US-Medien berichten über Nominierung von Ex-UBS-Vermögensverwalter
Hat Biden für die Schweiz den neuen Botschafter im Gepäck?

Scott Miller, ehemals Top-Manager bei der UBS, könnte US-Botschafter für die Schweiz und Liechtenstein werden. Der Amerikaner verdiente sich den Prestige-Posten mit viel Geld, Engagement und früher Loyalität zu Joe Biden.
Publiziert: 07.06.2021 um 18:24 Uhr
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Aktualisiert: 07.06.2021 um 19:39 Uhr
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Möglicher neuer US-Botschafter in Bern? Scott Miller mit Joe Bidens Ehefrau Jill 2017 in New York.
Foto: Ilya S. Savenok
Fabienne Kinzelmann

Bern ist das Zuckerstück unter den US-Botschafter-Posten. Als Diplomat in die schöne Schweiz darf nur, wer dem jeweiligen US-Präsidenten besonders geholfen hat: Traditionell wird ein verdienter Wahlkampfhelfer US-Botschafter für die Schweiz und Liechtenstein. Unter Donald Trump (74) ging der Prestige-Job an Werbeunternehmer Ed McMullen (57), unter Barack Obama (59) an den heutigen Kongress-Abgeordneten Don Beyer (70) und anschliessend an die Ingenieurin Suzie LeVine (51), die ihren Amtseid als erste Staatsangestellte auf einem E-Reader ablegte.

Nun hat offenbar auch Joe Biden (78) seine Wahl getroffen. Wie die Nachrichtenseite Axios vergangene Woche berichtete, könnte Scott Miller (41), ein ehemaliger UBS-Vermögensverwalter und LGBTQ-Aktivist, den begehrten Botschafterposten bekommen. Er und sein 26 Jahre älterer Ehepartner Tim Gill (67) sind bekannte Philanthropen und setzen sich besonders für LGBTQ-Rechte ein.

400 Millionen im Kampf für LGBTQ

«Unglaublich» nennt Biden den IT-Pionier und Unternehmer Tim Gill in einem «Rolling Stone»-Porträt von 2017. Ohne die Arbeit von Gill wäre die Bewegung für die Rechte von LGBTQ längst nicht da, wo sie heute stehe. 422 Millionen Dollar seines Vermögens hatte Gill zu diesem Zeitpunkt bereits in den Kampf für Gleichberechtigung gesteckt – mehr als jede andere Person in Amerika.

«Innerhalb der Bewegung wird er als Visionär gepriesen, als Computer-Nerd, der sich in einen brillanten Strategen verwandelt hat, als Megaspender, der eine Bewegung rund um den Kampf für die Gleichberechtigung der Ehe geformt und dann zum Sieg geführt hat», schreibt der «Rolling Stone» über den berühmten Ehemann von Bidens möglichem Neu-Botschafter für Bern.

Miller, der seinen Ehemann mit Anfang 20 kennenlernte, ist aktuell Co-Vorsitzender in der von Gill gegründeten Gill Foundation. Er leitet die nationale Spendenstrategie der Stiftung, «um die Gleichberechtigung von LGBTQ voranzutreiben, einschliesslich öffentlicher Aufklärungskampagnen zum Verbot der Konversionstherapie und zur Beendigung der Diskriminierung», heisst es auf der Webseite der Stiftung. Wie auch in der Schweiz sind die umstrittenen «Therapien», mit denen homosexuelle Neigungen abgeschaltet werden sollen, in den USA noch nicht verboten.

BWL-Studium, Top-Job bei UBS, Mega-Spender

Bei der in Colorado (USA) ansässigen Gill-Stiftung beaufsichtige Miller auch «die lokalen Bemühungen, Chancengleichheit für alle Menschen in Colorado zu gewährleisten». Dazu gehöre auch die «grosszügige Unterstützung» für die mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildung an öffentlichen Schulen. In der Corona-Krise habe Miller massgeblich dafür gesorgt, «über 5,6 Millionen Mahlzeiten bereitzustellen, um die Ernährungsunsicherheit für Zehntausende seiner Mitbürger in Colorado zu lindern».

Nach Angaben der Stiftung sind der studierte Betriebswirt Miller, der als Vizepräsident bei UBS Wealth Management in Denver (Colorado) tätig war, und sein Ehemann Tim Gill die «grössten Spender für die LGBTQ-Gleichberechtigung in der Geschichte».

Biden-Regierung gilt als besonders LGBTQ-freundlich

Nach den für die LGBTQ-Community harten Trump-Jahren setzten Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender-Personen und queere Menschen in den USA schon im Wahlkampf grosse Hoffnung in Joe Biden und Kamala Harris (56), die das Thema im Wahlkampf ganz oben auf die Agenda setzten. Schon jetzt gilt die Biden-Regierung als die LGBTQ-freundlichste jemals.

Bidens «Equality Act», der derzeit im Senat hängig ist, würde den Civil Rights Act von 1964 um die Faktoren «sexuelle Orientierung» und «Geschlechtsidentität» ergänzen und so die LGBTQ-Community bundesweit vor Diskriminierung schützen. Derzeit hängt die Gesetzeslage vom jeweiligen Bundesstaat ab.

US-Botschaft in Bern hat noch keine Infos erhalten

Scott Miller arbeitete bereits vor Bidens Nominierung zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten als Berater für dessen Kampagne in Pennsylvania. Für seine Loyalität erhält er nun möglicherweise den prestigeträchtigen Diplomatenposten.

Eine offizielle Bestätigung vom Weissen Haus für Millers Nominierung steht noch aus. Die US-Botschaft in Bern teilt auf Blick-Anfrage mit, sie habe bislang noch keine Informationen zum neuen US-Botschafter in der Schweiz erhalten.

Alle US-Botschafter müssen zudem nach ihrer Nominierung durch Biden vom Kongress bestätigt werden – erwartet wird, dass dies gesammelt noch im Juni geschieht. Gut möglich, dass Biden seinen neuen Mann für die Schweiz nächste Woche bereits ins Land einführt. Plus bekannten Ehemann, versteht sich.

Denn dass beide untrennbar sind, musste Joe Biden schon im Wahlkampf 2019 lernen: Damals verliess Miller Bidens Kampagne mindestens für einige Monate, um seinem Ehemann über den Verlust seines Vaters (†93) und des heiss geliebten Berner Sennenhundes Phipps (†9) hinwegzuhelfen.


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