In einem Entwurf des Abschlusskommuniqués, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag, wird zu «sofortigem Handeln» aufgerufen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Strittig ist aber, ob sich die G20 auch zu einem gemeinsamen Ziel für Netto-Null-Emissionen von Treibhausgasen oder Kohlendioxid-Neutralität bis 2050 bekennen wird. Klimaschützer zeigten sich enttäuscht von dem Textentwurf: Dieser bleibe zu vage.
In dem Dokument steht das Zieljahr 2050 noch in Klammern. So hat sich auch China als der mit Abstand grösste Produzent von Kohlendioxid bisher nur dazu bekannt, bis 2060 kohlendioxidneutral werden zu wollen. Netto-Null bedeutet, dass alle Treibhausgas-Emissionen durch Massnahmen zur Reduktion wieder aus der Atmosphäre entfernt werden müssen. Damit wäre die Menschheit klimaneutral und die globale Temperatur würde sich Forschern zufolge vermutlich stabilisieren. Die G20-Staaten sind für mehr als 75 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.
Die Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem Gipfel in Rom auch das Weltklimatreffen (COP26) vorbereiten, das am Sonntag im schottischen Glasgow beginnt. Dort soll darüber beraten werden, wie das 2015 im Pariser Klimaabkommen formulierte Ziel erreicht werden kann, die gefährliche Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Entwicklungsorganisationen forderten neue Zusagen der G20. «Wir brauchen ein starkes Signal, damit die Weltklimakonferenz auf das richtige Gleis kommt und nicht gleich in einer Sackgasse endet», sagte Jörn Kalinski von Oxfam. «Wir müssen runter mit den Emissionen und rauf mit der Klimafinanzierung.» Friederike Meister von der Bewegung Global Citizen sagte, «der G20-Gipfel stellt die Weichen für Erfolg oder Misserfolg der Klimakonferenz». Als «weltweit grösste Umweltverschmutzer» trügen die G20-Staaten besondere Verantwortung.
Strittig ist in dem Entwurf auch, ob sich die G20 dazu verpflichten will, schon «in den 2020er Jahren» weitere Massnahmen zu ergreifen, nationale Aktionspläne zu formulieren, umzusetzen und regelmässig zu überprüfen. Aus Sicht von Klimaschützern wäre solch ein beschleunigtes Handeln erforderlich.
«Der Textentwurf drückt leider nicht die notwendige Entschlossenheit aus», kritisierte der Klimaexperte Jan Kowalzig von Oxfam. «Die G20-Staaten sollten alle Alarmglocken läuten, dass ihre eigene Zögerlichkeit den Planeten zu verbrennen droht.» Zwar werde die Lücke zwischen dem 1,5-Grad-Ziel und den Aktionsplänen anerkannt, «aber der Aufruf zu mehr Klimaschutz ist zu unverbindlich und zu unkonkret». Der Gipfel müsse eigentlich «das deutliche Signal» senden, dass alle G20-Staaten verbindlich bis nächstes Jahr ihre Klimaschutzbeiträge noch einmal gründlich nachbessern werden - und dafür dann auf der Weltklimakonferenz in Glasgow auch alle übrigen Länder gewinnen.
In dem Entwurf bekräftigt die G20-Gruppe ihr Ziel eines «weitgehend» kohlendioxidfreien Stromsektors in den 2030er Jahren. Ursprünglich war nach dpa-Informationen allerdings von einer «überwältigenden» Mehrheit des Stromsektors die Rede, der kohlendioxidfrei sein sollte. Die Staaten wollen demnach «ihr Äusserstes tun», um den Bau neuer Kohlekraftwerke zu vermeiden, wobei aber Ausnahmen zugelassen werden, indem «nationale Umstände berücksichtigt werden».
Anerkannt wird, dass «die Kluft» zwischen den vorgelegten Aktionsplänen und den Zielen von Paris geschlossen werden müsse. So reichen die Anstrengungen der Staatengemeinde nach einem jüngsten UN-Bericht bei Weitem nicht dafür aus. Mit den jüngsten Klima-Versprechen der Länder würden die Treibhausgase bis 2030 nur um 7,5 Prozent verringert. Für das 1,5-Grad-Ziel würden aber 55 Prozent benötigt - für 2 Grad noch immer 30 Prozent.
(SDA)