Posieren vor Sportwagen, das durften Frauen damals. Aber das Ding fahren? Gott bewahre! Porsche schrieb vor 51 Jahren in seiner Werbebroschüre zum 1972 neu lancierten 911 Carrera RS 2.7, dass er als Übersportler explizit für 500 Männer gebaut worden sei. Heute wären Bild und Anzeige völlig undenkbar.
Aus den einst für die Gruppe-4-Homologation geplanten 500 «Männer-Fahrzeugen» wurden insgesamt 1580 Stück. Diese sind zwar heute nicht unbezahlbar, aber auf dem besten Weg dorthin. So wechselte kürzlich auf einer Auktion ein Carrera RS 2.7 für rund 1,3 Millionen Franken seinen Besitzer.
Für den Rennsport entwickelt
Kenner wissen: Der 911 Carrera RS 2.7 wurde für den Motorsport zusätzlich zur Gruppe 4 auch für die Gruppe 3 homologiert. 200 Fahrzeuge baute Porsche in der Leichtbauversion Sport mit wählbarem Ausstattungspaket M 471. In der reinen Rennversion entstanden 55 Einheiten, 17 als Basisfahrzeug sowie 1308 als Touring.
Dieser Touring, intern M472 genannt, fährt sich etwas weniger bissig als die spartanische Sportversion, bei der unter anderem auf die Rücksitze, Teppiche, Uhr und Armlehnen verzichtet wurde. Auf Kundenwunsch gabs für noch weniger Gewicht anstelle der bequemen Sportstühle gar nur zwei leichte Sitzschalen. Die waren nichts für Weicheier. Selbst das Porsche-Wappen auf der Fronthaube war anfangs nur geklebt. Kein Wunder, wog der nur 960 Kilogramm leichte M471 Sport stattliche 115 Kilogramm weniger als der M472 Touring. Sein Basispreis damals: 34’000 deutsche Mark. Das Sportpaket kostete 700 DM, das Touringpaket üppige 2500 DM Aufpreis.
Der markante «Entenbürzel»
Durch seine beiden markanten Spoiler vorne und speziell am Heck – daher auch der Spitzname «Entenbürzel» – ist der 911 Carrera RS 2.7 einfach zu erkennen. Zwar nicht wirklich schön, brachte der ungewöhnliche Heckspoiler den gewünschten Effekt – Abtrieb bei schneller Fahrt, zusätzliche Kühlluft für den Motor im Heck, und mit 250 km/h eine etwas höhere Spitzengeschwindigkeit. «Der 911 Carrera RS 2.7 war als Homologationsfahrzeug konzipiert und sollte ein ganz leichtes, schnelles Sportfahrzeug werden», erinnert sich Peter Falk (89) heute, damals Versuchsleiter Serienfahrzeuge bei Porsche.
Herzstück des 911 RS 2.7 ist natürlich sein 2,7 Liter grosser Sechszylinder-Boxer. Dieser sägt bereits im Stand so imposant vor sich hin, dass wir es kaum erwarten können, den 210 PS auf den Strassen im Schwarzwald endlich die Sporen zu geben. Der Boxer hängt zwar gut am Gas, unten herum fehlts ihm aber etwas an Biss. Ab dem mittleren Drehzahlbereich geht die Post dann aber gewaltig ab – knapp über 5000 Touren liegt das maximale Drehmoment von 255 Nm an. Damals mehr als stattlich ist dies 50 Jahre später zumindest auf dem Papier nicht mal mehr Mittelmass. In Realität und am Steuer des RS aber dennoch weiterhin spektakulär.
Aufgebohrter Rennmotor
Der von Hans Mezger (1929–2020) und Valentin Schäffer (90) entwickelte Rennmotor wurde um 0,3 auf 2,7 Liter aufgebohrt – nicht zuletzt möglich durch die dünne Nikasil-Beschichtung der Zylinder. Für eine bessere Alltagstauglichkeit blieben Verdichtung, Steuerzeiten und Ventildurchmesser des ursprünglichen 2,4-Liter-Aggregats identisch. Aus dem Stand beschleunigt der 911 RS 2.7 in 5,8 Sekunden auf Tempo 100 und schafft eine Spitze von 250 km/h (Touring: 240 km/h).
Heute beeindruckender denn je ist die erstaunlich zickenfreie Fahrbarkeit im Alltag sowie die Art, wie der puristische Hecktriebler seine Leistung auch bei schnellem Antritt auf die Strasse bringt. Dafür sorgt nicht nur die ideale Abstimmung von Federn und Dämpfern, sondern auch die Mischbereifung an Vorder- und Hinterachse. «Wir wollten mit breiten Reifen an der Hinterachse Traktion und Fahrverhalten verbessern, weil das Gewicht an der Hinterachse am höchsten ist», erinnert sich Peter Falk. Erstmals erhielt deshalb ein Serienfahrzeug bei Porsche verschiedene Räder- und Reifengrössen (vorne 6x15 mit 185/70 VR 15, hinten 7x15 mit 215/60 VR 15). Das ist bis heute geblieben – wie auch die Legende des Porsche 911 Carrera RS 2.7.
Heute dürfte ein Vielfaches der ursprünglich produzierten RS 2.7 existieren. Vor allem in den USA wurden treuherzige Serien-Elfer mit Glasfaser und Spachtelmasse zu RS-Kopien aufgebürzelt. Was die echten nur noch wertvoller macht. Unter 700'000 Franken muss man erst gar nicht suchen.