Der britische Premierminister Boris Johnson (56) ist in Bedrängnis. Von verschiedenen Seiten prasseln Vorwürfe auf ihn ein. Auch sein ehemaliger Berater Dominic Cummings (49) macht auf seinem privaten Blog belastende Aussagen gegen seinen früheren Chef.
Das sind die Vorwürfe:
Cummings wirft Johnson in seinem privaten Blog indirekt vor, die Sanierung der Wohnung an der Downing Street 11 mit Parteispenden finanziert zu haben. Kostenpunkt: 230'000 Euro. Johnsons Verlobte Carrie Symonds (33) wollte die Wohnung, in der zuvor Premierministerin Theresa May (64) gelebt hatte, mit Materialien ausgewählter Innendesigner erneuern. Johnson sagt, dass er die Renovation inzwischen aus eigenem Geld beglichen habe.
Im Oktober soll Johnson bei einem internen Treffen gesagt haben, er «wolle keinen verdammten Lockdown mehr – sollen sich doch die Leichen zu Tausenden stapeln». Johnson bestreitet solche skandalösen Äusserungen.
Einer Firma, an der Gesundheitsminister Matt Hancock (42) beteiligt ist, werden Aufträge des nationalen Gesundheitssystems NHS zugeschanzt. Es tönt nach Vetterliwirtschaft.
Fördergelder aus Regierungsprogrammen fliessen auf wundersame Weise in überwiegender Mehrheit in Bezirke, wo Johnsons konservative Tories regieren.
Per Textnachricht sicherte Johnson «Staubsauger-König» Dyson Steuererleichterungen für dessen Unternehmen bei der Produktion von Beatmungsgeräten zu. Johnson schrieb per SMS: «Ich werde das in Ordnung bringen.»
Wer ist der Maulwurf?
Glaubt man der offiziellen Linie der Downing Street, sind all diese Vorwürfe Lügen. Besorgniserregend ist in der ganzen Affäre, dass private Nachrichten des Premierministers zum wiederholten Male an die Öffentlichkeit gelangen. Einerseits liegt das daran, dass Johnson auf kommerziellen, leicht scannbaren Chatdiensten kommuniziert, andererseits muss es einen Maulwurf geben. Johnsons Vertraute sind überzeugt: Es muss Ex-Berater Dominic Cummings sein.
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Cummings wies die Vorwürfe umgehend zurück und bezeichnete Boris Johnson als «inkompetent». Cummings, Architekt der Brexit-Kampagne für den Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union, hatte den Mitarbeiterstab des britischen Premiers Ende des vergangenen Jahres überraschend verlassen.
Er warf Johnson zudem vor, eine interne Untersuchung wegen eines Leaks im Zusammenhang mit Corona-Massnahmen blockiert zu haben, weil der dafür Verantwortliche ein enger Freund seiner Verlobten Carrie Symonds gewesen sei.
Cummings sagt aus
Mit der schnellen Impfkampagne gehörten die vergangenen Monate zu Johnsons erfolgreichsten Monaten in seiner Politkarriere. Nun könnte ihn Cummings plötzlich in arge Schwierigkeiten bringen. Cummings, der offenbar über Tonband-Aufnahmen aus seiner Berater-Tätigkeit verfügt, will nämlich in einem Monat vor dem zuständigen Ausschuss des Unterhauses detailliert über die Corona-Politik Johnsons aussagen.
Johnsons Gegner der Labour-Partei fordern eine Untersuchung und den Rücktritt des Premiers. Ein Ende der Schlammschlacht ist noch lange nicht in Sicht. (gf)