortium nicht angehören, zahlen mehr als das Doppelte!»

Lenker von japanischen Elektro- oder Plug-in-Hybridautos würden von Ionity gar ganz ausgeschlossen: Ionity verlange von den Standortpartnern, dass keine Chademo-Stecker – der japanische Lade-Standard – oder ergänzende Ladebetreiber vor Ort toleriert werden. «Und wenn», so Piffaretti, «dann mit beschränkter Ladeleistung, was klar gegen Astra-Empfehlungen verstösst.»

Weko und Preisüberwacher

Das will Marco Piffaretti nicht hinnehmen: Kurz nach Bekanntwerden des neuen Tarifs hat der Tessiner sowohl die Wettbewerbskommission (Weko) als auch den Preisüberwacher angeschrieben. Letzterer werde analysieren, ob ein Vertragspartner, der eine Ladestation betreibt, unterschiedliche Preise anwenden und gewisse Marken benachteiligen oder ausschliessen dürfe.

«Ich bin der Meinung, dass wir das auf öffentlichem Schweizer Boden nicht tolerieren dürfen», betont Piffaretti. Dennoch sei dieses Vorgehen an gewissen Orten längst Praxis: In Neuenkirch LU oder an der Urner Gotthard-Raststätte etwa hätten die Betreiber Ionity die Exklusivität für Jahre zugestanden.

Verzerrte Konkurrenz

Noch kurioser sei die Situation, weil Ionity stark von der EU subventioniert wird – auch die sieben Schweizer Standorte! Die Weko solle deshalb prüfen, inwieweit eine von der EU subventionierte ausländische Firma – die in der Schweiz nicht mal Steuern zahle – ihre Anlagen hier zu Kosten betreibe, die niedriger seien als jene der unsubventionierten Schweizer Anbieter. «Dies führt zu einer verzerrten Konkurrenz», ärgert sich Piffaretti: «Die EU müsste sich ebenfalls daran stören, dass ihr Geld nicht in der EU eingesetzt wird.»

Rückendeckung bekommt Piffaretti von einem der wichtigsten Schweizer Automanager: «Mit dem neuen Preis-Modell verwirrt Ionity die Kunden, die sich nun zwei Mal überlegen werden, ob E-Mobilität den Aufwand wert ist», schreibt Amag-CEO Morten Hannesbo ebenfalls auf Linkedin. «Ionity sollte den Fehler korrigieren und zur alten, transparenten Preisstruktur zurückkehren, um E-Autofahrern ein sorgenfreies Reisen durch Europa zu ermöglichen.» Zuerst müsse mit dem Preismodell die Vision von Ionity unterstützt werden – Profit komme erst an zweiter Stelle.

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