Mercedes EQC
Foto: Werk

Ionity-Kunden trifft der Schlag
E-Auto-Laden wird teurer als Tanken!

Die Zeiten, in denen man Elektroautos günstig laden konnte, sind bald vorbei: Grossanbieter Ionity macht das Nachladen ab Februar so teuer wie einen Tankstopp an der Zapfsäule. Doch es geht auch günstiger.
Publiziert: 22.01.2020 um 04:32 Uhr
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Aktualisiert: 03.12.2020 um 18:03 Uhr
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Ionity hat in den letzten zwei Jahren ein Schnellladenetz mit 200 Stationen und mehr als 860 Ladepunkten in ganz Europa aufgebaut.
Foto: zVg
Andreas Engel

Wer ein Elektroauto fährt und des Öfteren auf europäischen Langstrecken unterwegs ist, kommt an Ionity kaum vorbei. Dieses Ladesäulen-Konsortium der grossen Autobauer Audi, BMW, Ford, Mercedes, Porsche und VW hat in den letzten zwei Jahren entlang der Hauptverkehrsachsen über 200 Schnellladestationen mit bereits jetzt mehr als 860 Ladepunkten in Betrieb genommen.

Der Clou: Nicht nur sind die Stationen für extreme Ladeleistungen von bis zu 350 kW ausgelegt (was allerdings noch kein E-Auto abrufen kann; der neue Porsche Taycan etwa lädt mit bis zu 270 kW) –, sondern der Ladevorgang ist mit pauschal 8 Franken (EU: 8 Euro) günstig. Wer also etwa Strom für 300 Kilometer lädt, zahlt je 100 Kilometer nur knapp über 2.50 Franken. Bis jetzt.

Das Zehnfache des Preises

Aber ab 31. Januar ists damit vorbei: Ionity hebt die Preise an – und wie! Neu sinds 79 Rappen (EU: 79 Cent) pro Kilowattstunde! Mit dem neuen Preismodell erleben Elektrofahrer ihr grünes Wunder (der Strom von Ionity ist zu 100 Prozent regenerativ). Wer etwa den 95-kWh-Akku eines – nur zum Beispiel – Audi e-tron lädt, zahlt im (eher theoretischen) Extremfall (0 auf 100 Prozent Kapazität) bis zu 75 Franken! Das ist fast das Zehnfache und macht bei rund 400 Kilometern Reichweite dann 18 Franken auf 100 Kilometer.

Zum Vergleich: Bei einem Benziner entspräche das bei einem Literpreis von 1.60 Franken einem Auto, das über 11 l/100 km schluckt!

Meist Sonderkonditionen

Bevor nun Panik unter E-Auto-Fahrern ausbricht, sei an dieser Stelle jedoch relativiert. Erstens bieten die meisten Hersteller, die ein E-Auto im Angebot haben, Spezialtarife an. Um beim Beispiel Audi e-tron zu bleiben: Bei Audi gibts die e-tron-Charging-Service-Karte, bei der Langstreckenfahrer zwar eine Grundgebühr von knapp 20 Franken im Monat entrichten, dann im Ionity-Netz in Zukunft aber für 37 Rappen/kWh Strom tanken – auch im Ausland. Macht für die Vollladung des E-Tron dann nur mehr 35 Franken.

Klar: Zu Hause, wo praktisch E-Auto-Fahrer in den allermeisten Fällen laden – ausser eben auf Langstrecken –, bleibts günstiger: Hier gibts eine 95-kWh-Vollladung je nach Anbieter und Tarif ab etwa 13 Franken.

Viele günstiger als Ionity

Zudem können E-Auto-Fahrer auf zahlreiche weitere Anbieter ausweichen. Wer etwa die Ladekarte oder App der Schweizer Firma Swisscharge besitzt, hat Zugriff auf insgesamt fast 49'000 Ladestationen Dutzender Betreiber in ganz Europa. Und diese sind in Zukunft teils günstiger als Ionity: Bei Move kostet die Stunde am Schnelllader gut 19 Franken, im Ladenetz von BMW nur etwa 17 Franken. Auch beim grössten öffentlichen Schweizer Anbieter evpass kann geladen werden, hier käme das mit knapp 52 Franken ebenfalls günstiger als bei Ionity.

Fazit: Es überrascht, dass Ionity die Preise fürs Stromtanken schon jetzt um ein Vielfaches erhöht, ehe der Elektrotrend überhaupt richtig angelaufen ist. Doch Nachfrage und Angebot werden die Preise bestimmen – auch Tesla verlangt an den eigenen Superchargern inzwischen Geld. Und vielleicht sollten sich nicht nur Ionity, sondern einfach alle mal überlegen, ihre Angebote ganz grundsätzlich zu vereinheitlichen. Denn vom übersichtlichen Bezahlsystem für Elektroauto-Fahrer sind wir in ganz Europa noch weit entfernt.

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