Die Kandidaten für die US-Präsidentschaft im Porträt
Wer schaffts ins Weisse Haus?

Im November vergeben die US-Wähler das Wohnrecht im Weissen Haus. Iowa macht den Anfang für die Vorwahlen. Favoritin der Demokraten ist Hillary Clinton, für die Republikaner Donald Trump. BLICK erklärt die Kandidaten.
Publiziert: 01.02.2016 um 18:16 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 14:43 Uhr
Peter Hossli

Demokraten

Ungünstiger Zeitpunkt: Neues Ungemach in der Mail-Affäre für US-Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton vor der ersten Vorwahl.
Foto: KEYSTONE/EPA/LARRY W. SMITH

Hillary Clinton: Die Erfahrene

Amerika mag Neulinge. Kennedy war der erste Katholik im Weissen Haus, Obama der erste Schwarze. Hillary Clinton (68) wäre die erste Frau. Doch ihre Geschichte ist weit fesselnder. Die ehemalige First Lady käme als Präsidentin zurück, als betrogene Gattin, Ex-Senatorin und Ex-Aussenministerin. Mutter ist sie, Grossmutter, Anwältin, Bestseller-Autorin. Jedem Mädchen sagt sie so: Du kannst alles sein, sogar die mächtigste Person der Welt. Nie bewarb sich eine erfahrenere Person mit grösserem Leistungsausweis fürs höchste Amt im Land. Nichts sei ihr wichtiger als die Rechte für Mädchen und Frauen, sagt sie. «Ich habe 112 Länder besucht und noch immer keines entdeckt, in dem Frauen gleichberechtigt sind.» Ihr Vorteil: Sie ist ein offenes Buch. Unzählige Skandale dichte man ihr an – Morde soll sie angestiftet, Ämter missbraucht, Staatsgeheimnisse verraten, einen US-Botschafter auf dem Gewissen haben –, beweisen konnte man nie etwas. Böse Überraschungen gibt es daher kaum. Ihr Problem: die Hälfte aller Amerikaner hasst sie.

US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders verteidigte in Des Moines seine Sozialagenda - in europäischen Ländern würde diese nicht als radikal gelten, argumentierte er.
Foto: KEYSTONE/EPA Getty Images POOL/JUSTIN SULLIVAN / POOL

Bernie Sanders: Der sozialistische Waffennarr

Es ist ein schlimmes Schimpfwort in Amerika: Sozialist. Und doch bewarb sich Politikwissenschaftler Bernie Sanders (73) im Bundesstaat Vermont im Jahr 2006 genau damit für einen Sitz im US-Senat. «Ich bin ein demokratischer Sozialist», pries er sich bei den Stimmbürgern an – und wurde prompt gewählt. Als Sozialist kandidiert er nun für das höchste Amt im Staat. Als Präsident möchte Sanders den USA eine skandinavische Kur verpassen, die Universitäten gratis machen, das Militär stark reduzieren, weit höhere Steuern einführen und das Gesundheitswesen verstaatlichen. Als er 2015 seine Kandidatur fürs Weisse Haus bekannt gab, wurde er deswegen belächelt. Mittlerweile liegt er in den Umfragen nur noch knapp hinter Hillary Clinton. Längst ist von «linker Revolution» bei den Demokraten die Rede. Wenig Anklang findet Sanders bei Frauen. Er gilt als Waffennarr und kritisierte unlängst Planned Parenthood, eine Organisation, die sich für sichere und legale Abtreibung einsetzt.

Republikaner

IMAGE-ERRORDonald Trump: Der radikale Mister Hype

Eher als Witz galt die Kandidatur von Donald Trump (69), dem Baulöwen aus New York mit der sonderbaren Frisur und der obszönen Zunge. Der letzte Egotrip eines exzentrischen Egomanen, ulkten US-Komiker. Nie werde der mehrfache Bankrotteur und TV-Entertainer aus New York zum US-Präsidenten gewählt. Mit einer einfachen Botschaft aber fängt der Milliardär Politikverdrossene und Protestwähler in Massen ein: «Ausländer haben den Amerikanern alles weggenommen, ich werde gewinnen und es zurückholen.» Über menstruierende Frauen macht er sich lustig, verlangt Einreiseverbote für Muslime, verkündet rassistischen Bombast. Und die republikanischen Wähler? Sie bejubeln ihn! Trump weiss: Jeder Streit um Trump hilft Trump. Solange der Hype anhält, ist er im Gespräch. Deshalb verlangt er total Unrealistisches – wie etwa die Deportation von elf Millionen illegal in den USA lebenden Mexikanern. Damit steigt er in Umfragen. Und Umfragen beeinflussen Wähler.

