Manche Vorurteile halten sich hartnäckig – gerade, wenn es um das Autofahren geht: Das AG des Kantons Aargau signalisiere «Achtung, Gefahr!», Niederländer führen nie ohne Wohnwagen los. Und Frauen könnten sowieso nicht Auto fahren – geht es nach all den Stammtischen voller selbstredend perfekt fahrender Männer.
Zumindest mit letztem Mythos kann Blick aufräumen – mit harten Zahlen und Fakten. Unfall-Statistiken zeigen genau das Gegenteil des Vorurteils an, etwa die Zahlen des Bundesamts für Strassen (Astra) von 2019: Autofahrerinnen waren nur für ein Viertel aller 53'528 registrierten Schweizer Verkehrsunfälle (exakt 13'915 davon) verantwortlich. Bei 34'665 Unfällen sass ein Mann am Steuer. Häufigste Unfallursachen: zu schnelles Fahren, Unaufmerksamkeit, Trunkenheit am Steuer.
Männer bauen mehr und schwerere Unfälle
Dabei spielt es keine Rolle, ob Stadt oder Land, Deutsch- oder Westschweiz oder in welchem Kanton: Ob Graubünden (490 Frauen zu 1577 Männer-Unfällen), Tessin (1036 zu 2369), Waadt (1240 zu 3157) oder Zürich (3958 zu 9995) – überall führen die Männer die Unfallstatistik mit grossem Abstand vor den Frauen an. Und Männer verursachen nicht nur mehr, sondern auch schwerere Unfälle (weshalb sie bei den Autoversicherern meist mehr bezahlen als Frauen) und müssen deutlich öfter den Führerausweis abgeben: Von fast 80'000 eingezogenen Ausweisen 2019 waren in über 80 Prozent der Fälle Männer betroffen – also nicht mal ein Fünftel Frauen.
Übrigens müssen insbesondere jüngere Verkehrsteilnehmer ihren Führerausweis abgeben: Am meisten betroffen sind 25- bis 29-Jährige, gefolgt von den 20- bis 24-Jährigen und 30- bis 34-Jährigen – und dies unabhängig vom Geschlecht.
Der typische Sünder ist jung und männlich
Oft argumentieren Männer: «Logisch bauen Männer mehr Unfälle – Frauen fahren ja weniger.» Falsch! Studien belegen, dass pro Kopf heute kaum noch Unterschiede in der Kilometerleistung bestehen – maximal im einstelligen Prozentbereich. Und es haben auch nicht deutlich weniger Frauen einen Führerausweis: Im Jahr 2022 waren knapp 2,9 Millionen Frauen im Besitz einer Fahrerlaubnis gegenüber 3,3 Millionen Männer. Das entspricht einem Verhältnis von 47 zu 53 Prozent – weit weg also vom Frauen-Männer-Unfallverhältnis 25 zu 75 Prozent.
«Je schwerwiegender ein Verkehrsdelikt, desto tiefer ist der Frauenanteil», erklärt Verkehrspsychologin Rahel Bieri im Interview mit dem «Landboten». Sobald es um Vorsatz und absichtliche Regelbrüche gehe, seien fast nur Männer betroffen – die Konstante fände man in allen Rechtsbereichen, nicht nur im Strassenverkehr.
«Jung, männlich und mit tiefem sozioökonomischem Status» beschreibe hierbei typische Verkehrssünder am besten. Spielten Unaufmerksamkeit oder Alkohol- und Drogeneinfluss eine Rolle, sei der Frauenanteil höher – aber auf bescheidenem Niveau. Unter dem Strich stellen wir im Fakten-Check fest: Sprüche wie «Frau am Steuer, Ungeheuer» sind nicht nur sexistisch – sondern einfach objektiv falsch.