Heulende Motoren und quietschende Reifen – die Polizei im Dauereinsatz. In Singen spielten sich am Wochenende verrückte Szenen ab: Rund 300 Fahrzeuge hatten sich dort mit Campingausrüstung, Grill und Shishas versammelt. Unter den aufgemotzten Autos waren viele mit Schweizer Kennzeichen. Ein möglicher Grund dafür dürften die Autobahnabschnitte ohne Tempolimite sein, die sich auch unweit von Singen finden lassen.
Zwar löste sich das Treffen nach Ankunft der Polizei auf – jedoch nur für den Moment. Einen Teil der Autokolonne zog es danach ins nahegelegene Stockach. Dort blockierten rund 100 Autos die Industriestrasse und verursachten damit einen Stau auf der Autobahn. Später ging es dann weiter nach Konstanz.
Nach vielen Beschwerden von Anwohnern reicht es nun der Stadt Singen. Denn immer wieder trifft sich dort die Tuner- und Poserszene im Industriegebiet. Oberbürgermeister Bernd Häusler (54, CDU) will die ungeliebten Motorenfreaks mit einer Allgemeinverfügung und hohen Strafen aus der Stadt verbannen. «Die Situation am Samstag hat das Fass zum Überlaufen gebracht», sagt er gegenüber dem SÜDKURIER. Auch in Konstanz plant man, gegen die Szene vorzugehen.
Verbot gilt auf öffentlichen und privaten Plätzen
Die von Häusler angekündigte Allgemeinverfügung tritt bereits dieses Wochenende in Kraft und untersagt die Treffen von mehr als fünf Fahrzeugen von Tunern und Posern. Sie gilt jeweils von Freitag 20 Uhr bis Montag 2 Uhr und zwar im gesamten Stadtgebiet – auf öffentlichen sowie auch auf privaten Flächen! «Aufgrund der massiven Ansammlung an Delikten über Monate und Jahre sind wir rechtlich dazu in der Lage», sagt Häusler.
Wer sich nicht daran hält, muss mit einer Geldstrafe von 150 Euro rechnen. Das ist aber nicht alles: Wer erwischt wurde, muss sich anschliessend innerhalb von zehn Minuten vom «Tatort» entfernen, ansonsten wird das Fahrzeug beschlagnahmt und abgeschleppt. Die dadurch entstehenden Kosten von 350 Euro sowie die zusätzlichen Gebühren für die Verwahrung des Autos bezahlt der Fahrzeughalter dann aus eigener Tasche. Häusler will die Autoposer nicht kriminalisieren. Aber: «Was am Samstag passiert ist, zeigt, dass die Szene auf Konfrontation aus ist.»
Wie Szene-Mitglied Mateusz Ostrozny gegenüber der Zeitung sagt, löse die Anordnung der Stadt das Problem nicht. Im Gegenteil: Sie heize die Lage weiter an und mache Singen zu einem noch interessanteren Ort, sein Auto zu präsentieren. Dennoch werde er alles tun, um die Szene zu beruhigen.
«Bedenken, dass das rechtmässig ist»
Ob die von der Stadt erlassene Allgemeinverfügung aber wirklich zulässig ist, daran zweifelt Rechtsanwalt Björn Bilidt. «Wir haben erhebliche Bedenken, dass das rechtmässig ist», sagt er gegenüber dem SÜDKURIER. Das Problem: Es müsse klar abgrenzbar sein, wen diese Massnahme betreffe – bei einem so ausufernden Betroffenenbereich sei dies aber nicht möglich.
Denn wer beispielsweise einen Oldtimer fährt oder einfach gerne an Autos bastelt, könnte schon zur Szene gezählt werden. Man dürfe nicht alle unter Generalverdacht stellen, warnt er. Bilidt zweifelt auch daran, dass sich das Verbot tatsächlich auf private Flächen beziehen darf. (bra)