Dieses Geschütz der US-Justiz hat schon so manchen Paten zu Fall gebracht. Das sogenannte «Rico»-Gesetz fegte bereits in den 80er-Jahren die grossen Mafia-Familien, die «Gambinos», «Bonnanos», «Luccheses» und «Colombos» aus dem New Yorker Milieu. Ihre Bosse landeten mit lebenslangen Haftstrafen im Knast – dank des Bundesgesetzes aus dem Jahr 1970 gegen organisierte Kriminalität.
Im US-Bundesstaat Georgia wird der «Rico»-Act (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations) nun gegen einen anderen «Don» angewandt. Der frühere US-Präsident Donald Trump (77) sowie 18 seiner einstigen Mitstreiter sind wegen der Teilnahme an einem kriminellen Erpressungsunternehmen angeklagt. Sie hätten in verschwörerischer und illegaler Weise versucht, das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2020 in Georgia zugunsten Donald Trumps zu kippen, erklärte Bezirksstaatsanwältin Fani Willis (52) bei einer Pressekonferenz am Montag in Atlanta.
Trumps brisantes Tondokument gilt als handfester Beweis
Die Anwendung des «Rico»-Acts macht Donald Trump zum «Paten» jener Republikaner, die die Wahl Joe Bidens zum 46. Präsidenten der USA als grosse Lüge bezeichneten und das Wahlergebnis zu manipulieren versuchten, indem sie beispielsweise mit Diffamierungskampagnen Wahlhelfer einschüchterten. Trump selber forderte in einem Telefonat von Georgias damaligen Innenminister, Brad Raffensperger (68), 12'000 Stimmen zu «beschaffen», die ihm zu einer Mehrheit im Bundesstaat fehlten. Das Tondokument zählt zu den handfesten Beweisen der Anklage.
Für miese Tricks beispielsweise von Mitangeklagten wie Trumps ehemaligen Anwalt Rudolph «Rudy» Giuliani (79) oder des damaligen Stabschefs Mark Meadows (64) kann nun auch Trump als deren Auftraggeber haftbar gemacht werden.
Es drohen Strafen von 5 bis 20 Jahren Haft
Zwei Jahre lang ermittelten Willis und ihr Team. Die 97-seitige Anklageschrift ist gespickt mit 161 Rechtsverstössen und 41 Straftatbeständen. Sie ergeben 13 Anklagepunkte, die zu Urteilen von fünf bis 20 Jahren Gefängnis oder hohen Geldbussen führen könnten.
Für Donald Trump ein harter Brocken. Denn im Gegensatz zu Urteilen, die ein Bundesgericht fällt, könnte sich der Republikaner bei einem Urteil in Georgia, sollte er erneut zum Präsidenten gewählt werden, nicht selbst begnadigen. Gegen die Angeklagten wurden Haftbefehle erlassen. Man gebe ihnen die Möglichkeit, sich bis zum 25. August, um 12 Uhr, freiwillig zu stellen, so die Anklägerin weiter.
Wie wirkungsvoll der «Rico»-Act ist, weiss niemand besser als der mitangeklagte Rudolph «Rudy» Giuliani. In seiner Zeit als Bundesstaatsanwalt im Südbezirk von New York (1983 bis 1989) wandte er genau dieses Gesetz an, um den italoamerikanischen Mafia-Clans den Garaus zu machen. Giuliani zerschlug die sogenannte Pizza Connection, ein internationaler Heroin- und Kokainring. Er löste Korruptionsfälle in der Politik und räumte an der Wall Street auf. Von 1994 bis 2001 war der damals erfolgreichste Staatsanwalt der USA sogar Bürgermeister von New York. Jetzt folgt der tiefe Fall.
Anklagen gegen Donald Trump, Ex-Präsident der USA
Anklagen schaden bislang nicht der Wählergunst
Für Donald Trump ist es das vierte Verfahren, das den Wahlkampf überschattet. Anfang August 2023 erhob Sonderermittler Jack Smith (54) Anklage gegen Trump wegen Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten, die am 6. Januar 2021 im Sturm aufs Kapitol gipfelte. Gewünschter Prozessbeginn: Januar 2024.
Im März darauf steigt der Prozess in New York um die Schweigegeld-Zahlung von 130'000 US-Dollar an Pornostar Stormy Daniels. Für die Überweisung hatte Trump Geschäftsunterlagen gefälscht. Im Mai folgt das nächste Verfahren in Miami. Es geht um streng geheime Akten, die Donald Trump aus dem Weissen Haus mitnahm. Er lagerte die Papiere kistenweise in seiner Residenz Mar-a-Lago und zeigte sie sogar einigen seiner Gäste.
Auch Georgias Staatsanwältin Fani Willis will den Prozess so schnell wie möglich durchpeitschen. Er soll in sechs Monaten starten und vor laufender TV-Kamera geführt werden. Ob die spektakulären Verhandlungen den Wahlkampf des Republikaners schwächt, bleibt fraglich. Noch immer ist Donald Trump ihr Kandidat Nummer eins. Negativ-Schlagzeilen konnten die Wählergunst bislang nicht schmälern. Im Gegenteil, sie scheinen sie geradezu anzufeuern.