Ted Cruz – der texanische Kubaner aus Kanada

Wer amerikanischer Präsident werden will, muss bei der Geburt Amerikaner sein, so verlangt es die amerikanische Verfassung. Der texanische Senator Ted Cruz (45) kam in der kanadischen Stadt Calgary zur Welt, sein Vater ist Kubaner, die Mutter Amerikanerin. Später zog die Familie nach Texas. An der Harvard University studierte Cruz Recht, arbeitete in der Regierung von George W. Bush und war Rechtsprofessor. Er ist ein politischer Hardliner, will die USA aussenpolitisch isolieren, den Zugang zu Waffen möglichst offen halten, die Grenze zu Mexiko schliessen und illegale Einwanderer aus dem Land deportieren. Damit die Schulden schwinden, soll der Staat radikal schrumpfen. Cruz kommt bei der Tea-Party-Bewegung und den evangelikalen Christen gut an. Sein Problem ist die Herkunft: Insbesondere Donald Trump sagt, da nicht in den USA geboren, sei Cruz kein echter Amerikaner – und somit nicht wählbar. Mittlerweile hat er seine kanadische Staatsbürgerschaft abgegeben.

Marco Rubio – der flatterhafte Jugendliche

Lange galt der jugendlich wirkende Senator aus Florida als Geheimtipp. Marco Rubio (44), Sohn kubanischer Flüchtling, hat viel von dem, was es braucht für das Weisse Haus: Er sieht gut aus, der Kopf ist voller Haare, seine Geschichte – er stammt aus einfachem Haus und schaffte es an die Spitze – ist berührend. Aussenpolitisch hebt er sich von den anderen Republikanern ab und sieht für die USA eine aktive Rolle in der Weltpolitik. Mehrfach schon hat er US-Präsident Barack Obama kritisiert für die Passivität im Syrien-Konflikt. Innenpolitisch möchte er das Recht auf Abtreibung einschränken. Wechselnd seine Position bei der Immigration, erst war er für eine Amnestie illegaler Einwanderer, nun ist er strikte dagegen. Flatterhaft der Glaube, und der spielt in den USA eine Rolle: Er wuchs katholisch auf, konvertierte zu den Mormonen, später zu den Baptisten. Heute bezeichnet er sich wieder als Katholik.

Jeb Bush – der (zu) nette Bush

Noch vor einem Jahr schien klar: Es gibt erneut ein Duell Bush gegen Clinton. Wie schon 1992, als Bill Clinton den alten George H. W. Bush aus dem Amt kippte. Mit Jeb Bush (62) würde endlich ein kluger Bush antreten. Einer, der für die Familie das Erbe von Bruder George W. Bush (69) korrigieren könnte. Jeb spricht perfekt Spanisch, ist verheiratet mit einer Kolumbianerin, das würde helfen, Latino-Stimmen für die Republikaner zu holen. Als erster Republikaner absolvierte er zwei Amtszeiten als Gouverneur im demokratischen Sonnenstadt Florida. Doch seine Kandidatur für das Weisse Haus kommt nicht vom Fleck. Bei Fernsehdebatten wirkt er apathisch. Als Zentrist kann er sich nicht gegen die Radikalen seiner Partei durchsetzen. Zwar hat er am meisten Geld aller Kandidaten gesammelt. Aber der Zuspruch der Wähler fehlt ihm. Gilt als miserabler Wahlkämpfer. Wenig hilft, und wenig glaubwürdig wirkt, dass sich der Bruder und Sohn von Ex-Präsidenten als politischer Aussenseiter bezeichnet. 

Chris Christie: Der Dicke mit Brücke

Eigentlich ist Chris Christie (53) zu dick für die amerikanische Politik. Was der Gouverneur von New Jersey genau weiss. Schon 2012 wollte er Präsident werden, doch dann verspürte der Republikaner keine Lust, zwanzig Kilogramm abzuspecken – und verzichtete deshalb auf eine Kandidatur fürs Amt des US-Präsidenten. Obwohl seine Chancen damals nicht schlecht gewesen wären. Der einstige Staatsanwalt ist ein Mann der Mitte, setzt sich als Republikaner für die Rechte der Homosexuellen und strengere Waffengesetze ein, ist ein pragmatischer Macher, keine Ideologe. 2013 liess er sich den Magen operieren und speckte ab – ein klares Zeichen, dass er kandidieren würde. Doch dann erlitt Christie 2014 schweren Schaden. Aus Rache an einem politischen Gegner verursachten seine Mitarbeiter auf der George Washington Bridge einen mehrtägigen Stau. Christie beharrt noch darauf, davon nichts gewusst zu heben. Wer die hemdsärmelige Politik in New Jersey kennt, glaubt ihm nicht. So richtig erholt hat sich Christie nicht.

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