Tuning-Legende Rainer Buchmann
Der schrille Paradiesvogel gibt wieder Gas

Sein Leben ist ebenso bunt wie der farbenprächtige Regenbogen-Porsche, mit dem sich Rainer Buchmann vor bald 50 Jahren als Tuner einen Namen machte. Doch der heute wieder aktive 74-Jährige ist weit mehr als «nur» ein Farb-Tuner.
Publiziert: 16.08.2020 um 03:57 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2021 um 11:17 Uhr
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Dieses Wrack löste die schillernde Tuning-Karriere von Rainer Buchmann aus. Während des einjährigen Spitalaufenthalts beschloss er, sein Studium an den Nagel zu hängen und sich selbständig zu machen.
Foto: ZVG.
Wolfgang Gomoll und Raoul Schwinnen

Manch eine Karriere beginnt mit einem Unfall. So auch die von Rainer Buchmann. Wäre der heute 74-jährige Deutsche nicht als junger Student in seinem mühsam zusammengesparten Porsche mit einem auf der falschen Strassenseite entgegenkommenden Bus zusammengeprallt, hätte er wohl kaum seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Und der Autowelt wären Trouvaillen wie der 1976 entstandene Regenbogen-Porsche, mit dem Polaroid auf der Photokina in Köln für Aufsehen sorgte, oder der Mercedes CW 311 entgangen.

«Vor dem Aufprall verkroch ich mich noch im Fussraum und brach mir dann mit dem eigenen Kopf den schützenden Arm», erinnert sich Buchmann an den heftigen Crash. Beim anschliessenden Krankentransport vergassen die Sanitäter, die Trage in der Ambulanz zu sichern. Und als der Krankenwagen auf einer Kreuzung anfuhr, rollte die Trage samt Patient aus der Ambulanz. Buchmann klammerte sich trotz gebrochenem Arm krampfhaft an den Türen der weiterfahrenden Ambulanz fest. «Die Autofahrer staunten nicht schlecht», erzählt er und grinst verschmitzt.

Karrierestart mit Schmerzensgeld

Während des fast einjährigen Spitalaufenthalts machte sich Buchmann Gedanken über seine Zukunft und beschloss, das Studium abzubrechen und sich selbständig zu machen. Als Startkapital für seine Firma bb diente ihm 1973 die ungewöhnlich hohe Summe von 50'000 Mark, die er nach seinem Unfall als Schmerzensgeld erhielt.

Die Anfänge von Buchmanns Karriere waren vergleichsweise bescheiden. Farbspritzanlage? Nein, ein umgebauter Staubsauger, dessen Schlauch blies, statt zu saugen, musste genügen. Die umlackierten Autos waren ebenso bunt wie der Paradiesvogel der Tunerszene selbst. Doch Buchmanns «veredelte» Fahrzeuge fanden bei den Kunden Gefallen. «Mein Vater war Damenschneider. Von ihm habe ich den Sinn fürs Ästhetische geerbt», erzählt er.

Torero als Karosseriespengler

Doch darüber hinaus hatte Buchmann auch Ideen, um die Autos technisch zu verbessern. «Ich wollte immer nur das Beste für meine Autos.» Um seine Visionen zu verwirklichen, quartierte er sich 1974 in einer Hinterhof-Werkstatt ein. Einer der ersten Mitarbeiter war der Spanier Manuel Melero. «Er bewarb sich als Karosseriespengler, obwohl er das gar nicht konnte und lieber Torero geworden wäre», so Buchmann.

Doch Melero erwies sich als Naturtalent. So lobten die Tester der Fachmagazine die verbesserte Karosseriesteifigkeit des Regenbogen-Porsche, der 1980 in der Gaunerkomödie «Car-Napping» eine Hauptrolle spielte und den Buchmann dutzendweise an die Reichen und Schönen von St. Moritz bis Saint-Tropez verkaufte.

Pionier der Digitalisierung

Buchmann war klar, dass er mit den etablierten Motortunern nicht mithalten konnte. Folglich konzentrierte er sich auf Optik, Elektronik, Sound und Komfort. Zusammen mit Peter Roggendorf, einem Elektronikexperten des deutschen Max-Planck-Instituts, entwickelte er das erste frei programmierbare und verkäufliche Mikroprozessorsystem fürs Auto, das gar schon sprechen konnte.

