Eine weitere historische Anklage gegen Donald Trump (77): Der frühere US-Präsident muss sich wegen Versuchen der Wahlbeeinflussung und der Attacke seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 vor Gericht verantworten. In der 45-seitigen Anklageschrift werden Trump vier formale Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Am Donnerstag soll er in Washington vor Gericht erscheinen.
Sonderermittler Jack Smith (54) gab die für einen ehemaligen Präsidenten beispiellose Anklage am Dienstagabend (Ortszeit) bekannt. Er sagte, Trump werde beschuldigt, eine Verschwörung gestartet zu haben, um die Vereinigten Staaten zu betrügen, Wählern ihr Wahlrecht zu entziehen und ein offizielles Verfahren zu behindern.
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Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten angeführt
In der Anklageschrift wird Trump vorgeworfen, er habe trotz besseren Wissens falsche Behauptungen über die Wahl verbreitet und dafür auch Personen im Justizministerium instrumentalisiert. «Trotz seiner Niederlage war der Beschuldigte entschlossen, an der Macht zu bleiben», heisst es darin. Trump habe gewusst, dass seine Betrugsbehauptungen nicht wahr seien. Er «schaffte eine intensive landesweite Atmosphäre des Misstrauens und der Wut und untergrub das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Durchführung der Wahl».
Trump habe wissentlich eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten angeführt. Dabei habe er sich mit sechs Komplizen zusammengetan, die in der Anklageschrift nicht namentlich erwähnt sind. Es handelt sich um vier Anwälte, einen Mitarbeiter der US-Justiz und einen politischen Berater.
Als Instrumente für die Verschwörung nennt die Anklageschrift falsche Behauptungen, die Aufstellung falscher Wahlleute, den Missbrauch staatlicher Stellen und die versuchte Instrumentalisierung von Vizepräsident Mike Pence (64). Dies habe auch zum Kapitol-Sturm geführt.
«Hängt Pence»
Trump hatte Pence, der die Kongresssitzung am 6. Januar 2021 in seiner Rolle als Vizepräsident leitete, damals offen aufgerufen, das Prozedere zur Bestätigung von Bidens Wahlsieg zu blockieren. Als Pence sich weigerte, hetzte Trump seine Anhänger gegen den Vize auf. Der Mob johlte an jenem Tag Rufe wie «Hängt Pence».
In der Anklageschrift wird auch aus persönlichen Unterhaltungen zwischen Trump und Pence zitiert – unter anderem unter Berufung auf damalige Notizen von Pence. In einem der Gespräche sagte Trump demnach zu seinem Vize: «Du bist zu ehrlich.»
In den politisch tief gespaltenen USA rief die Anklage Trumps ganz unterschiedliche Kommentare hervor – seine Verbündeten verteidigten ihn dabei wie gewohnt kompromisslos. Ex-Vize Pence, der sich ebenfalls für die republikanische Kandidatur bewirbt, teilte dagegen scharf gegen seinen ehemaligen Chef aus: «Die heutige Anklage ist eine wichtige Erinnerung: Wer sich über die Verfassung stellt, sollte niemals Präsident der Vereinigten Staaten sein.» Trumps grösster innerparteilicher Konkurrent, Floridas Gouverneur Ron DeSantis (44), kommentierte die Vorwürfe in seinem Statement nicht direkt.
Ein Berg an rechtlichen Problemen
Sonderermittler Smith sagte, er strebe in dem Fall ein schnelles Verfahren an. Die Kapitol-Attacke sei «ein beispielloser Angriff auf den Sitz der amerikanischen Demokratie» gewesen. Die Attacke sei durch Lügen des Beschuldigten angeheizt worden. Er betonte, Ermittlungen gegen andere Personen in dem Fall gingen weiter.
In den vergangenen Monaten war Trump bereits in zwei anderen Fällen angeklagt worden: zunächst im Frühling in New York im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar in New York. Damit war der Republikaner der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, gegen den wegen einer Straftat Anklage erhoben wurde. Im Juni folgte eine weitere Anklage in Miami, weil Trump Regierungsdokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe nach seiner Amtszeit in seinem Anwesen Mar-a-Lago aufbewahrt und nach Aufforderung nicht zurückgegeben hatte. Trump plädierte in beiden Fällen auf «nicht schuldig».
Ausserdem könnte ihm womöglich eine weitere Anklage bevorstehen: Im Bundesstaat Georgia ermittelte die Staatsanwaltschaft zweieinhalb Jahre lang ebenfalls wegen Trumps Rolle nach der Wahl 2020. Eine Entscheidung über eine etwaige Anklage steht dort noch aus. (SDA/jmh)