Nach einem Friedenstreffen mit ukrainischen Unterhändlern fühlt sich der russische Oligarch Roman Abramowitsch (55) miserabel. Seine Augen sind völlig gerötet, seine Haut brennt wie verrückt. Schnell stellt sich die Frage: Wurde Abramowitsch im Auftrag von Russlands Präsidenten Wladimir Putin (69) vergiftet?
Nun sind neue, brisante Details zu dem mutmasslichen Anschlag auf den Milliardär aufgetaucht. Ein mehrseitiger Vermerk eines Chemiewaffen-Experten, der dem«Spiegel» vorliegt, zeigt auf, was an dem Tag passiert sein soll. Demnach sollen Abramowitsch und seine Männer am 3. März an einem Treffen mit russischen und ukrainischen Verhandlern teilgenommen haben – wohl geheim.
Sie essen Schokolade, trinken Wasser – dann tauchen Symptome auf
Am späten Abend essen drei der Männer in Kiew ein Stück Schokolade und trinken Wasser. Einer der Männer trinkt auch Alkohol. Was der Mann zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiss: Der Alkohol ist sein Schutzmantel.
Denn rund zwei Stunden nach der Zusammenkunft entwickeln sich bei den Männern, die keinen Alkohol getrunken haben, Symptome einer Vergiftung. Die Haut habe überall gebrannt, die Schleimhäute in Mund und Augen seien gereizt gewesen und der Mund gerötet. Die Beschwerden hätten «die ganze Nacht» angehalten.
Mehr zum Ukraine-Krieg
Am Tag danach sei es den Männern zwar schon besser gegangen. Dennoch seien die Symptome noch immer «spürbar» gewesen. Offizielle Hilfe erhalten sie nicht.
Vergiftung «sehr wahrscheinlich»
Stattdessen wendet sich einer der Männer an den Russland-Rechercheur Christo Grozev von der Plattform «Bellingcat». Dieser organisiert ein Treffen mit einem Chemiewaffen-Experten. Die Männer, so beschreibt er, seien besorgt gewesen. Abramowitsch habe gar gefragt: «Werden wir überleben?»
Die Antwort des Experten: Sollte es sich um eine chemische Verbindung haben, würden die Männer «sicherlich weiterleben». Bei einer radioaktiven Bestrahlung sei eine Einschätzung aber nicht möglich.
Ob die Männer wirklich vergiftet wurden, ist bis heute nicht geklärt. Im «Spiegel» erklärt der deutsche Chemiewaffenexperte Marc-Michael Blum aber, dass eine Vergiftung «sehr wahrscheinlich» sei. Der Experte sagt: «Wenn drei Menschen gleichzeitig solche Symptome haben, kann das kein Zufall sein.» (zis)