Horacio Pagani
Vom Bäckersohn zum Traumboliden-Hersteller

Einst bastelte er Holzmodelle, jetzt baut der argentinische Bäckersohn in Italien teure Supersportwagen und begehrte Sammlerstücke für Millionäre. Horacio Paganis Lebenswerk ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte.
Publiziert: 16:05 Uhr
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Aktualisiert: vor 46 Minuten
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Schon als 12-jähriger Junge konstruierte Horacio Pagani (69) ein Holz-Modell, das seinen heutigen Autos gleicht.
Foto: Pagani S.p.A.

Auf einen Blick

  • Horacio Pagani: vom argentinischen Bäckersohn zum Supersportwagen-Hersteller in Italien
  • Inspiriert von Leonardo da Vinci, verbindet Pagani Kunst und Wissenschaft
  • 156 Zondas in knapp 20 Jahren handgefertigt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lorenzo FulviRedaktor Auto&Mobilität

Bereits als 12-jähriger Junge bastelte Horacio Pagani (69) erste Automodelle aus Balsaholz, die seinen heutigen Traumboliden sehr ähnlich sahen.

Geboren 1955, wuchs Pagani als Sohn eines Bäckers und einer Künstlerin in Argentinien auf. Als kleiner Junge verschlang er alles, was er über europäische Sportautomarken erfahren konnte, und begann später ein Studium als Industriedesigner, das er jedoch aufgrund der politischen Lage abbrechen musste. Auch das anschliessende Maschinenbaustudium schloss der junge Pagani nicht ab. Er wollte lieber was Handfestes konstruieren. So eröffnete er gegen den Willen seiner Eltern eine Werkstatt, wo er Barstühle, landwirtschaftliche Geräte und Wohnwagen entwarf, aber auch das Formel-2-Fahrzeug fürs argentinische Renault-Rennteam konstruierte.

Als 28-Jähriger wagte er den grossen Schritt: Zusammen mit dem früheren Rennfahrer Juan Manuel Fangio (1911–1995) wanderte Pagani nach Italien aus und erhielt einen Job bei Lamborghini. Dort trug er massgeblich zum Design des Countach Evolutione bei. Nur wenig später verantwortete er bereits den Bau des Lamborghini Countach 25th Anniversary – ein solches Modell besitzt der Argentinier und Sammler übrigens heute noch. 

Erst Fangio F1, dann Zonda C12

Pagani verliess Lamborghini und gründete 1991 sein eigenes Unternehmen Modena Design. Eine Firma, die sich der Entwicklung von Verbundwerkstoffen, sprich Karbonfasern, widmete. Tagsüber arbeitete Pagani als Zulieferer für Marken wie Renault, Daihatsu, Dallara oder auch fürs Ferrari-F1-Team. In der Nacht tüftelte er aber an seinem eigenen Fahrzeugprojekt, das er zu Ehren seines Freundes Fangio F1 nannte. Diesen Boliden präsentierte Pagani am Genfer Autosalon 1993 – und konnte dort den damaligen Mercedes-Chefingenieur und späteren Konzernchef Dieter Zetsche (71) davon überzeugen, ihm für seinen Sportwagen den Sechsliter-12-Zylinder-Motor von Mercedes (M120) zu überlassen. Weil Fangio 1995 verstarb, entschied sich Pagani für eine Namensänderung und präsentierte 1999 in Genf das fertige Auto als Zonda C12 – jetzt benannt nach einem argentinischen Föhnwind.

Bis dahin kannten nur wenige die in San Cesario sul Panaro (I) ansässige Manufaktur. Doch nach der Präsentation des 394 PS starken Erstlings, der von renommierten Autozeitschriften als einzigartiges und revolutionäres Auto bewertet wurde, gingen bereits die ersten Bestellungen bei Pagani ein.

Es folgen weitere Varianten auf Basis des Zonda, erst zwei Versionen des Zonda C12 S. Der Sechsliter-Motor wird auf sieben, später auf 7,3 Liter Hubraum aufgebohrt. 2003 stellt Pagani seinen ersten Roadster vor. Dieser bot für damalige Verhältnisse schier unglaubliche Leistungsdaten: 555 PS, 0–100 km/h in 3,7 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von rund 340 km/h. Zwei Jahre später stellte Horacio Pagani, wieder am Genfer Salon, seine neueste Kreation vor: den Zonda C12 F – dabei stand das F für den verstorbenen Freund Fangio. Es folgten weitere diverse Sondereditionen wie der Zonda R (ohne Strassenzulassung), Cinque, Uno, Tricolore, Revolucion und HP Barchetta. Insgesamt baute Pagani in knapp 20 Jahren 140 Zondas plus 16 Exemplare für die Rennstrecke.

