Sowohl Serbien als auch der Kosovo machen an der gemeinsamen Grenze mobil. Der Kosovo hat Spezialeinheiten an zwei Grenzposten stationiert, die Serben antworteten mit einer Verlegung von Panzern und Kampfflugzeugen in die Nähe der Grenze.
Hintergrund der gefährlichen Provokationen ist ein Entscheid der kosovarischen Regierung unter Premierminister Albin Kurti (46). Diese hat ein Dekret erlassen, wonach Autofahrer mit serbischen Kennzeichen bei der Einreise provisorische kosovarische Kennzeichen anbringen müssen – ein Affront für die ethnischen Serben, die im Nordteil des Kosovos leben.
Serbische Autokennzeichen sind im Kosovo nun nicht mehr anerkannt. Serbische Autofahrer, die durch das Land fahren wollen, müssen ein provisorisches Kennzeichen kaufen und an der Grenze montieren. Für die Regierung Kurti herrscht nun Gerechtigkeit, denn auch Serbien anerkennt die kosovarischen Kennzeichen nicht.
Streit zwischen Serben und Albanern
Seit der Unabhängigkeit im Jahr 2008 ist der Kosovo ethnisch zweigeteilt. Der Grossteil des Landes wird von pro-albanischen Kosovaren bewohnt. Im Norden des Landes nördlich der Stadt Mitrovica ist die Mehrheit der Bevölkerung allerdings den Serben zugewandt. Die Bevölkerung im Norden weigerte sich, die Regierung des Kosovos anzuerkennen. Für sie gehört der Kosovo noch immer zu Serbien.
Immer wieder gibt es daher innerhalb des Landes Konflikte. Ethnische Kosovo-Serben und Kosovo-Albaner gehen sich wenn immer möglich aus dem Weg. Die Regierung Kurti, die sich zu einem pro-albanischen Kurs bekennt, will mit dem nun erlassenen Autonummern-Dekret ein Zeichen für die Unabhängigkeit des Kosovos und gegen Serbien setzen.
Grenzübergänge blockiert, Panzer aufgefahren
Aufgrund der neuen Regelung kam es in den vergangenen zwei Wochen im Norden des Landes zu heftigen Protesten. Ethnische Serben blockierten die Grenzübergänge Jarinje und Brnjak und legten den Verkehr lahm. Zur Eskalation kam es allerdings erst vergangene Woche, als sich Einheiten der kosovarischen Sonderpolizei an den Übergängen postierten, um die Einhaltung der Kennzeichenregelung zu überprüfen.
Serbien reagierte auf den Aufmarsch der kosovarischen Polizei an der Grenze umgehend und schickte seine Truppen ebenfalls in das Konfliktgebiet. In den vergangenen Tagen überflogen immer wieder serbische Militärflugzeuge das Gebiet, zudem wurden laut Berichten von Journalisten mehrere Panzer nur unweit des Grenzübergangs Jarinje positioniert.
Ausserdem kam es zu Angriffen auf Regierungseinrichtungen des Kosovos. In der nördlich gelegenen Stadt Zubin Potok wurde eine Auto-Prüfstelle in Brand gesetzt. In der Stadt Zvecan wurden zwei Handgranaten auf ein Amt geworfen, beide Granaten explodierten allerdings nicht.
Eskalation der Lage unwahrscheinlich
Die EU und das Militärbündnis Nato zeigten sich beunruhigt über die Vorfälle. «Es ist wichtig, dass Belgrad und Pristina Zurückhaltung üben und den Dialog wieder aufnehmen», sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (62) am Sonntag. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sagte, beide Seiten müssten ihre militärischen Kräfte umgehend von der Grenze abziehen.
Dass die angespannte Lage im Grenzgebiet eskaliert und es zu Militäreinsätzen kommt, ist gemäss aktuellen Lageeinschätzungen aber unwahrscheinlich. Experten glauben, dass keine der beiden Seiten Interesse an einem militärischen Konflikt hat. Nahostexperte Milos Damnjanovic meinte gegenüber der «Financial Times», dass es kaum einen Einsatz von Waffen geben werde. «Es ist lediglich eine gute Gelegenheit für beide Seiten, die Muskeln spielen zu lassen.» (zis)