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Interview mit Audi-Boss Bram Schot
«Wir müssen Nachhaltigkeit mit Fahrspass kombinieren»

SonntagsBlick traf am heute zu Ende gehenden Genfer Autosalon Audi-Boss Bram Schot und sprach mit ihm über Sparprogramme, Investitionen, die Aufarbeitung des Dieselskandals sowie den Wandel der Mobilität und der Marke Audi.
Publiziert: 17.03.2019 um 11:51 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2019 um 07:55 Uhr
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Am Autosalon in Genf getroffen: Audi-Chef Bram Schot – hier posierend vor der noch leicht getarnten Studie e-Tron Sportback.
Foto: Stefan Bohrer
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Raoul SchwinnenRedaktor Auto & Mobilität

Lieben Sie Veränderungen?
Bram Schot: Ja. Vor allem wenns danach besser wird.

Das müssen Sie auch. Seit 1. Januar 2019 stehen Sie offiziell als Vorstandschef an der Spitze von Audi. Einer Marke, deren Absatz im Sinkflug und deren Rendite im Keller ist. Da brauchts Veränderungen und neue Ideen.
Wenn man betrachtet, was um uns herum los ist, haben wir uns 2018 gar nicht so schlecht geschlagen. Die Branche ist im Wandel. Und bei uns gibts darüber hinaus einige hausgemachte Themen, die wir angehen. Es geht darum, die gewaltigen Investitionen der nächsten Jahre zu stemmen und dabei dennoch eine befriedigende Rendite zu erwirtschaften. In diesem Umfeld entscheiden wir nun, welche Schwerpunkte wir setzen.

Einer ist sicher Ihr Sparprogramm. Wie wollen Sie bis 2022 rund 15 Milliarden Euro einsparen?
Jeder denkt beim Sparen an weniger Geld ausgeben. Es geht aber auch darum, neue Einnahmequellen zu erschliessen oder Märkte besser auszuschöpfen.

Oder Personal abzubauen?
Wir haben bis 2025 eine Beschäftigungs-Garantie abgegeben. Aber natürlich wird es zu Verschiebungen kommen. Hin zu neuen Berufsbildern und Geschäftsfeldern. Wir müssen ausserdem jünger, internationaler und weiblicher werden. Das schaffen wir über die natürliche Fluktuation. Das gilt im Übrigen auch fürs Management. In den letzten Jahren hat sich die Zahl unserer Manager stärker erhöht als die der Mitarbeiter. Da müssen wir ran.

Aber Sie können nicht nur Sparen und Personal abbauen ...
Nein, natürlich nicht. Wir müssen gleichzeitig auch aufbauen und investieren.

Und die Entwicklung der Elektromobilität verschlingt Milliarden.
Wir müssen in Summe effizienter werden, um all dies finanzieren zu können.

Wo?
Überall. Wir haben sieben Pakete geschnürt und sind damit gut gestartet. Ein General in China sagte vor rund 2000 Jahren: «Wenn das Ziel klar ist, ist der Weg dahin nicht so wichtig.» Also müssen wir definieren, wo wir hingehen wollen, dann ist es auch einfacher, die Ziele zu erreichen.

China ist ein gutes Stichwort. Der grösste Markt der Welt ist auch für Audi der wichtigste. Und der schwächelt.
Aber langfristig wird er wieder wachsen. Ich glaube nicht, dass sich diese Erkältung zu einer veritablen Grippe auswächst. Wir müssen mit Schwankungen leben. Und wir können mit Schwankungen leben.

Wie arg beschäftigen Sie Altlasten wie der Dieselskandal noch?
Auch wenn wir gut vorwärtsgekommen sind, werden wir dieses Thema wohl nicht ad acta legen können. Das hätte nie passieren dürfen. Es ist passiert – und wir haben die Verantwortung dafür übernommen. Die Aufklärung ist nun da, und wir müssen aus dieser Geschichte lernen. Und wir haben daraus gelernt. Jetzt müssen wir langsam, aber sicher wieder nach vorne schauen.

Warum hat Audi die Umstellung auf den neuen WLTP-Messzyklus verschlafen?
Wir hatten natürlich Vorbereitungen getroffen, und gleichzeitig mussten wir die Vergangenheit aufarbeiten.

