Die erste längere Fahrt der Automobilgeschichte unternahm eine Frau. Im Jahr 1888 zuckelt Berta Benz (1849–1944) mit dem von ihrem Mann entwickelten Patent-Motorwagen vom deutschen Mannheim nach Pforzheim. Doch die Autoindustrie blieb jahrzehntelang eine Männerdomäne. Frauen vernähten in den Werken Sitzbezüge, aber gestaltet wurden die Interieurs von Designern. Männer und Motoren – eine untrennbare Verbindung, vor allem in den USA.
Doch nach dem Zweiten Weltkrieg avancierten Frauen dort zu einer Kundengruppe, die nicht mehr ignoriert werden konnte. Während ihre Gatten, Brüder oder Väter in Europa gegen die Nazis kämpften, hatten sie in den Vereinigten Staaten einerseits viele vermeintlich typische Männerberufe für sich erobert, Kompetenzen gesammelt und Selbstbewusstsein getankt. Gleichzeitig wollten sich jene Frauen, die sich nun wieder für Familie und Haushalt zuständig sahen, Zweitwagen zusätzlich zum Familienauto in die heimischen Garagen stellen.
Mehr Kundinnen anlocken
Für Harley J. Earl (1893–1969) war klar: Autos müssen femininer werden. Der Chefdesigner von General Motors gilt heute als erster echter Autodesigner und als Erfinder der riesigen Heckflossen, die neben vielen US-Modellen auch manchen Mercedes zierten. Er war überzeugt, dass properes Design der wichtigste Faktor für gutes Marketing ist. Um die weibliche Kundschaft das Scheckbuch zücken zu lassen, bräuchte General Motors (GM) also – Designerinnen. Die konnte er bei GM aber an einer Hand abzählen. Ab 1955 rekrutierte er daher unter anderem Absolventinnen des renommierten Pratt Instituts in New York. In Spitzenzeiten schufen bis zu zwanzig Designerinnen Interieurs, entschieden über Farben und Stoffe und gestalteten Concept Cars. Earl liess ihnen freie Hand.
Doch präsentieren konnten sie ihr Werk 1958 nur an einer extra ausgerichteten «Feminine Show». Und nebenbei arbeiteten viele auch an neuen Haushaltsgeräten in GMs Elektrogeräte-Abteilung. Die Presseabteilung des Konzerns vermarktete sie gar despektierlich als «Fräuleins», als «Damsels in Design». Schon 1959 übernahm Bill Mitchell (1912–1988) für Earl und sorgte dafür, dass wieder Männer an den Zeichentischen sassen. Heute sind bei allen Herstellern Designteams längst ausgeglichen besetzt. Doch noch immer hat es keine Frau auf den Posten einer Designdirektorin geschafft.