Auf einen Blick
- Dakar-Rallye: Extreme Herausforderung für Fahrer und Fahrzeuge in Saudi-Arabien
- Dacia startet mit dem Sandriders-Team zum ersten Mal
- Fast 8000 Kilometer Strecke über zwei Wochen
Ein Boxenstopp dauert in der Formel 1 gerade mal rund zwei Sekunden. Dabei bewegen sich die vielköpfigen F1-Pitstop-Crews mit der Präzision eines Uhrwerks und sind mit ihren Handgriffen perfekt aufeinander abgestimmt. Oft macht genau das den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage.
Bei der Rallye Dakar sieht die Realität eines Reifenwechsels ganz anders aus. In den Wüsten Saudi-Arabiens sind die Piloten und ihre Navigatoren auf sich selbst gestellt – und ganz nebenbei also auch noch Mechaniker. Im Fall eines Reifenschadens heisst es dann nicht wie in der F1 nur «Box, Box» – sondern: anhalten, aussteigen, Reifen selber wechseln und anschliessend wieder weiterfahren. Schnell muss es aber trotzdem gehen. Im Schnitt braucht eine Dakar-Besatzung für einen Radwechsel vom Stopp bis zur Weiterfahrt auch nur eineinhalb Minuten!
Starkes Trio
Dass dies realistisch ist, erfahren wir im Start-Biwak der Marathon-Rallye. Im Gespräch mit dem fünffachen Dakar-Sieger Nasser Al-Attiyah (54) fragen wir nach, ob er diese Zeit ebenfalls erreichen kann. Darauf antwortet er lächelnd: «Nein, ich bin schneller. Letztes Jahr brauchte ich für den Wechsel nur 58 Sekunden!»
Der Dakar-Veteran fährt in diesem Jahr in der Ultimate-Kategorie für das neue Sandriders-Team von Dacia, das uns vor dem Rennen einen exklusiven Blick hinter die Kulissen gewährt. Die Renault-Tochter kommt mit viel Selbstvertrauen nach Saudi-Arabien. Denn bereits das erste offizielle Rennen der Sandriders, die Rallye Marokko, konnte Al-Attiyah gewinnen. Neben dem katarischen Rennfahrer fährt auch Rallye-Legende Sébastien Loeb (50) und die Vorjahressiegerin der Challenger-Kategorie, Cristina Gutiérrez (33), für die Sandriders – ideale Voraussetzungen also.
Unberechenbar
Doch trotz des grossen fahrerischen Talents im Team zeigen sich die Dacia Sandriders demütig vor der ersten Dakar-Teilnahme und stapeln tief. Edouard Boulanger (45), Copilot von Nasser Al-Attiyah, betont, dass man allein schon mit einer Zielankunft zufrieden wäre. Für die Sandriders ist die Rallye Dakar sogleich der erste Test über eine lange Distanz. Während der zweiwöchigen Rallye, die jetzt bereits zum sechsten Mal in Saudi-Arabien ausgetragen wurde, legen die Teams fast 8000 Rennkilometer zurück!
Auf einer so langen Strecke zählt nicht nur die Geschwindigkeit, sondern vor allem auch Robustheit und Durchhaltewillen. Trotz guter Federung werden die Teams in ihren Fahrerkabinen nämlich regelrecht durchgeschüttelt, was nicht selten auch zu Verletzungen führt. Kein Wunder, dass neben unzähligen Mechanikern auch Physiotherapeuten mitreisen. Das Schlimmste sind laut Boulanger aber die hohen Temperaturen: «Im Cockpit kann es noch bis zu 10 Grad wärmer werden als draussen in der Wüste. Vor allem bei langsamerer Gangart praktisch ohne Fahrtwind kaum auszuhalten.»
Wie der Name verrät (Rallye Paris–Dakar), führte die anspruchsvolle Marathon-Rallye früher von der französischen zur senegalesischen Hauptstadt. Die Idee dazu kam dem Motorrad-Abenteurer Thierry Sabine (1949–1986), als er sich 1977 während einer Rallye in der libyschen Wüste verirrte und sich von der überwältigenden Landschaft inspirieren liess. Um die Faszination und Schönheit der unberührten Natur mit der Welt zu teilen, entwarf er ein Rennen, das quer durch Afrika führte.