Aber andere Hersteller hatten damit weniger Probleme.
Uns hat auch die Komplexität im eigenen Modellprogramm sehr viel Zeit gekostet. Aber das Thema haben wir inzwischen im Griff. Künftig richten wir unser Angebot konsequent auf das aus, was unsere Kunden wirklich wollen.

Das Angebot wird schmaler und wieder übersichtlicher?
Unser Angebot war viel zu breit und viel zu tief. Deshalb haben wir vom Kunden wenig gekaufte Getriebe- und Motorvarianten oder Sonderausstattungen gestrichen und so unsere Komplexität bereits um 30 Prozent reduziert. Dazu überlegen wir uns, uns von Märkten, wo wir nicht so erfolgreich operieren, zurückzuziehen. Obwohl wir auf diese Weise massiv sparen, werden wir dabei kaum Absatzvolumen verlieren.

Warum nutzt Audi konzernintern nicht mehr Synergien – etwa mit Porsche?
Das tun wir mit der gemeinsamen Entwicklung und späteren Nutzung der elektrischen Plattform bereits. Wir werden viel mit Porsche austauschen, umgekehrt natürlich auch. Und selbstverständlich auch mit den anderen Konzernmarken. Das ist auch etwas, das Konzernchef Herbert Diess vorantreibt. Unsere Branche wird mit der Digitalisierung, dem Sharing und dem autonomen Fahren immer komplexer, und wir können nicht auf jeder Hochzeit tanzen.

Also legen Sie den Schwerpunkt bei Audi auf Elektrifizierung und Digitalisierung?
Bis 2025 wird jeder dritte verkaufte Audi ein Stromer sein. Die Nachfrage nach Elektroautos wird viel schneller steigen als allgemein erwartet. Und dieser Nachfrage wollen wir gerecht werden. Bis Ende nächsten Jahres werden wir zwölf elektrifizierte Modelle anbieten.

Das heisst, Audi wird grün?
Ja! Ich bin überzeugt und begeistert von der nachhaltigen Mobilität. Es gibt nichts Genialeres als die Beschleunigung eines Elektroautos! Und die nachhaltige Mobilität wird funktionieren, wenn wir Nachhaltigkeit mit Fahrspass kombinieren.

Zur Person

Nach abgeschlossenem Studium mit MBA an der Uni Bradford begann der am 12. Juli 1961 in Rotterdam (NL) geborene Bram Schot 1986 als Management-Trainee in der ABN-AMRO Bank und wechselte ein Jahr später zur Mercedes-Benz AG, wo er bis 2003 zum CEO von Daimler Chrysler Niederlande aufstieg. Nach fünf Jahren an der Spitze von Daimler Chrysler in Italien wechselte Schot zum VW-Konzern und verantwortete von 2012 bis 2017 als Vorstand von VW Nutzfahrzeuge den Bereich Marketing und Vertrieb. Am 1. September 2017 wurde er Vorstand für Vertrieb und Marketing der Audi AG, am 19. Juni 2018 übernahm er zusätzlich kommissarisch und seit 1. Januar 2019 definitiv die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden der Audi AG. Bram Schot ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Stefan Bohrer

Nach abgeschlossenem Studium mit MBA an der Uni Bradford begann der am 12. Juli 1961 in Rotterdam (NL) geborene Bram Schot 1986 als Management-Trainee in der ABN-AMRO Bank und wechselte ein Jahr später zur Mercedes-Benz AG, wo er bis 2003 zum CEO von Daimler Chrysler Niederlande aufstieg. Nach fünf Jahren an der Spitze von Daimler Chrysler in Italien wechselte Schot zum VW-Konzern und verantwortete von 2012 bis 2017 als Vorstand von VW Nutzfahrzeuge den Bereich Marketing und Vertrieb. Am 1. September 2017 wurde er Vorstand für Vertrieb und Marketing der Audi AG, am 19. Juni 2018 übernahm er zusätzlich kommissarisch und seit 1. Januar 2019 definitiv die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden der Audi AG. Bram Schot ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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