Ein weiteres Ergebnis war eine Park-Distance-Control mit zentimetergenauer Anzeige plus Sprachansage, für die er Autofocus-Sensoren für Polaroid-Kameras zweckentfremdete. Auch eine weltweit patentierte Lenkradbedienung hatte das Duo ersonnen. Buchmann, der Digitalpionier. Doch den etablierten Autobauern war diese Technik zu teuer oder passte nicht ins Konzept. «Digitales kommt uns nicht ins Auto», liess der damalige Mercedes-Entwicklungschef Werner Breitschwerdt ausrichten. Für Buchmann überhaupt nicht nachvollziehbar – und der Erfolg gab ihm recht.

Hoflieferant der Schickeria

Die Sportwagen mit dem bb-Logo, mit Blickfang-Design und technischen Details, wie man sie damals nur aus James-Bond-Filmen kannte, machten Buchmann zum Hoflieferanten der Schickeria. Zu Spitzenzeiten beschäftigte er bis zu 60 Mitarbeiter. «Die Leute überboten sich gegenseitig», erinnert er sich stolz. Dem Besitzer der damaligen Edel-Disco Dorian Gray im Flughafen von Frankfurt am Main installierte er eine Lichtorgel in dessen Stretch-Limousine. Oder peppte die anfällige Rolls-Royce-Elektronik auf. Ein weiteres Highlight war der VW Polo Carat, der am Genfer Autosalon 1982 mit seinem digitalen Cockpit einen Ausblick in die Zukunft gab. Infos wie Durchschnittsgeschwindigkeit und
-verbrauch oder Aussentemperaturanzeige mit Glatteiswarnung standen auf Knopfdruck zur Verfügung. Heute Minimalausstattung, damals eine Sensation.

Selbst der Stern hing nicht zu hoch

Rainer Buchmanns grösster Wurf war 1978 wohl der Mercedes CW 311, den er gemeinsam mit dem späteren Isdera-Chef Eberhard Schulz schuf. Der Flügeltürer im Geist des ersten Mercedes SL sieht heute noch so futuristisch aus, dass daneben selbst der aktuelle GT wie ein Oldtimer wirkt. Das einzigartige, inzwischen angeblich in der Sammlung des Sultans von Brunei stehende Fahrzeug steht aber auch für das Marketing-Genie des Frankfurter Car-Couturiers. So erzählt Buchmann heute noch voller Stolz, dass es ihm als bisher erstem und einzigem Tuner gelungen war, Mercedes für dieses Projekt den Stern abzuschwatzen. Und präsentiert als Beweis auch gleich das entsprechende Genehmigungsschreiben.

Der CW 311 von Rainer Buchmanns bb ist der einzige ausserhalb des Daimler-Konzerns entwickelte Mercedes, der einen Stern tragen darf.
zvg

Rainer Buchmanns grösster Wurf war 1978 wohl der Mercedes CW 311, den er gemeinsam mit dem späteren Isdera-Chef Eberhard Schulz schuf. Der Flügeltürer im Geist des ersten Mercedes SL sieht heute noch so futuristisch aus, dass daneben selbst der aktuelle GT wie ein Oldtimer wirkt. Das einzigartige, inzwischen angeblich in der Sammlung des Sultans von Brunei stehende Fahrzeug steht aber auch für das Marketing-Genie des Frankfurter Car-Couturiers. So erzählt Buchmann heute noch voller Stolz, dass es ihm als bisher erstem und einzigem Tuner gelungen war, Mercedes für dieses Projekt den Stern abzuschwatzen. Und präsentiert als Beweis auch gleich das entsprechende Genehmigungsschreiben.

Comeback 30 Jahre nach Pleite

Doch in den 1980ern wechselte die Mode, die Geschäfte gerieten ins Stocken, und 1986 ging bb Pleite. Mit dem Projekt Moonracer für den reichen Frankfurter Internet-Millionär Klaus-Jürgen Orth kehrte Rainer Buchmann dann 2014 wieder auf die grosse Autoshow-Bühne zurück. Und diese Arbeit, für die er seine alten Kontakte wieder aufwärmte und ehemalige Partner ins Boot holte, machte dem 74-Jährigen so viel Spass, dass er wieder durchstarten will. So veredelt er aktuell gerade einen Lamborghini Urus.

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