Ukrainischer Geheimdienst-Chef über inkompetente Generäle
«Das ist ein Denkmal des Idiotismus»

Vor der Invasion in der Ukraine hätte wohl niemand daran geglaubt, dass die Ukrainer den russischen Streitkräften die Stirn bieten könnten. Der Chef des ukrainischen Geheimdienstes erklärt, an was das liegt und was es für einen Sieg gegen Russland bräuchte.
Publiziert: 18.04.2022 um 14:50 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2022 um 12:18 Uhr
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Bisher ist der russische Vormarsch nicht so verlaufen, wie es sich die Befehlshaber der Streitkräfte vorgestellt hatten.
Foto: keystone-sda.ch

Erst geriet der russische Vormarsch ins Stocken, dann scheiterten die Streitkräfte bei der Einnahme von Kiew. Nun wurde auch noch das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, die «Moskwa», versenkt – von ukrainischen Anti-Schiff-Raketen.

«Das widerlegt einmal mehr den Mythos von der mächtigen russischen Armee», sagt der Chef des ukrainischen Militärnachrichtendienstes, Generalmajor Kyrylo Budanow im Interview mit dem «Spiegel».

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«Inkompetent und fahrlässig»

Inzwischen sammeln sich die russischen Streitkräfte im Osten des Landes neu. Bald schon soll eine Offensive folgen. Dass Wladimir Putins (69) ursprünglicher Angriffsplan gescheitert ist, wundert Budanow nicht. «Was mich wundert, ist etwas anderes: wie inkompetent und fahrlässig die russischen Befehlshaber an die Durchführung einer so grossen Operation herangegangen sind», sagt er.

Budanow ist davon überzeugt, dass die Befehlshaber davon ausgingen, dass sie innerhalb von drei Tagen die Macht in der Ukraine übernehmen könnten. «Die russische Führung muss sich fragen, wie kompetent ihre Generäle sind.» Dass so viele Generäle – es sind bereits deren acht – gefallen sind, hätten sich auch die Ukrainer gefragt. «Wir haben nur eine Antwort gefunden: das extrem niedrige professionelle Niveau der Generäle.» Es seien Schönwetter-Generäle, Verwandte irgendwelcher Beamten, die ihren Aufgaben nicht gewachsen seien.

«Rein symbolische Bedeutung»

Nebst den vielen toten Soldaten und gefallenen Generälen nennt Budanow ein weiteres Beispiel für Moskaus Versagen: Bei einem Flugplatz nahe Cherson hatte die russische Armee mehrfach militärisches Gerät positioniert. Jedes Mal wurde es von der ukrainischen Armee zerstört – insgesamt ganze fünfzehn Mal. «Das ist ein Denkmal des Idiotismus», sagt Budanow.

Auch die gefürchteten Tschetschenischen Kämpfer sind aus Sicht von Budanow gar nicht so stark, wie immer alle glauben. «Die haben eine rein symbolische Bedeutung», sagt er. Die Tschetschenen hätten nämlich an keiner einzigen grösseren Kampfhandlung teilgenommen. «Die waren immer hinter der Front, um zu plündern, zu vergewaltigen oder zu töten».

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Ukraine will Krim zurückerobern

Bisher hat die ukrainische Armee Russland die Stirn geboten. Damit sie aber weiterhin erfolgreich sein kann, braucht es laut Budanow dringend Waffen aus dem Westen – unter anderem Artilleriesysteme. «Und leider brauchen wir Panzer, weil wir sehr grosse Verluste an gepanzerten Fahrzeugen hatten», sagt er.

Um die besetzten Gebiete befreien zu können, brauche es schwere Waffen. Zu diesen Gebieten gehört laut Budanow auch die Halbinsel Krim, die 2014 von Russland annektiert worden ist. Wie lange Russland die Belagerung noch aufrechterhalten kann – und wie lange Ukraine dem Angriff standhalten kann, weiss Budanow nicht. Aber: «Je mehr die restliche Welt es schafft, in dieser Frage gemeinsam zu handeln, desto schneller werden sich diese Ressourcen erschöpfen. Ausserdem kann ich nur sagen: Die Ukraine existierte vor diesem Angriff, es gibt sie jetzt, es wird sie künftig geben. Dagegen kann Putin nichts unternehmen.» (bra)

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