«Unmenschliche Bedingungen»
Jetzt wehren sich russische Deserteure gegen Putin-Haft

Sie wollten nicht kämpfen und mussten dafür hart büssen. Zwei Wochen lang waren russische Deserteure unter menschenunwürdigen Bedingungen in einem Keller in Luhansk eingesperrt.
Publiziert: 29.11.2022 um 14:26 Uhr
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Aktualisiert: 29.11.2022 um 16:35 Uhr
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Zwei Wochen lang wurden russische Deserteure mit 280 anderen Gefangenen in einem Keller in Luhansk festgehalten.
Foto: Telegram/Павел Чиков

Wer Putins Befehle nicht befolgt, wird weggesperrt. Zahlreiche russische Soldaten, die nicht in den Krieg ziehen wollen, erlebten das bereits. So auch die Vertragssoldaten Aleksandr A.* und Andrey V.*, der Reservist Mikhail N.* sowie die Verwandten von drei weiteren mobilisierten Männern. Zwei Wochen lang hielt das Militär die Männer in einem Keller in der selbsternannten Volksrepublik Luhansk gewaltsam fest.

Wie die «Nowaja Gazeta» berichtet, haben die Deserteure Klage wegen Amtsmissbrauchs, Entführung und unrechtmässiger Inhaftierung eingereicht. Dies teilte die russische Menschenrechtsorganisation Agora mit. Wie bereits unzählige russische Militärangehörige zuvor waren die Soldaten wegen der «unzureichenden medizinischen und materiellen Unterstützung» an der Front desertiert.

Daraufhin verfrachteten Putins Handlanger die Deserteure in einen Keller, zusammen mit 280 mobilisierten Männern. «Die ersten drei Tage kriegten wir nichts zu essen. Wir bekamen drei abgelaufene Rationen für neun Personen, von denen wir drei Tage lang assen», lässt sich der Reservist Mikhail N. in einer Erklärung zitieren.

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Eisenkübel und Plastikflaschen als Toilette

Der Leiter der Menschenrechtsorganisation, Pavel Chikov (44), spricht ebenfalls von «unmenschlichen Bedingungen». Zudem seien sie von den russischen Kommandeuren und der Militärstaatsanwaltschaft psychologisch unter Druck gesetzt und bedroht worden.

Bereits im August hätten laut Bericht russische Soldaten, die man in Luhansk wegen Kriegsdienstverweigerung eingesperrt hatte, beim Untersuchungsausschuss Beschwerde eingereicht. Dem Dokument zufolge hielt man rund 140 Soldaten an verschiedenen Orten in Luhansk unrechtmässig fest.

Dabei fehlte es nicht nur an Lebensmitteln, sondern auch an Toiletten. Eisenkübel und Plastikflaschen mussten ihnen reichen, um ihr Geschäft zu verrichten, wie es in der Erklärung heisst.

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Deserteure noch immer eingesperrt

Erst nach Auslaufen ihres Militärvertrags hätte man die russischen Soldaten, die nun mithilfe der Menschenrechtsorganisation ein Strafverfahren eingeleitet haben, gehen lassen. Auch der Reservist Mikhail N., der kein Vertragssoldat ist, wurde am 13. November entlassen. Der Russe, der offenbar «ohne medizinische Untersuchung und ohne angemessene Kampfausbildung» in den Kampf geschickt wurde, habe unter gesundheitlichen Problemen gelitten.

Während einige der Deserteure wieder frei sind, müssen laut Menschenrechtsaktivist Chikov weiterhin mobilisierte Männer in dem Keller ausharren. (dzc)

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