1978 starteten 170 Fahrzeuge zur ersten Dakar-Rallye durch Algerien, Niger, Mali und Senegal. 74 Teams erreichten zwei Wochen später das Ziel.
30 Jahre später musste die Dakar-Rallye wegen Terrordrohungen abgesagt werden. Wegen politischer Unruhen in Afrika wich die Rallye erst nach Südamerika und seit 2020 nach Saudi-Arabien aus.
Wie der Name verrät (Rallye Paris–Dakar), führte die anspruchsvolle Marathon-Rallye früher von der französischen zur senegalesischen Hauptstadt. Die Idee dazu kam dem Motorrad-Abenteurer Thierry Sabine (1949–1986), als er sich 1977 während einer Rallye in der libyschen Wüste verirrte und sich von der überwältigenden Landschaft inspirieren liess. Um die Faszination und Schönheit der unberührten Natur mit der Welt zu teilen, entwarf er ein Rennen, das quer durch Afrika führte.
1978 starteten 170 Fahrzeuge zur ersten Dakar-Rallye durch Algerien, Niger, Mali und Senegal. 74 Teams erreichten zwei Wochen später das Ziel.
30 Jahre später musste die Dakar-Rallye wegen Terrordrohungen abgesagt werden. Wegen politischer Unruhen in Afrika wich die Rallye erst nach Südamerika und seit 2020 nach Saudi-Arabien aus.
Heikle Navigation
Als wäre das nicht genug, gestaltet sich auch die Navigation in der Wüste alles andere als einfach. Sie geschieht über ein sogenanntes Roadbook, das den Fahrern aufgrund einer vereinfachten Darstellung der Landschaft, Richtungsanweisungen und Distanzangaben vorgibt, wo der nächste Wegpunkt zu finden ist. Wie genau sie diese anfahren, bleibt aber den Beifahrern überlassen. Einen falschen Weg gibt es nicht, lediglich vor Gefahren wie steilen Abhängen wird im Roadbook gewarnt.
Die Navigation ist vor allem für jene Teams relevant, die zuerst starten. Da die Autos in bestimmten Zeitintervallen nacheinander losfahren, haben die Letzten einen entscheidenden Vorteil: Sie sehen die Spuren ihrer Wettbewerber, die bereits den schnellsten Weg gefunden haben. So kann enorm viel Zeit gespart werden, und vor bestimmten Etappen verlangsamen gewisse Fahrer bewusst, um am nächsten Tag nicht als Erster starten zu müssen.
Kampf bis zum Schluss
Eine sichere Fahrt ist in den Spuren der Konkurrenz aber nicht garantiert. Auch in diesem Jahr kam es während der Rallye zu unzähligen Unfällen. Bereits in den ersten Tagen des Rennens schied Vorjahressieger und Favorit Carlos Sainz (62) aus. Der Rollkäfig seines Ford Raptors war nach einem Überschlag zu stark beschädigt, um weiterzufahren. Wenig später ereilte Sandrider-Pilot Loeb das gleiche Schicksal. Ein Dakar-Sieg bleibt für den Franzosen somit auch bei seiner neunten Teilnahme ein Traum.
Für die beiden restlichen Dacia-Sandrider-Teams verlief die vorgestern zu Ende gegangene Rallye dagegen erfolgreicher. Al-Attiyah/Boulanger kämpften sich nach einigen Problemen während der ersten Woche wieder näher an die Spitze heran, realisierten am zwölften Rallyetag den ersten Etappensieg fürs Dacia-Team und lagen so drei Tage vor Schluss nur noch 31 Sekunden hinter den Podiumsplätzen zurück. Nach einem Navigationsfehler bleibt dieses zwar ausser Reichweite, auf den erkämpften vierten Rang können die Sandriders bei ihrer Dakar-Premiere aber stolz sein.
Sieger der diesjährigen Rallye wurde Toyota mit Fahrer Yazeed Al-Rajhi (43) und Navigator Timo Gottschalk (50). Für Al-Rajhi erfüllt sich damit ein Märchen: Er ist erste Saudi-Araber, der die Rallye Dakar gewinnt und hat dies bei seinem elften Versuch endlich in seinem Heimatland geschafft.