Zu lasche Kontrollen?
Deutsche ärgern sich über Schweizer Grenze

Immer mehr Flüchtlinge kommen aus der Schweiz über die Grenze nach Deutschland. Und genau das stört unsere Nachbarn. Die Silvester-Ausschreitungen, bei den auch Migranten dabei waren, sorgen erneut für Wirbel.
Publiziert: 04.01.2023 um 09:01 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2023 um 10:46 Uhr
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Die Schweiz kontrolliert zu wenig und zu lasch, lautet die Kritik aus Deutschland.
Foto: keystone-sda.ch

Die Deutschen ärgern sich über die Schweizer Grenze. 2022 sollen über 9716 illegale Migranten aus der Schweiz von der Bundespolizei erwischt worden sein, wie «Bild» schreibt.

Die Dunkelziffer sei noch höher. Zwei Drittel der Flüchtenden werde nie registriert. Zum Vergleich: In den Jahren 2016 und 2017 mit besonders intensiven Migrationsbewegungen waren es 7138 und 5127 Personen. «Die Schweiz muss hier dringend handeln», meinte Ann-Veruschka Jurisch (50), FDP-Bundestagsabgeordnete aus Konstanz, bereits im November gegenüber dem «Südkurier».

Entlang der Schweizer Grenze ist es Deutschland nur an einem Ort erlaubt, Grenzkontrollen durchzuführen. Es handelt sich um den Grenzübergang Weil am Rhein/Basel. An allen anderen Landesübertritten dürfen nur «Schleierfahndungen» gemacht werden. Ausführliche Personenkontrollen finden nicht statt. Seit 2008 gilt die Grenze nach Deutschland als Binnengrenze.

«Vermehrt gemeinsame Streifen» einsetzen

Damit existieren an den Grenzabschnitten keine rechtlichen Befugnisse für grenzpolizeiliche Massnahmen und Zurückweisungen. Das heisst: Wenn ein illegal Einreisender entdeckt wird, kann dieser nicht automatisch aufgehalten werden. Wenn dieser zuvor bereits einen Asylantrag gestellt hat und ausreisepflichtig ist, muss ihn die Polizei durchlassen.

Um die Situation in den Griff zu bekommen, verabschiedeten Deutschland und die Schweiz Mitte Dezember einen «Aktionsplan» gegen irreguläre Migration. Unter anderen sollen die gemeinsamen, grenzüberschreitenden Schwerpunktfahndungen intensiviert werden. Zudem vereinbarten Bundesrätin Karin Keller-Sutter (59) und die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (52), im Bahnverkehr «vermehrt gemeinsame Streifen» einzusetzen.

145 Menschen vorläufig festgenommen

Gerade durch die Silvester-Ausschreitungen, bei denen auch Migranten dabei waren, rückt das Thema um die Grenze wieder in den Fokus.

Es kam zu zahlreichen Angriffen auf Polizei und Feuerwehr, insgesamt wurden 355 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen wurden 145 Menschen vorläufig festgenommen. Die meisten davon Männer, erklärte ein Polizeisprecher am Dienstagabend. Insgesamt seien 18 verschiedene Nationalitäten erfasst worden.

In den deutschen Medien hiess es, dass es sich vor allem um Migranten handelte. Unter den 145 Verhafteten befinden sich rund 30 Prozent deutsche Chaoten. 45 Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit seien verhaftet worden. 27 Verdächtige seien afghanischer Nationalität und 21 Syrer.

Migranten bevorzugen Deutschland

Der Vize-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Heiko Teggatz (50), wählt gegenüber «Bild» klare Worte: «Der Aktionsplan ist ein Tropfen auf dem heissen Stein!» Auch für Polizeigewerkschaftler Manuel Ostermann (32) ist klar, dass sich etwas ändern muss: «Der Migrationsdruck auf Deutschland bleibt hoch.»

Viele Migrantinnen und Migranten wollen lieber in Deutschland einen Asylantrag stellen als in der Schweiz. Der Grund: In unserem Nachbarland ist es für die Flüchtlinge einfacher, zu arbeiten. Das Schengen/Dublin-Abkommen schreibt vor, dass Flüchtlinge bei illegalem Grenzübertritt dorthin zurückgewiesen werden müssen, wo sie den ersten Asylantrag stellten.

In der Praxis erweisen sich Rückweisungen jedoch häufig als schwer umsetzbar. Die Chancen sind deshalb hoch, dass Migrantinnen und Migranten einen Asylantrag in ihrem gewünschten Zielland einreichen können, wenn sie erstmal eingereist sind. (abt)

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