Yachten, goldene Uhren, Millionen auf europäischen Konten – und ein Chalet im Kanton Zürich
EU erwägt Vermögen von Russlands Patriarchen einzufrieren

Russlands höchster Kirchenführer Kirill I. droht auf der EU-Sanktionsliste zu landen. Grund: Er könnte mit Predigten für den Krieg die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben haben.
Publiziert: 06.05.2022 um 10:46 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2022 um 19:30 Uhr
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Die Ostermesse in Anwesenheit von Wladimir Putin ist nicht nur eine Huldigung an Gott. Immer wieder segnete Kirill I. die «militärische Spezialoperation» des Kremlchefs und wetterte gegen die Ukrainer.
Foto: keystone-sda.ch
Myrte Müller

Nichts scheint Kirill I. (75) heilig. Das Kirchenoberhaupt der russischen Orthodoxen Kirche segnet Wladimir Putins (69) «militärische Spezialoperation». Er wettert von der Kanzel gegen die ukrainischen «Nazis» und «Homosexuellen» und er nennt den Kreml-Chef «ein Wunder Gottes». Russland habe nie ein anderes Land angegriffen, so eine weitere Behauptung, die der EU nun übel aufstösst. Und: Russland wolle nur seine Grenzen verteidigen.

Die Putin-Nähe kann Wladimir Michailowitsch Gundjajew, wie der gebürtige Leningrader mit bürgerlichem Namen heisst, jetzt teuer zu stehen kommen. Die EU schnürt gerade ihr sechstes Sanktionspaket gegen Russland.

Ein Traktandum ist auch der russische Patriarch. Sein Name könnte sich bald zu jenen 1083 Namen anderer Putin-Freunde und Oligarchen gesellen, deren Vermögen bereits eingefroren wurde.

Es geht um Millionen auf europäischen Konten

Sollte der höchste Kleriker der russisch-orthodoxen Kirche sanktioniert werden, dann dürfte er in kein EU-Land mehr einreisen. Sein im europäischen Ausland versteckter Reichtum würde beschlagnahmt.

Es geht um Millionen auf Schweizer, österreichischen und italienischen Konten – und um ein Chalet in einem Skigebiet im Kanton Zürich. Über Kirills Besitztümer berichteten schon vor Jahren unabhängige russische Medien.

So schätzte die «Nowaja Gaseta» das private Vermögen des höchsten kirchlichen Würdenträgers auf umgerechnet mindestens vier Milliarden Franken. Deren Kollegen von «Proekt» recherchierten, dass Patriarch Kirill und zwei seiner Cousins in Moskau und Leningrad Immobilien im Wert von umgerechnet 2,83 Millionen Franken besässen. Er soll Teilhaber von Immobilien in Smolensk und Kaliningrad sein. Zum Besitz des Patriarchen würde auch eine Villa am Schwarzen Meer zählen, in direkter Nachbarschaft zum Protzpalast von Wladimir Putin. Zudem gehöre ihm die Yacht mit dem Namen Vsetsaritsa. Der Kaufpreis: 3,9 Millionen Franken.

Der Patriarch liebt Wasserski, Rassehunde und Luxusuhren

Privat lässt der Patriarch neben des weissen Kirchengewands auch gleich sämtliche Demut fallen. Er ist ein begeisterter Skifahrer, bevorzugt den Wintersport in den Schweizer Alpen. Der 75-Jährige liebt zudem Wasserski, die Zucht von Rassehunden und das Sammeln von Schweizer Luxusuhren. Vor zwölf Jahren wurde Kirill I. bei einem offiziellen Anlass mit einer Armbanduhr der Luxusmarke Breguet fotografiert. Wert: 30'000 Franken! Kurz darauf wurde die Uhr auf dem Foto wegretuschiert.

Wladimir Michailowitsch Gundjajew begann seine Laufbahn in Leningrad. Nicht nur im Dienste Gottes. In seinem Buch «Russias Dead End» verrät der Ex-Kreml-Mitarbeiter Andrei Kowalew, dass der Geistliche für den KGB arbeitete. Der Deckname sei damals «Mihailov» gewesen, berichtet der ehemalige Gorbatschow-Berater. Möglicherweise entstand in dieser Zeit auch die Verbindung zu Wladimir Putin, der in Leningrad einst seine Karriere beim KGB begann. Die meisten Vertrauten Putins, die zum inneren Machtzirkel des Kremls gehören, kommen vom Leningrader Geheimdienst.

Ein scharfes Vorgehen aus Brüssel würde den Patriarchen nicht beeindrucken, heisst es offiziell aus Moskau. Kirills Sprecher Wladimir Legoida (48) kritisierte die geplanten Sanktionen als «wahl- und sinnlos». Sie würden den Patriarchen nicht erschrecken. Der Kritik am russischen Kirchenoberhaupt schliesst sich auch Papst Franziskus (85) an. Er bezeichnete Kirill I. in einem Interview mit dem «Corriere della Sera» als «einen Messdiener Putins» und sagte ein im Juni geplantes Treffen in Moskau ab.

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