Wie Snowden und Assange – nur schlimmer
Trump stolpert über Spionagegesetz

Der Ex-Präsident bunkerte sensible Geheimakten in seinem Badezimmer. Der neue Prozess kann ihn aber nicht bremsen. Selbst als Häftling könnte Trump US-Präsident werden. Am Dienstag muss er vor Gericht antraben.
Publiziert: 12.06.2023 um 19:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2023 um 11:04 Uhr
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Donald Trump (76) muss morgen in Miami vor der Richterin antraben.
Foto: Getty Images
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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Was haben Edward Snowden (39), Julian Assange (51) und Donald Trump (76) gemeinsam? Allen dreien drohen langjährige Haftstrafen, weil sie gegen das amerikanische Spionagegesetz verstossen haben sollen. Snowden zweimal, Assange 17 Mal und Trump laut der eben veröffentlichten Anklageschrift gleich 31 Mal!

Der Ex-Präsident soll zehntausende Dokumente mit brisantem Inhalt aus dem Weissen Haus in sein privates Domizil Mar-A-Lago in Florida mitgenommen haben. Mehrere hundert der Dokumente sind «top secret». Sprich: Wenn ihr Inhalt an die Öffentlichkeit gelangt, gefährdet das die Sicherheit der USA. Dafür wird ihm als allererster US-Präsident der Geschichte der Prozess vor einem Bundesgericht gemacht.

Trump vor Gericht: Das ist an sich nichts Neues. Seit Monaten schon laufen die Vorbereitungen für einen im März 2024 startenden Prozess in New York. Dort wirft man Trump vor, er habe seine Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels mit gefälschten Abrechnungen geheim halten wollen.

Von der Luxusresidenz in die Gefängniszelle?

Gegen das neue juristische Ungemach ist das allerdings nur Peanuts. Der Spionage-Prozess dürfte für den Republikaner heftig werden. Zu Recht: Durch die illegale «Züglete» der Geheimdokumente hat er die Sicherheit der USA gefährdet und das internationale Vertrauen in Amerika torpediert.

Wie verheerend der lasche Umgang mit Geheimdokumenten sein kann, zeigte jüngst der Fall des US-Soldaten Jack Teixeira (21), der sensible US-Dokumente über den Ukraine-Krieg mit Bekannten geteilt hatte. Die Veröffentlichung der Daten brachte die ukrainischen Kriegsbemühungen kurzfristig ins Wanken.

Noch in den 1950er-Jahren haben die USA mehrere US-Bürger wegen Verstössen gegen das Spionagegesetz hingerichtet. Heute stehen auf die Verstösse maximal zehn Jahre. Wegen der Behinderung der Polizeiarbeit in Mar-A-Lago könnte Trump allerdings sogar zwanzig Jahre Knast kassieren.

Tönt nach Schauermärchen, ist aber ein reales Szenario. Vorausgesetzt, es finden sich genügend unbefangene Jury-Mitglieder, die – wie in Amerika üblich in solchen Prozessen – erst einmal über Schuld oder Unschuld des Angeklagten befinden müssen.

Atombombenpläne im Badezimmer

Die Beweislast gegen Trump scheint erdrückend. Fotos in der 49-seitigen Anklageschrift zeigen, wie der einst mächtigste Mann der Welt Kisten voller Geheimakten in den Party-Sälen und sogar in einem Badezimmer seiner Luxusresidenz versteckte. Dort, wo andere ihre Kreuzworträtsel-Heftli stapeln, liess Trump Dokumente über Amerikas Verteidigungs-Schwachpunkte und die Nuklear-Programme von verbündeten Staaten herumliegen. In mindestens zwei Fällen soll Trump die Geheimdokumente herumgezeigt haben.

Am Dienstag muss Trump für die Verlesung der Anklagepunkte vor einer Richterin in Miami erscheinen. Theoretisch dürfte die Richterin ihn danach sogar in U-Haft setzen. Der eigentliche Prozess könnte bereits im August losgehen, dürfte aber durch eine Vielzahl an Einsprachen um Monate nach hinten geschoben werden.

Politisch scheint Trump das alles bislang nicht zu schaden. Er ist und bleibt der republikanische Favorit für die nächsten Präsidentschaftswahlen. Als Präsident vereidigt werden könnte er laut dem amerikanischen Gesetz selbst dann, wenn er als verurteilter Straftäter hinter Gittern sässe.

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