Demos in den USA gegen den Krieg in Gaza eskalieren
Sind diese Studenten-Proteste die neue 68er-Bewegung?

Mehr als 2000 Israel-kritische Demonstranten aus amerikanischen Universitäten wurden in den letzten Wochen festgenommen. Erste Ausläufer der Unruhen erreichen nun auch die Schweiz.
Publiziert: 05.05.2024 um 11:03 Uhr
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Aktualisiert: 05.05.2024 um 13:55 Uhr
Die Studierendenproteste an amerikanischen Universitäten haben das Potenzial für etwas Grosses.
Foto: keystone-sda.ch
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Tausende pro-palästinensische Studierende demonstrieren gegen die Israel-Politik der US-Regierung. Die ersten der ehrwürdigen Unis holten jetzt die Polizei. Was folgte, waren Schlägereien und eine Ausweitung der Proteste – auch auf die Schweiz.

In Kanada finden diese Woche ähnliche Proteste statt, die Protestwelle schwappte sogar nach Europa, nach Deutschland und in die Schweiz. Am Donnerstagabend besetzten rund hundert Studierende in Lausanne den Eingang eines Universitätsgebäudes. Sie forderten den Boykott israelischer Wissenschafter und einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen.

All das begann am 17. April an der New Yorker Elite-Universität Columbia: Einige Hundert Studierende bauten auf dem Campus ein Protestlager und besetzten gewaltsam ein Gebäude. Sie forderten die Hochschulleitungen auf, ihre finanziellen Beziehungen zu Israel kappen, weil sie die Vergeltungsmassnahmen Israels für den Terrorangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober masslos finden – ebenso wie die fortlaufende Unterstützung Israels durch die Regierung Biden.

Biden verliert Unterstützung

An mehr als 80 Hochschulen im ganzen Land finden aktuell solche Demonstrationen statt. Die Forderungen sind immer dieselben: «Freiheit für Palästina» und: keine US-Militärhilfe mehr für Israel. Die Proteste stellen vor allem US-Präsident Joe Biden (81) vor Probleme. Israel ist der grösste Empfänger von US-Militärhilfe und hat seit dem Zweiten Weltkrieg mehr als 300 Milliarden Dollar von Washington erhalten. Auch im aktuellen Gaza-Krieg bezieht Israel militärische Unterstützung aus den USA.

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Die USA befinden sich im Ausnahmezustand. Tausende pro-palästinensische Studierende demonstrieren seit zwei Wochen gegen die Israel-Politik der US-Regierung.
Foto: AFP

Die Israel-freundliche Politik seiner Regierung wirkt befremdlich auf wichtige potenzielle Wählergruppen – junge und pro-palästinensische Menschen, Akademiker und muslimische Migranten.

Das zeigte sich bereits während der demokratischen Vorwahlen im US-Bundesstaat Michigan, bei denen viele gegen Biden stimmten. Dort lebt eine grosse arabischstämmige Community. Gegenüber dem Radiosender CBC sagte eine Studentin, die letzte Woche vor dem Weissen Haus demonstrierte, Biden sei eine Enttäuschung. «Ich kann mir nicht vorstellen, ihn wiederzuwählen.»

Republikaner nutzen Chaos aus

Die Republikaner nutzen die Bilder des Chaos an den Elite-Unis dazu, Biden als schwachen Präsidenten darzustellen. Donald Trump (77), kritisierte Biden auf dem Sender Fox News scharf: «Wir müssen den Antisemitismus stoppen, der unser Land gerade durchdringt. Biden sollte etwas tun.»

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In den vergangenen zwei Wochen wurden bereits über 2000 Studierende verhaftet. Mindestens so vielen droht der Ausschluss aus dem Studium oder anderweitige Repressionen von Staat und Schule.

Proteste könnten ausarten

Die Nachrichtenagentur Associated Press geht davon aus, dass sich die Dynamik der Proteste weiter verstärkt. Die AP vergleicht die jetzigen Proteste sogar mit dem Widerstand gegen den Vietnamkrieg 1968. Auch damals war die Protestbewegung teilweise gewalttätig und vor allem studentisch geprägt. Auch damals wurde die «Hamilton Hall» an der Columbia University besetzt.

1968 nahmen Anti-Kriegs-Demonstrierende den Parteitag der Demokraten zum Anlass, heftige Proteste gegen die damalige Regierung zu organisieren. Es kam zu grösseren Ausschreitungen. 1973 beendete die US-Regierung ihren Einsatz in Vietnam. Im Hinblick auf den kommenden nationalen Parteitag der Demokraten im August – wie vor 46 Jahren findet er in Chicago statt – hat dieser Vergleich einen bitteren Beigeschmack.

Die Geschichte der USA erlebte immer wieder Proteste von. Studierenden. So mächtig wie die Demonstrationen gegen den Krieg in Vietnam, die Apartheid in Südafrika oder für «Black Lives Matter» sind die jetzigen bei weitem nicht. Doch Robert Cohen, Experte für studentischen Protest, prophezeite auf der Newsplattform «Vox» bereits: «Diese Demonstrationen könnten die grösste Studierendenbewegung des 21. Jahrhunderts werden.»

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