Auf einen Blick
- Tauchyacht im Roten Meer gekentert. Vier Tote, sieben Vermisste
- Überlebenschancen sinken stündlich, Wassertemperatur und Kleidung erhöhen Überlebenschancen
- 28 Menschen sofort gerettet, fünf weitere nach 30 Stunden im Wasser
Sie wollten die wunderschöne Natur beobachten, tauchen gehen und ihre Ferien geniessen. Nun sind mindestens vier Menschen tot. Eine hohe Welle erwischte am Montag die Tauchyacht «Sea Story», die sich vor der Küste Ägyptens auf einem Tauchausflug befand. An Bord: 44 Passagiere. Das Boot wurde mit voller Wucht getroffen und kippte anschliessend auf die Seite. Die Yacht hatte keine Chance – sie sank innerhalb weniger Minuten.
28 Menschen konnten nach dem Unglück umgehend in Sicherheit gebracht werden – fünf weitere wurden am Dienstag nach 30-stündigem Überlebenskampf aus dem Wasser gerettet. Immer noch werden sieben Personen vermisst. «Der Mensch ist unglaublich zäh», ordnet der renommierte Survival-Guide und Ausbilder Gion Saluz (46) von Swiss-Survival-Training die Rettung gegenüber Blick ein. Jedoch schwinden die Chancen, die übrigen Vermissten noch lebend zu finden, Stunde um Stunde. «Die fünf Personen konnten wohl nur dank spezifischen Bedingungen so lange durchhalten», präzisiert der Experte.
Energieverbrauch so gering wie möglich halten
Das Rote Meer berge den Vorteil, dass die Wassertemperatur mit rund 26 Grad relativ hoch sei. «Das erhöht die Überlebenschancen markant.» Hinzu kommt: Trugen die Verunglückten Kleidung, könnte dies zusätzlich hilfreich gewesen sein. «Dadurch verliert der Körper weniger Wärme.»
Das Schicksal der restlichen sieben Vermissten hängt stark von ihrem Aufenthaltsort ab. Befinden sie sich ausserhalb des Bootes, sei es laut Saluz entscheidend, dass sie sich so wenig wie möglich bewegen. Nur dann bestehe noch eine Chance. «Priorität hat, den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten. Im Kopf müssen die verunglückten Passagiere geistig fit bleiben.»
«Hektische Bewegungen locken Haie an»
Auf dem offenen Meer ohne Sicht auf das Ufer können bei Menschen schnell Angst- und Panikattacken auftreten. Dies könne fatal sein, erklärt der Überlebensexperte. Erschwerend komme hinzu: Im Roten Meer sind viele Haie zugegen. «Hektische Bewegungen können die Tiere anlocken, was unter Umständen gefährlich werden kann.»
Ein weiteres Problem stellt die hohe Sonneneinstrahlung dar. Saluz erklärt: «Prallt die Sonne den ganzen Tag über auf den Kopf, dehydriert der Mensch sehr schnell.» Der hohe Salzgehalt im Meer trage zusätzlich dazu bei. «Es kann rasch zu einem Sonnenstich kommen.» Der Experte rät: «In dieser Situation kann es hilfreich sein, immer wieder ein nasses T-Shirt um den Kopf zu wickeln.»
«Fehlende Nahrung ist nicht das Problem»
Nahrung sei in solch krassen Ausnahmesituationen oft vernachlässigbar. «Wir können über drei Wochen ohne Nahrung überleben», sagt der Experte. Deshalb stelle sich diese Frage derzeit nicht.
Für die Menschen, die sich zum Zeitpunkt des Untergangs noch in den Kabinen befanden, ist die Lage wohl ausweglos. «Da ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass es Überlebende gibt.» Zwar bestehe die geringe Chance einer Luftblase, doch der Sauerstoff ist schnell aufgebraucht.