Werk gleicht einem Museum

Huayra hiess dann 2012 das zweite Modell aus der italienischen Manufaktur, von dem bis heute exakt 300 Stück gebaut wurden. Auch für diesen Boliden wurden alle Teile, mit Ausnahme von Motor und Getriebe, von Hand im klinisch sauberen Pagani-Atelier gebaut und zusammengefügt. Im Heck des Huayra arbeitet wieder ein V12-Motor von AMG – allerdings auf 730 PS weiterentwickelt. Es folgten weitere Huayra-Varianten für die Strasse – zum Beispiel der Roadster, BC, Roadster BC, Tricolore, Tempesta, Imola und Codalunga. Die Modelle R und R Evo waren dagegen reine Rennwagen ohne Strassenzulassung. Übrigens stand BC für die Initialen von Benny Caiola (1930–2010) – dem italienischen Unternehmer, der 1999 den allerersten Wagen von Pagani kaufte. Die aktuell bei Pagani gebauten Modelle sind der Utopia sowie der vergangene Woche an der Auto Zürich zu sehende Utopia Roadster.

Pagani Utopia

Das dritte und aktuell gebaute Modell ist der Utopia. Das auf 99 Exemplare limitierte Coupé (Bild) wurde 2022 vorgestellt, der Roadster vor einigen Monaten. Dauerte es bei den beiden Vorgängern stets viele Jahre, bis eine Roadster-Version erschien, stellte Pagani beim Utopia vergleichsweise schnell auch die offene Variante vor. Grund: Pagani hatte erstmals Coupé und Roadster gemeinsam konzipiert. Das vereinfacht die Produktion des auf 130 Stück limitierten Roadsters. Die technischen Daten sind identisch: Ein hinter den Sitzen verbauter Sechsliter-V12 von Mercedes-AMG wurde von Pagani weiterentwickelt und leistet jetzt 864 PS (635 kW) und 1100 Nm (0–100 km/h in 3,1 s, Spitze 350 km/h). Übertragen auf die Hinterräder werden die Kräfte wahlweise über ein sequenzielles Siebengang-Getriebe oder ein Siebengang-Handschaltgetriebe.

Pagani

Das dritte und aktuell gebaute Modell ist der Utopia. Das auf 99 Exemplare limitierte Coupé (Bild) wurde 2022 vorgestellt, der Roadster vor einigen Monaten. Dauerte es bei den beiden Vorgängern stets viele Jahre, bis eine Roadster-Version erschien, stellte Pagani beim Utopia vergleichsweise schnell auch die offene Variante vor. Grund: Pagani hatte erstmals Coupé und Roadster gemeinsam konzipiert. Das vereinfacht die Produktion des auf 130 Stück limitierten Roadsters. Die technischen Daten sind identisch: Ein hinter den Sitzen verbauter Sechsliter-V12 von Mercedes-AMG wurde von Pagani weiterentwickelt und leistet jetzt 864 PS (635 kW) und 1100 Nm (0–100 km/h in 3,1 s, Spitze 350 km/h). Übertragen auf die Hinterräder werden die Kräfte wahlweise über ein sequenzielles Siebengang-Getriebe oder ein Siebengang-Handschaltgetriebe.

Heute zahlt man für einen Pagani Zonda schnell mal Beträge im höheren einstelligen Millionenbereich – je nach Version kann der Preis aber auch locker auf über zehn Millionen steigen. Für einen normalen Huayra zahlt man rund drei Millionen Franken, besonders gesuchte Varianten können aber locker auch das doppelte kosten. Da erscheint der Utopia mit seinem Basispreis von 3,1 Millionen Franken netto schon fast als Schnäppchen.

Während die europäische Autoindustrie tief in der Krise steckt, laufen die Geschäfte von Horacio Pagani mehr als nur geschmiert. Der erfolgreiche Sportwagenbauer ist mit Cristina Pérez verheiratet und hat zwei Söhne – Leonardo und Christopher. Beide arbeiten im 200-köpfigen Familienunternehmen mit und werden die Firma einst übernehmen. Pagani besitzt zudem eine bemerkenswerte Sportwagensammlung, mit unter anderen auch einem Porsche Carrera GTZ von Zagato, Porsche 918 Spyder und Porsche 911 R. Und mit einem Schmunzeln gesteht er, dass er auch diesen Boliden technisch noch etwas nachgeholfen hat.

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